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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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war, vom Rücken eines galoppierenden Pferdes aus und ohne Pause hundert Pfeile abzuschießen.
    Die langen Stunden schwerer Arbeit waren mir gerade recht; wie Fernando kochte ich vor Wut. Jeglicher Rest von Zuneigung, die ich noch für Joanna la Beltraneja empfunden haben mochte, wurde in diesen letzten fieberhafen Monaten ausgelöscht, die wir ganz der Verteidigung dessen widmeten, was sie Alfonso auf so niederträchtige Weise angetragen hatte.
    In dieser Zeit sah ich Isabél ganze Monate lang nicht, auch wenn ich regelmäßig mit Beatriz korrespondierte. Ich verzichtete aufs Lesen, Sticken und jeden anderen bei uns Frauen üblichen Zeitvertreib, alles Dinge, die mir behagt hatten. Stattdessen unternahm ich mit einem Kontingent neuer Wächter eine kurze Reise nach Arévalo, denn ich traute Diego Villena durchaus zu, dass er versuchte, die Burg dem Erdboden gleichzumachen. Dort traf ich unsere Bediensteten völlig isoliert und von der Welt vergessen an. Bis auf einen permanenten Mangel an Gütern hatten sie kaum etwas von dem Aufruhr jenseits ihrer Mauern mitbekommen. Meine Mutter gebärdete sich, als hätte sie mich gerade erst eine Woche zuvor gesehen, ehe sie sich in ihrem Delirium verloren und vergessen hatte, wer ich war. Eindeutig aufgrund nachlassender Kraft weigerte sich Doña Ana, mein Angebot einer Leibrente anzunehmen. Sie beharrte darauf, dass sie meiner Mutter wie schon immer dienen und während der Arbeit sterben wollte. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass es genau so geschehen würde. Dennoch stellte ich Frauen aus dem Dorf ein, damit sie ihr die anstrengendsten Aufgaben abnahmen. Insgeheim hatte ich die Hoffnung gehegt, es könnte an der Zeit sein, meine Mutter zu mir an den Hof zu holen, wo sie ihre Rolle als Königinwitwe einnehmen und ich mich besser um sie kümmern könnte, doch dieser schmerzhafte Besuch lehrte mich, dass sie sich nie mehr für ein Leben vor der Öffentlichkeit eignen würde. Das konnte ich einfach nicht riskieren. Ich konnte es mir nicht leisten, mir nachsagen zu lassen, meine Familie sei vom Makel des Wahnsinns befallen, noch durfte ich zulassen, dass die Heiratsaussichten meiner Tochter getrübt wurden. Auch wenn sich das Gerücht trotzdem unweigerlich verbreiten würde, durfte niemand die Beweise dafür mit eigenen Augen sehen. Von der Welt vergessen, würde meine Mutter bis zu ihrem Tod in Arévalo bleiben. Ich verließ die Burg mit jenem Gefühl von Orientierungslosigkeit, das mich jedes Mal befiel, wenn ich nach Hause zurückkehrte. Zugleich fühlte ich mich schuldig, mein eigenes Fleisch und Blut zu einem Dasein in der Isolation verdammt zu haben, auch wenn das ihrem eigenen Wohl und der Zukunft Kastiliens diente.
    An Weihnachten ging es ruhig zu. Der Winter schloss jeden bewaffneten Konflikt aus. So nutzten Fernando und ich die Atempause für eine Reise nach Valencia, um dort eine Phalanx von Soldaten abzuholen, die zu unserer Unterstützung aus Aragón geschickt worden waren. Bei dieser Gelegenheit konnte ich endlich wieder mit Isabél in Segovia zusammen sein. Sie war nun schon beinahe fünf Jahre alt und auffallend hübsch mit ihrem goldbraunen Haar und den blaugrünen Augen, die denen meiner Mutter so sehr ähnelten. Ich war zufrieden damit, nichts weiter zu tun, als täglich mit Beatriz, in Pelze gehüllt, durch die verschneiten Gärten des Alkazar zu schlendern, während Isabél, von der Magie des Schnees verzaubert, herumtollte. Für eine kurze Weile konnte ich so tun, als hätte ich keine Sorgen, außer dass vielleicht in den Kaminen kein Feuer geschürt worden war.
    Doch allzu bald kam Neujahr. Noch vor der Schneeschmelze brach Fernando mit seiner neu ausgerüsteten Streitmacht auf. Die grimmigen Mauren auf ihren Eseln gesellten sich zu unserer Kavallerie; die deutsche Kanone und das italienische Schießpulver wurden auf Karren von Ochsen gezogen; hinter der schlangenförmigen Prozession aus Eisen und Klingen wurden die geölten Belagerungsmaschinen und Katapulte unförmigen Riesen gleich auf Podesten mit Rädern vorangewälzt.
    Einmal mehr bezog ich in Tordesillas Residenz; einmal mehr empfing ich meine Nachrichten von Kurieren, nur um gleich danach schon wieder auf die nächste Kunde zu warten.
    Der Krieg begann mit einem Versprechen. Die Portugiesen waren in den Monaten des Waffenstillstands nachlässig geworden und von den in unseren Städten geraubten Nahrungsmitteln verfettet, sodass Fernando in einem kühnen Blitzangriff Zamora zurückerobern konnte.

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