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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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– – –«
    »Sei still, Frank, ich bitte dich!« fiel ihm der Genannte in die Rede. »Laß mich mit deiner Coupierzange in Ruhe!«
    »So? Also ooch von Ihnen werde ich verkannt! Schtill soll ich sein, während alle meine innern Drahtsaiten klingen! Meine Seele ertönt wie Gustav Memnon seine Wassersäule, und mein Herz hält Zwiegeschpräch mit der übermächtigen Möglichkeet, daß dieser Häuptling der Komantschen off die Idee kommt, sich – – –«
    Wer weiß, was er wieder für ein Ungetüm der Logik hervorgebracht hätte, wenn er nicht unterbrochen worden wäre.
    »Uff, uff!« ließ sich nämlich grad jetzt der Häuptling hören, und zwar viel lauter, als er es jedenfalls beabsichtigt hatte. Er erwachte aus seinem Brüten wie aus einem Schlafe und fuhr über seinen eigenen Ausruf zusammen. Er hatte ja eigentlich gar nichts sagen wollen.
    Winnetou beabsichtigte überhaupt nicht, zu sprechen, und Old Shatterhand hatte zunächst schweigen und den Häuptling seinen eigenen Gedanken überlassen wollen; jetzt nun, da dieser sich hatte hören lassen, fragte er ihn:
    »Nun, hat Tokvi-Kava darüber nachgesonnen, ob es für ihn und seine Komantschen einen Weg zur Freiheit gibt?«
    »Ja,« antwortete der Indsman.
    »Es gibt keinen solchen Weg.«
    »Es gibt einen!«
    »Ah! Welchen?«
    »Deine Gerechtigkeit.«
    »Berufe dich ja nicht wieder auf sie!«
    »Ich muß dich doch an sie erinnern!«
    »Wenn ich nur auf sie höre, bin ich gezwungen, euch zu verurteilen!«
    »Nein! Was haben wir gethan? Haben wir euer Blut vergossen?«
    »Nein; aber ihr wolltet es vergießen.«
    »Kann man Blut rächen, welches nicht geflossen ist?«
    »Nein; aber habe ich denn davon gesprochen, unvergossenes Blut rächen zu wollen?«
    »Du hast es nicht gesagt; aber wenn du zugibst, daß Blut, welches nicht geflossen ist, auch nicht gerächt werden kann, so müßt ihr uns freilassen!«
    »Du irrst. Welche Strafe ruht nach dem Gesetze der Savanne auf dem Pferdediebstahl?«
    Der Gefragte antwortete nach einigem Zögern:
    »Der Tod; aber eure Pferde sind wieder zu euch zurückgekehrt!«
    »Und welche Strafe ruht auf dem Diebstahle von Waffen?«
    »Auch der Tod; aber ihr habt euch eure Gewehre wieder geholt!«
    »Daß wir die Pferde und die Waffen wieder haben, ändert nichts an deiner Schuld. Der Diebstahl wurde nicht nur versucht, sondern wirklich ausgeführt. Dein Leben ist verwirkt!«
    »So wollt ihr mich töten?« fuhr der Häuptling zornig auf.
    »Wir sind keine Mörder. Wir töten nicht, sondern wir bestrafen, denn du hast Strafe gewollt und verlangt.«
    »Uff! Wann hätte ich sie verlangt?«
    »Als du Gerechtigkeit fordertest. Auf unsre Gnade und Barmherzigkeit hast du ja ausdrücklich und höhnisch verzichtet.«
    Der Komantsche ließ den Kopf wieder sinken und schwieg. Er wußte, daß er nicht umsonst die Milde dieser beiden menschenfreundlichen Männer anrufen würde; aber sein Stolz sträubte sich dagegen, es zu thun. Nach einer Zeit unnützen Nachdenkens fragte er:
    »Haben wir das Camp überfallen?«
    »Nein.«
    »So können uns die Bleichgesichter, welche da wohnen, nichts thun!«
    »Irre dich nicht!«
    »Irre ich mich?«
    »Ja.«
    »So sag, wieso?«
    »Was wirst du thun, wenn der Grizzly auf dich zukommt, um dich zu fressen?«
    »Ich werde ihn töten.«
    »Das ist ungerecht. Wie darfst du ihn töten, da er dich noch nicht gefressen hat!«
    »Er würde es aber thun, wenn ich ihm nicht das Leben nähme!«
    »Das mußt du abwarten!«
    »Uff! Der Bär ist ein Tier, aber nicht ein Mensch!«
    »Es ist der Wille des großen Manitou, daß der Bär vom Raube und vom Blute lebe, der Mensch aber nicht; also ist ein Mensch, der Blut vergießen will, viel ärger als ein Raubtier, und es ist ganz nach deinen eigenen Worten, daß man einen Menschen, welcher Blut vergießen will, sofort tötet, ohne etwa abzuwarten, bis er es vergossen hat. Du selbst hast euer eigenes Urteil gesprochen!«
    »Uff, uff!«
    Nach diesem unwilligen Ausrufe des Eingeständnisses trat wieder eine Pause ein. Old Shatterhand hütete sich, sie zu unterbrechen. Der Komantsche mußte selbst wieder beginnen. Dieser ließ eine Weile vergehen, ehe er fragte:
    »Wo ist Ik Senanda, den du gefangen hast?«
    »An einem sichern Orte, wo er auf sein Urteil wartet.«
    »Wie wird dieses Urteil lauten?«
    »Der Tod.«
    »Wie? Ihr wollt auch ihn töten, der sich gar nicht an dem Ritte nach Firwood-Camp beteiligt hat?«
    »Ja. Er hat sich mehr als nur beteiligt, denn er ist der Spion, der

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