Der Schwur der Königin
widerstrebend – den Treueeid leisteten.
Was Erzbischof Carrillo betraf, zeigte dieser keine Einsicht. So zwang er mich, ihm den Verzicht auf alle weltlichen Güter und bei Androhung einer Gefängnisstrafe den dauerhaften Rückzug in das Kloster San Francisco in Alcalá zu befehlen. Ein nach seinem Scheitern gebrochener Mann, von allen verlassen, nachdem bei Nacht und Nebel auch noch seine Diener mit dem wenigen, ihm verbliebenen Hab und Gut geflohen waren, verweigerte er diesmal nicht den Gehorsam, sondern ließ sich tatsächlich in das Franziskanerkloster verbannen, um dort den Rest seiner Tage in Vergessenheit und Armut zu verbringen. Sosehr ich es bedauerte, dass ein so tapferer Kirchenfürst und Krieger aus eigenem Verschulden derart tief gesunken war, brachte ich kein Mitleid für ihn auf. Anders als bei Villena, dessen Jugend und Unbesonnenheit ihn in diese unverantwortliche Allianz mit Alfonso von Portugal gestürzt hatten, war Carrillos Verstrickung ein bewusster Akt der Rache an mir gewesen, weil ich Fernandos Rat dem seinen vorgezogen hatte. Diesmal konnte es kein Verzeihen geben.
Obwohl Carrillo jetzt für immer aus dem Weg geräumt war und unser Plan, das Königreich wiederaufzubauen, Gestalt annahm, hatte ich weiterhin ständig mit privaten Turbulenzen zu kämpfen. Seit der Fehlgeburt war ich nicht wieder guter Hoffnung geworden, und keiner der Ärzte, die ich zurate zog, konnte mir eine befriedigende Erklärung geben. Sie alle empfahlen mir, mehr zu ruhen und mich Tätigkeiten zu widmen, die dem zarten weiblichen Wesen eher entsprächen. Es schien die herrschende Auffassung zu sein, dass männliche Verhaltensweisen bei einer Frau die Empfängnis ausschlossen. Diese These hielt ich für absurd. Die Ausübung meiner Pflicht als regierende Königin verhinderte doch gewiss nicht, dass ich den von Gott für mich als Frau vorgesehenen Teil des Schöpfungsplans erfüllte.
Dennoch nagten Ängste an mir, vor allem dann, wenn Fernando und ich uns liebten. Mit Inés’ diskreter Hilfe besorgte ich mir übelriechende Eisenkrautgetränke, die meine Körpersäfte wieder ins Gleichgewicht bringen sollten. Ich verdoppelte die Zahl meiner täglichen Gebete. Einmal ritt ich sogar bei Wind und Wetter nordwärts nach Burgos zur abgelegenen Kapelle San Juan de Ortega mit ihrem primitiven Steinrelief, von dem es hieß, es stelle eine Frau beim Gebären dar. Stundenlang kniete ich auf der eisigen Steinplatte vor dem Heiligtum und flehte um Beistand. Ich spendete Geld für den Bau einer größeren Kirche im Namen des Heiligen. Doch in meinem Unterleib rührte sich nichts. Wie schon immer stellte sich die Menstruation in unregelmäßigen Abständen ein, aber jedes Mal gab es unweigerlich Blut. Oft war sie mit solchen Schmerzen verbunden, dass ich die ganze Zeit die Zähne aufeinanderpresste. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum Gott, der uns so viel geschenkt, der uns zum Sieg über Portugal geführt hatte, Fernando und mir ausgerechnet den Segen verweigerte, den wir uns am sehnlichsten wünschten – einen Prinzen, der nach unserem Tod unsere Kronen erben und Kastilien und Aragón für immer vereinen konnte.
Schließlich fiel Fernando meine Bedrücktheit auf. Als eines Abends die Audienzen vorüber waren und wir unseren juwelenbesetzten Ornat abgelegt hatten, versuchte er, mich aufzumuntern.
Ich lag stocksteif in seinen Armen, als er flüsterte: »Es wird passieren, wenn die Zeit dafür reif ist. Mein Liebes, wir werden einen Sohn bekommen, wenn Gott es so will.«
Ich wollte schreien, weinen, alles Mögliche zerschlagen, meiner Trauer und Frustration freien Lauf lassen. Da half es auch nicht unbedingt, als ich herausfand, dass aus Fernandos Liaison in Aragón noch ein Junge hervorgegangen war. Mochte er noch so treuherzig die Lippen schürzen und beteuern, das bedeute ihm nichts, die Tatsache, dass er den Boten mit einem Geschenk für den Jungen losgeschickt hatte, bestätigte doch nur seine Männlichkeit und mein Unvermögen, ihm das zu schenken, was er von der anderen Frau bekommen hatte.
Im Sommer 1477 konnte ich ihm – oder sonst jemandem – kaum noch in die Augen sehen. Es ging mir so elend, dass ich mich fast freute, als die Kunde vom Ausbruch einer neuerlichen Fehde zwischen Andalusiens mächtigsten Fürsten eintraf – dem Herzog von Medina Sidonia und dem Marquis von Cádiz.
Fernando konnte es kaum fassen, als ich ihm mitteilte, dass ich persönlich eine dauerhafte Versöhnung zwischen den zwei
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