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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Augen quollen hervor. »Ihr wagt es, mich, das Oberhaupt der Diözese Toledo, zu entlassen, den Mann, der Euch den Weg zur Macht geebnet hat? Ihr entlasst mich wie irgendeinen Lakaien? Ohne mich würdet Ihr nicht dort stehen, wo Ihr jetzt steht, Doña Isabella! Ihr wärt schon vor Jahren verheiratet und ins Exil geschickt worden, um eine Meute von portugiesischen Bälgern zu werfen und Euer Leben in einer zugigen Burg am Meer mit Sticken zu vergeuden!«
    Ich weigerte mich, seinen Köder zu schlucken. »Ihr messt Euch zu viel Bedeutung bei. Und mir zu wenig. Ich werde mich nicht wiederholen. Ich erwarte, dass Ihr binnen einer Stunde verschwunden seid, sonst lasse ich Euch von meiner Wache begleiten.«
    Ich hielt ihm die Hand zu einem letzten Abschiedskuss entgegen. Er ergriff sie schweigend, nur um mir dann den schuldigen Respekt ostentativ zu verweigern, indem er sich im letzten Moment wegdrehte und zur Tür stapfte. Dort blieb er noch einmal stehen und blitzte mich über die Schulter an. »Das werdet Ihr noch bereuen«, fauchte er und rief nach seinem Pagen.
    Auf einen Wink von mir huschten auch die Sekretäre bekümmert hinaus, sodass ich plötzlich allein vor dem Tisch stand. Sekunden später kam Fernando herein. »Isabella, mi amor , was ist passiert? Der ganze Palast hat soeben Carrillo wie einen Maultiertreiber schreien hören …«
    Ich blickte ihn an. »Ist es wahr?«
    Bevor er sich eine Antwort zurechtlegen konnte, sah ich die Wahrheit in seinem Gesicht – eine verräterische Blässe, gefolgt von einem Erröten ob der Demütigung. Damit war seine Schuld bewiesen. Seine nächsten Worte waren kaum vernehmbar. »Er hat es dir also gesagt. Ich hätte es mir denken können. Dieser alte Hurensohn kann unser Glück einfach nicht ertragen. Das konnte er noch nie. Von Anfang an wollte er nichts als …«
    »Er ist nicht derjenige, der seinen Eid gebrochen hat.« Ich musste mich mit der Hand auf dem Tisch abstützen, weil jäh eine erschreckende Leere in mir aufklaffte. »Das hast du getan. Und dann hast du mich belogen.«
    »Himmelherrgott, ich habe nicht gelogen! Das war doch vor unserer Hochzeit.« Er näherte sich mir. »Ich wollte es dir sagen, Isabella, das schwöre ich dir. Der Junge … ist ja erst zwei Jahre alt und …«
    »Ich spreche nicht von dem ersten Kind, sondern von dem anderen, dass du jetzt erwartest.«
    Er erstarrte. Ich hatte den Geschmack von Blut im Mund; ich hatte mir die Lippe aufgebissen. »Du leugnest es nicht«, stellte ich fest. »Ist sie … diese Frau, liebst du …?«
    »Nein. Ich schwöre dir, nein!« Er blickte mich hilflos an. »Es war ein Moment der Schwäche, des Wahns. Ich war so weit entfernt von dir, von unserem Zuhause. Ich war des Kriegs so müde, dieser endlosen Nächte des Wartens darauf, dass die Franzosen mich überfielen. Es kam mir so vor, als beobachtete mich die gesamte Welt, als wartete sie nur darauf, dass ich scheiterte. Ich … ich brauchte Trost.«
    »Und da hast du dir eine andere ins Bett geholt, während ich hier war und alle Hände voll mit meiner Mutter zu tun hatte, mit unserer Tochter, mit der Krise wegen Enriques Tod? Du hast unsere Ehe verraten, weil du müde warst und Trost brauchtest?«
    »Ja.« Er verstummte, schüttelte den Kopf. »Ich sage ja nicht, dass ich recht getan habe. Gott weiß, dass ich das jetzt bedaure – aber ich bin eben nur ein Mann. Ich bin nicht perfekt, Isabella. Das habe ich auch nie vorgetäuscht.«
    Mein Magen krampfte sich zusammen, als hätte Fernando mich geschlagen. »Bist du sicher, dass das Kind deines ist?«, fragte ich. Meine Stimme klang kalt, unpersönlich, völlig fremd.
    Er zuckte zusammen; offenbar hatte er eine andere Möglichkeit noch gar nicht erwogen. »Ich glaube, ja«, antwortete er leise. »Ich habe keinen Grund, etwas anderes zu vermuten.«
    »Na gut. Wenn das Kind geboren ist, musst du dich um seinen Unterhalt kümmern, wie es sich gehört. Du wirst es mit einer Stellung versorgen – in der Kirche, wenn es ein Junge ist, in Diensten einer Adeligen, wenn es ein Mädchen ist. Niemand soll uns nachsagen, dass der König von Kastilien seine Pflichten vernachlässigt.« Da ich meine Fassung zurückgewonnen hatte, erzwang ich eine letzte Frage, obwohl ich die Antwort darauf eigentlich gar nicht hören wollte.
    »Das andere Kind, dein Junge. Wie heißt er?«
    »Alfonso«, sagte er leise, »wie dein verstorbener Bruder.«
    »Ich verstehe.« Ich betrachtete sein Gesicht, entdeckte darin seine Liebe,

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