Der Schwur der Königin
stelle, wird das unsere Männer zu noch mehr Tapferkeit anstacheln. Und ich habe nicht vor, als ängstliche Frau hinzugehen, sondern als Kriegerin, die bereit ist, für Kastilien zu kämpfen und zu sterben, so wie sie.«
Chacón grinste, als ich an ihm vorbei zur Tür schritt.
Eine Woche später lieferte der königliche Goldschmied in meine Gemächer einen herrlichen, mit Prägedruck versehenen Brustpanzer, gefertigt aus getriebenem Eisen und veredelt mit einem schwarzgoldenen Gittermuster, innen gepolstert mit karmesinrotem Samt auf weichem Barchent, das so geformt war, dass meine Brüste reichlich Platz hatten.
Als er mir hineinhalf und die Riemen festzurrte, kam ich mir vor wie in Stein eingeschlossen. »Ist der schwer!«, stöhnte ich und drehte mich unbeholfen vor dem Spiegel. »Sind sie immer so massiv?«
Der Goldschmied beugte sich vor und schob den Harnisch zurecht. »Das ist einer der leichtesten, die ich je gefertigt habe, Majestad . Die Rüstung, die unsere Fürsten und Seine Majestät tragen, haben das doppelte Gewicht, weil sie aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind und den ganzen Körper schützen müssen.«
»Das doppelte Gewicht?« Meine Achtung vor unseren Männern stieg. Wie es sich wohl anfühlen mochte, in einem solchen Ding bei sengender Hitze einen Steilhang hinaufzustürmen? Ich drehte mich weg und nahm mein Schwert an mich – eines mit glänzender, langer, dünner Klinge und einem mit Rubinen und Smaragden besetzten Griff in Form einer Krone. Es war ebenfalls unerwartet schwer. Als ich mich wieder vor den Spiegel stellte, das Schwert vor mich haltend, kehrte mit einem Mal eine lebhafte Erinnerung an eine Kindheitsszene zurück, als Beatriz und ich beobachtet hatten, wie die Sonne über Ávila versank, und wir uns über die Vorteile unseres Geschlechts gestritten hatten.
Wer hat gesagt, dass eine Frau nicht das Schwert und das Kreuz ergreifen und gegen Granada ziehen kann, um die Mauren zu besiegen?
»Sie hatte recht«, überlegte ich laut, nur um Inés’ fragenden Blick im Spiegel aufzufangen.
»Wer, Majestad ?«
Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Beatriz war in Kastilien und hatte alle Hände voll damit zu tun, meine Sachen zu verpacken und meine jüngeren Kinder auf die Reise zu uns in den Süden vorzubereiten.
Ach, wie würde sie in Wut geraten, wenn sie erfuhr, dass ihr das entgangen war!
Erschöpft und blutverschmiert wie sie waren, brachen die Soldaten in ohrenbetäubenden Jubel aus, als sie mich völlig unerwartet mit Brustharnisch und um die Taille gegurtetem Schwert auf meinem weißen Hengst ins Lager preschen sahen. Der Willkommensgruß der Männer schallte auch durch die auseinanderklaffenden Festungsmauern der zertrümmerten Stadt, und die Freude unserer Soldaten bestätigte mir, dass ich gut daran getan hatte, als eine der Ihren zu kommen und nicht als die vornehme Königin, die nur ihre schwer verdienten Lorbeeren für sich beanspruchen wollte. Die gefangenen Gottlosen fielen flehend auf die Knie, ihre Frauen schaufelten sich verbrannte Erde auf die Hände, um sie sich dann unter schrillem Trauergeheul über den Kopf zu streuen.
»Schau sie dir nur an«, raunte Fernando ehrfürchtig. »Sie haben entsetzliche Angst vor dir.«
»Das sollten sie auch«, erwiderte ich. Dann erklomm ich ein Podest und baute mich vor unseren Männern zu einer Ansprache auf. »Ich preise Euch alle, denn Ihr tapferen Ritter habt unseren Glauben vor der Gefahr durch die Gottlosen gerettet, die unser Land bedroht. Gott weiß, dass unsere Sache gerecht ist, und Er wird nicht vergessen, welche Entbehrungen Ihr erduldet habt. Im Paradies wird Er uns unsere Belohnung gewähren. Was mich betrifft, danke ich Euch von ganzem Herzen für Eure Opfer!«
Zum Zeichen der Achtung vor ihrem Mut fegte ich mir meinen breitkrempigen, mit Quasten behängten Hut vom Kopf, womit ich mein mit zunehmendem Alter zu einem kräftigeren Braun nachgedunkeltes Haar dem gleißenden Sonnenlicht aussetzte. Der donnernde Beifall, der jetzt ausbrach, schüchterte die gefangenen Gottlosen vollends ein, sodass keiner es mehr wagte, einen Laut von sich zu geben. Euphorisch packte ich Fernando und reckte unsere ineinander verschlungenen Hände in die Höhe. » Tanto monta, monta tanto! Auf nach Málaga und zum Sieg!«
In dieser Nacht nahm Fernando mich mit einer Leidenschaft wie schon lange nicht mehr. »Du bist meine Kriegerkönigin«, flüsterte er, während er in mich eindrang. »Und jetzt mach uns einen Sohn,
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