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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verbissenheit; neben ihm lag eine Flinte. Der andre war nicht so alt, hatte sein spärliches, aber langes Haar in einen Schopf gewunden und trug den Stempel der List und der Verschlagenheit in seinen ebenfalls eingefallenen Zügen. In dem breiten Riemen, der seinen Gürtel bildete, steckte ein Messer. Diese beiden Rothäute hatten sonderbarerweise keine Waffen außer der Flinte des Alten und dem Messer des Jüngeren. Ihr Aussehen war dasjenige von Leuten, welche längere Zeit ungewöhnliche Entbehrungen, vielleicht gar Hunger und Durst erlitten haben und dabei keine Gelegenheit fanden, die Defekte ihrer Kleidung auszubessern, denn ihre Anzüge waren zerrissen und die Mokassins hingen beinahe in Fetzen an ihren Füßen.
    Das Gras war, so weit man auf-und abwärts sehen konnte, an beiden Seiten des Baches niedergetreten, und kräftigere Lagerspuren zeigten, daß die Roten sich hie und da niedergelegt hatten, um mit den Händen in das Wasser zu langen. Die weggeworfenen Schalen eines wilden Kürbisses verrieten, in welcher Weise sie gezwungen gewesen waren, ihren Hunger zu stillen. Wenn ein Indianer wilden Kürbis verzehrt, grün, so wie er ihn am Wasser findet, so muß es schlimm, sehr schlimm mit ihm stehen!
    Der Alte legte sich wieder nieder und sah, den Kopf nicht ganz vorschiebend, in das Wasser. Das dauerte eine ganze Weile; dann richtete er sich wieder auf und sagte:
    »Uff! Fische sind da, aber mit den Händen kann man sie nicht greifen, und wir haben keinen Haken, um Angeln zu machen. Mein Magen schmerzt; er wird krank von dem halben Kürbis, den ich habe schlingen müssen.«
    »Und ich könnte ein ganzes Büffelkalb aufessen, wenn ich es hätte,« murrte der andre.
    »Der große Geist hat uns ganz verlassen!« knirschte der Alte. »Tokvi-Kava, der größte Häuptling der Komantschen, muß Hunger leiden! Niemand wird es glauben wollen!«
    »Wer trägt daran die Schuld? Winnetou und Old Shatterhand, denen ich das nie und nimmer vergessen werde!«
    Der Alte war also der ›schwarze Mustang‹ und der Indianer, welcher bei ihm saß, einer seiner Unglücksgefährten. Es war ein diabolischer, unbeschreiblich häßlicher Ausdruck, der über das Gesicht des Häuptlings ging, als er hierauf antwortete:
    »Er muß uns in die Hände fallen, denn wir wissen, wohin er will, und werden ihm den Weg verlegen, diesem weißen Schakal, der sich Old Shatterhand nennt und der noch mehr Schuld an unserm Unglück trägt als Winnetou, der Schakal der Apatschen. Wehe ihnen, wenn wir sie dann haben!«
    »Hältst du es wirklich für so gewiß, daß wir sie fangen werden?«
    »Ja.«
    »Du wirst mir erlauben müssen, daran zu zweifeln.«
    »Warum?«
    »Wir mußten gehen; sie aber besitzen schnelle Pferde.«
    »Aber unser Weg führte so gerade über die Berge wie ein ausgespannter Lasso, während sie ihrer Pferde wegen viele Bogen reiten und lange Umwege machen müssen. Der ›schwarze Mustang‹ kennt alle Berge und Thäler dieser Gegend; er hat genau den Weg berechnet, den er mit seinen Komantschen machen mußte und auch den, auf welchem die Feinde kommen werden. Wir haben einen Vorsprung vor ihnen, und wenn Ik Senanda zurückkehrt und alles mitbringt, was wir brauchen, müssen der Apatsche und die fünf weißen Koyoten, auf welche wir warten, in unsre Hände fallen.«
    »Ob er aber alles bringen wird?«
    »Ja.«
    »Pferde, Pulver, Blei, Flinten, Messer, Kleider und Fleisch?«
    »Er wird!«
    »Wenn sie im Lager erfahren, was geschehen ist, werden sie ihm nicht nur nichts geben, sondern uns ausstoßen.«
    »Uff! Glaubst du, daß er so dumm sein wird, etwas zu sagen? Obgleich dies gar nicht nötig war, habe ich es ihm verboten, etwas zu erzählen. Er weiß, wo wir in diesen Tagen lagern, und da er gestern nicht eingetroffen ist, muß er heute kommen.«
    »Der große Geist gebe, daß er kommt und Fleisch mitbringt! Ik Senanda hat uns seine Flinte und sein Messer zurückgelassen, die einzigen Waffen, welche wir haben, über hundert Krieger, welche essen wollen!«
    »Darf ein Krieger über Hunger klagen?« verwies ihm der Häuptling seine Worte.
    »Niemand hört es als nur du, und du hungerst auch. Ich fürchte keinen roten oder weißen Feind, keinen wilden Büffel und keinen Bär, aber der Hunger ist ein Feind, der im Leibe steckt; mit ihm kann man nicht kämpfen; gegen ihn hilft weder List noch Tapferkeit, er raubt dem Mutigsten das Leben, ohne daß man es ihm verhindern kann. Darum ist es keine Schande, von ihm zu sprechen und über ihn zu

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