Der Schwur der Königin
was ich gewährt habe, ist, dass meinem Gemahl die Achtung entgegengebracht wird, die ihm gebührt. Ich behalte die Alleinvollmacht, Geistliche zu ernennen und zu befördern; das letzte Wort über Staatsausgaben und Steuereintreibung liegt bei mir; und Kriege kann nur ich erklären. Mit anderen Worten: Bis auf ein paar kleinere Zugeständnisse bleibt Kastiliens Souveränität unangetastet. Nach mir wird meine Tochter erben, und Fernando wird hier nie aus eigenem Recht herrschen können. Entspricht dieser Punkt nicht genau dem, was Ihr selbst mir geraten habt, dem Gremium zur rechtlichen Prüfung vorzulegen, Eure Eminenz?«
Er ignorierte meinen spitzen Ton. Abschätzig wedelte er mit seiner fleischigen Hand, an der immer noch der massive Ring prangte. »Ihr kennt die Aragonier nicht so gut wie ich; sie erkennen keine Grenzen an. Solltet Ihr vor Fernando sterben, ohne einen männlichen Nachfolger zu haben, wird er Eure Tochter nie als Königin akzeptieren. Er wird ihr ihre Rechte verweigern und dieses Reich zu Aragóns Vasall degradieren.«
»Ihr geht zu weit«, entgegnete ich. »Er ist der Vater meines Kindes, und ich bin seine Gemahlin. Auch wenn ich bedaure, dass in seiner Heimat nur ein männlicher Thronfolger anerkannt wird, tue ich, was ich tun muss, um in unserer Ehe den Frieden zu erhalten.«
»Nun, das wird mehr als ein paar Zugeständnisse erfordern, das kann ich Euch versichern«, schnaubte er.
Ich hob das Kinn. Sein herablassendes Gebaren hatte ich gründlich satt, doch ich widerstand dem Drang, ihn ein für alle Mal hinauszuwerfen. »Was meint Ihr damit? Drückt Euch deutlich aus, Eminenz.«
»Ich meine«, erwiderte er mit absichtlicher Boshaftigkeit, »dass Seine Majestät Euch seit Monaten betrügt. Er hat eine Geliebte in Aragón. Das ist der Grund, warum er seine Rückkehr hinausgezögert hat. Offensichtlich ist sie guter Hoffnung und hat ihn gebeten, bei ihr zu bleiben. Natürlich ist das nicht das erste Mal, dass er vom rechten Weg abgewichen ist, wie Euch wohlbekannt ist.«
Ich zeigte keine Reaktion. Nicht einen Muskel bewegte ich. In mir jedoch baute sich eine Welle aus Emotionen auf – flüssig wie Lava und erstickend heiß.
Carrillo ließ mich nicht aus den Augen. »Oder kann es sein, dass Ihr nicht im Bilde wart? Ich dachte, ich hätte Euch von seinem Bastard von einer anderen Frau vor Eurer Hochzeit erzählt? Es ist ja nicht so, als ob dieser Sohn ein Geheimnis wäre. Ganz Saragossa weiß darüber Bescheid, wie sehr er diesen Jungen vergöttert. Selbst König Juan hat ihn zu sich an den Hof geholt und mit Geschenken überhäuft. Mein Gott, sie versuchen sogar, ihm den Titel eines Erzbischofs zu verleihen.«
Mir schnürte sich die Kehle zu. Plötzlich hatte ich keine Luft mehr in der Lunge. »Natürlich war mir das bekannt«, stieß ich hervor. »Und jetzt sagt Ihr, dass er noch ein …«
»Ja, von der Tochter irgendeines kleinen Adeligen.« Carrillo zuckte mit den Schultern. »Ihre Moral ist erbärmlich. Kein Wunder, dass die Franzosen so begierig darauf sind, dort einzufallen! Aragón hat mehr mit dieser Nation aus Degenerierten gemein, als ihm lieb ist.«
Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Obwohl ich in diesem Moment gegen einen Schrei ankämpfte, der mein ganzes Inneres zu zerreißen drohte, gestattete ich mir, eine Regung zuzulassen, die sich in mir zusammenbraute, seit ich mich zurückerinnern konnte: die ambivalenten Gefühle, die meinen Umgang mit Carrillo seit dem Tag beherrscht hatten, an dem er in mein Leben getreten war. All das verdichtete sich jetzt und drängte mit Macht nach draußen.
Ich hatte ihn satt. Ich wollte diesen Mann aus meinem Leben verbannen.
»Ihr entfernt Euch auf der Stelle vom Hof«, sagte ich kalt. »Geht in Euren Palast in Acuña oder in Alcalá de Henares und bleibt dort. Ich dulde Euch nicht länger in meiner Nähe.«
Er blinzelte überrascht. »Das … das kann doch nicht Euer Ernst sein …«
»O doch!«, zischte ich. »Noch nie habe ich etwas so ernst gemeint. Niemand, Eminenz, verunglimpft in meiner Gegenwart meinen Gemahl, den König. Nicht einmal Ihr.«
»Aber ich bin Euer Berater! Ich habe Euch auf den Thron geholfen. Ohne mich könnt Ihr nicht herrschen.«
»Weder habe ich es nötig, dass andere für mich herrschen, noch brauche ich einen Berater, der sich weigert, meine Entscheidungen zu respektieren. Darum befehle ich Euch, den Hof zu verlassen. Jetzt .«
»Ihr … Ihr … befehlt?« Sein Gesicht wurde aschfahl, seine
Weitere Kostenlose Bücher