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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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muss es doch längst Nachrichten von ihnen geben.«
    »Herrin, Seine Majestät hat zu bedenken gegeben, dass die Belagerung von Loja länger dauern könnte«, beschwichtigte mich Inés, wie sie das schon so oft getan hatte. »Es ist nicht so leicht, hat er gesagt, wenn Fürst Boabdil sich an die Stadt als Teil seiner königlichen Rechte klammert.«
    »Er hat keine Rechte!«, blaffte ich. »Nicht, nachdem er sich von uns abgewandt und sich mit El Zagal, diesem Wolf, verbündet hat.« Ich unterbrach mich. Schon hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich meinen Zorn an Inés ausließ. »Vergib mir. Anscheinend weiß ich mir keinen Rat mehr. Aber ich brenne darauf, etwas zu tun ! Ich halte es einfach nicht mehr aus, bei der Rückeroberung meines Reiches nicht dabei zu sein!«
    Inés nickte verständnisvoll. Der Kampf um Loja war in der Tat besonders symbolträchtig. Es war die Stätte von Fernandos erster vernichtender Niederlage gegen die Mauren, und jetzt war es diesem Wurm von Boabdil im Rahmen seiner neuen Allianz mit El Zagal zugefallen. Unser Beschluss, es uns zurückzuholen, Boabdil nach Granada zu vertreiben und den Mauren einen Vorgeschmack davon zu geben, was ihnen noch alles blühte, konnte freilich unkalkulierbare Auswirkungen haben. Nicht die geringste wäre, dass wir im Falle unseres Scheiterns El Zagal und seinen marodierenden Kriegerhorden den willkommenen Anreiz böten, zurückzuschlagen und all unsere bisherigen Erfolge zunichtezumachen. Das würde neue Belagerungen und Sturmangriffe an mehreren Fronten auslösen.
    Schon wollte ich Inés zum x-ten Mal mit meinen Sorgen unterhalten, als ich plötzlich das eilige Poltern von Schritten hörte, begleitet von lauten Rufen. Ich fuhr herum. Ein Bote in unserer Livree stürzte auf mich zu, hinter sich aufgeregte Menschen. Er sank vor mir auf ein Knie und streckte mir ein rechteckiges Pergament entgegen.
    Ich war zu keiner Regung fähig. Nicht einmal danach greifen konnte ich. Da mein Blick auf dem geneigten Kopf des Mannes verharrte, nahm es ihm schließlich Inés aus der Hand und öffnete es auf mein fast unmerkliches Nicken hin.
    »Was … was steht darin?«, flüsterte ich, während ich spürte, wie sich die Augen sämtlicher Höflinge in mich bohrten.
    Mit bebender Stimme antwortete Inés: »Loja ist gefallen, Majestad .«
    »Ich gehe nach Loja, Ende der Debatte.«
    Mein Kronrat nahm meine Erklärung mit benommenem Schweigen auf, dem jedoch sofort ein ängstlicher Aufschrei folgte. »Eure Majestät können das nicht! Denkt an Eure Sicherheit, an die Gefahren! Ein maurischer Attentäter, ein Unfall auf der Straße, von den Bedingungen im Lager ganz zu schweigen – nichts von all dem bekommt einer Dame, schon gar nicht einer herrschenden Königin.«
    Ich gestattete mir ein Lächeln. »Über Unfälle unterwegs oder die Zustände in Lagern habe ich keine Macht – das liegt in Gottes Hand. Und was Attentäter betrifft: Wenn sie denn eine solche Bedrohung darstellen, werde ich zum Schutz meiner Person eine leichte Rüstung tragen, die eigens für mich geschmiedet worden ist.«
    »Eine Rüstung?« Wie aus einem Munde keuchten sie auf, als hätte ich angekündigt, mir einen Hosenbeutel umzubinden.
    Ich verkniff es mir, die Augen zu verdrehen. Chacón musterte mich amüsiert von seinem Platz in der Ecke des Saals aus, wo er mit verschränkten Armen stand.
    Ich gab nach. »Na schön, keine Rüstung. Es ist ohnehin zu heiß. Nur Brustharnisch und ein Schwert – falls ich in eine dieser Gefahren geraten sollte, die Euch anscheinend solche Sorgen bereiten.«
    Dennoch konnten die Fürsten ihr Entsetzen nicht verhehlen. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sie dabei weniger an mein Wohl dachten, sondern an die Gefahr, dass man sie dazu verpflichten könnte, mich zu begleiten. Da sie nicht mehr die Jüngsten waren, würden sie keinen Fuß in die Nähe der Front setzen, wenn sie es vermeiden konnten. Stattdessen zogen sie es vor, andere zu entsenden, ihre Soldaten, ihre Söhne, wen immer sie dazu bewegen konnten, an ihrer Stelle zu kämpfen. Angesichts solcher Feigheit hätte ich am liebsten laut gelacht. Unsere jüngeren Adeligen hatten sich allesamt um unsere Standarte geschart. Sogar Fürsten mittleren Alters wie Medina Sidonia waren zur Mehrung unseres Ruhmes bis zu den Knien im Blut der Gottlosen gewatet.
    »Wie Ihr mich soeben erinnert habt, bin ich die herrschende Königin!«, rief ich. »Wenn ich mich in der Stunde seines Sieges an die Seite meines Gemahls

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