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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Haushofmeister. Die bewährtesten von Fernandos aragonischen Dienern, darunter sein Kämmerer Santángel, erhielten begehrte Posten in unseren jeweiligen Haushalten.
    Den Granden gefiel natürlich nichts davon, denn wie sie richtig vermuteten, verfolgten wir letztlich das Ziel, ihre Privilegien einzuschränken. Seit Jahrhunderten durften sie nach Belieben Festungen bauen und Vasallenheere unterhalten. Das war der Grund, warum uns trotz unserer Bestätigung durch die Cortes mehrere Städte den Treueeid verweigert hatten. Zudem focht eine Reihe von Fürsten – vor allem der andalusische Marquis von Cádiz und Diego, der neue Marquis de Villena – unsere Herrschaft energisch an. Als Begründung diente ihnen der Anspruch Joanna la Beltranejas auf die Thronfolge, der ihrer Meinung nach nicht widerlegt worden war.
    In der Tat war die uneheliche Tochter der Königin die Dorne in unserer Krone. Ich war insbesondere über Meldungen beunruhigt, wonach Diego Villena wiederholt versucht hatte, sich in die Burg zu stehlen, in der sie festgehalten wurde. Ich hätte sie in ein Kloster sperren lassen sollen, aber obwohl ihr Spitzname »la Beltraneja« mittlerweile ein fester Bestandteil ihres Namens war, sah ich in ihr nichts als ein seines Ranges entkleidetes zwölfjähriges Mädchen, das noch nicht einmal seine Mutter an seiner Seite hatte, damit diese es durch die Wechselfälle des Lebens führte. Und auch wenn wir uns seit Jahren nicht mehr gesehen hatten, mochte ich sie immer noch gern und hatte nicht vergessen, was für ein hübsches Kind sie gewesen war. Beatriz schalt mich wegen meiner Milde. Joanna sei eine Bedrohung, hielt sie mir vor, eine Galionsfigur, hinter der sich die Unzufriedenen scharen würden. Aber ich hielt nichts davon, sie unverschuldet Not leiden zu lassen. Außerdem hatten einflussreiche Granden wie der Admiral und der Marquis de Santillana, Oberhaupt des mächtigen Mendoza-Clans, uns bereitwillig Treue geschworen, da ihnen klar war, dass das ganze Land unweigerlich dem Ruin verfallen würde, wenn nicht endlich das Chaos in Kastilien beseitigt wurde. Darüber hinaus erkannten auch strategisch bedeutende Städte wie Medina del Campo, Ávila, Valladolid und Segovia meinen Anspruch auf den Thron an.
    Ich warf mich mit eiserner Entschlossenheit in jede Aufgabe, nicht gewillt, mich von persönlichen Beschwernissen aufhalten zu lassen. Ich teilte Fernandos Verärgerung angesichts der Berichte unserer Ermittler, die ein Bild von einem Reich zeichneten, wo die Korruption wucherte und unter unseren Geistlichen Zügellosigkeit und Käuflichkeit um sich griffen. Missernten und von früheren Herrschern verschuldete Aufstände hatten unser Volk in Armut gestürzt, und die von Enrique massenweise bewilligten Lizenzen zur Münzprägung hatten unsere Währung so grotesk entwertet, dass Händler sich mittlerweile weigerten, Geldzahlungen anzunehmen. Die Folgen waren der Zusammenbruch unserer Exportmärkte und Rückstände bei den an das Königshaus zu entrichtenden Abgaben. Fernando schlug vor, die Zahl unserer Münzprägestätten von hundertfünfzig auf nur noch fünf zu reduzieren und unser gesamtes Verfahren bei der Steuereintreibung gründlich zu reformieren. Das war eine auf lange Sicht angelegte, kluge Lösung. Ich stimmte zu, und er stieg im Respekt unserer kastilischen Berater.
    Doch während unser Traum von der Erneuerung Kastiliens Gestalt annahm, fraß sich der Schmerz über Fernandos Ehebruch in mir fest. Ihm so nahe zu sein, war eine Qual, auch wenn ich mir das nie anmerken ließ. Mit einem Lächeln auf den Lippen beherzigte ich jedes seiner Worte, und bei der Begrüßung von Botschaftern, die auf Wunsch ihrer neugierigen Herren aus allen Teilen Europas herbeiströmten, zeigte ich mich als perfekte Gastgeberin. Jeder Herrscher war darauf bedacht, unsere Fähigkeiten auszuloten, sich uns gegenüber einen Vorteil zu verschaffen oder eine Schwäche auszunutzen. Vom spinnenhaften Louis in Frankreich bis zum niederträchtigen Alfonso in Portugal, von Seiner hochmütigen Eminenz im Vatikan bis zu den bedrängten Plantagenets in England – eine Dynastie, mit der ich verwandt war – lächelten alle, beobachteten und warteten. Unser Erfolg würde mit Verträgen belohnt werden, mit Allianzen, die unseren Einfluss mehren und unseren Stand sichern würden. Scheiterten wir hingegen, würden sie wie Aasgeier über uns herfallen.
    Während die ganze Welt verfolgte, wie wir unsere ersten tastenden Schritte als

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