Der Schwur des Maori-Mädchens
»Alles Lüge!«, fauchte Peter.
»Ja gut, das sagst du, aber ich habe den Auftrag, dieser Geschichte nachzugehen und darüber zu berichten. Und wenn du diesen Matui Hone Heke nicht kennst, muss ich mir selbst ein Bild von ihm machen.«
»Was hat dieser Kerl denn mit dem Denkmal zu tun?«
»Er wurde von der Gemeinde beauftragt, ein Bildnis des Reverends zu schnitzen. Nun aber hat er seine Schnitzerei fertiggestellt, und es ist das Bildnis einer Frau geworden. Die Gemeinde ist ratlos. Überdies sitzt der Alte seit Wochen täglich stundenlang auf dem Platz, wo das Denkmal errichtet werden soll, und betet in einem fremdartigen Singsang, die zu ehren, die es wirklich verdient habe, weil sie viel für die Maori getan habe. Er nennt sie auch den Engel der Maori.«
»O nein!«, stöhnte Peter gequält auf.
Frederik blickte seinen Stiefvater forschend an. »Sagt dir diese Frau etwas? Ich habe leider ihren Namen vergessen, aber es ist ein Maori-Name, wenn ich es recht entsinne. Sie soll aus den Northlands stammen.«
»Lass mich in Ruhe mit dieser Sache. Hast du gehört? Du wirst nicht in Whangarei herumschnüffeln und dir von einem Wahnsinnigen Lügen auftischen lassen! Ich verbiete dir, diese Geschichte weiter zu verfolgen.«
Frederik lachte spöttisch auf. »Vater, ich bin dir zu großem Dank verpflichtet, du hast Mutter und mich nach Vaters Tod aufgenommen und mich wie einen Sohn behandelt, aber nun bin ich erwachsen. Und ich bin nun einmal ein Reporter mit Leib und Seele. Und so verrückt kommt mir der Mann gar nicht vor. Er ist ja immerhin so diskret, dass er nicht einmal offenbart, worin die Geheimnisse bestehen, die den Reverend in weniger ehrenwertem Licht erscheinen lassen als bisher vermutet.«
»Kein Maori kann so steinalt werden wie er! Ihre Lebenserwartung ist viel geringer als unsere«, murmelte der Bischof. »Warum schaffen sie ihn nicht einfach weg und sperren ihn ein?«
»Wenn du ihn gar nicht kennst, woher weißt du dann, dass er für einen Maori ein geradezu biblisches Alter erreicht hat?«, fragte Frederik forschend nach.
»Du hast von einem alten Mann gesprochen. Und nun hör auf, mir meine Zeit zu stehlen. Du lässt die Finger davon. Hast du verstanden?«
»Wenn ich es nicht tue, übernimmt es ein anderer. Und du kannst mir glauben, ich musste hart darum kämpfen, der Geschichte nachgehen zu dürfen. Für einen Fremden wäre es ein gefundenes Fressen, wenn er herausfinden würde, dass der Urgroßvater des Bischofs von Auckland doch nicht so ein Heiliger gewesen ist, wie alle denken. Jedenfalls ist man beim Herald hinter dieser Geschichte her wie der Teufel hinter der armen Seele, und man wird sie nicht einfach fallen lassen. Glaub mir! Ich habe da einige Kollegen, die würden sich mit Freuden darauf stürzen. Du hast nicht nur Freunde in dieser Stadt.«
»Ja, ja, schon gut. Es wird das Vernünftigste sein, wenn du ihnen die Geschichte lieferst. Dann schreibst du eben, dass dieser Alte ein schwachsinniger Maori ist, der die Leute narrt. Und diese Frau musst du gar nicht erwähnen ...«
»Vater, du weißt doch etwas, nicht wahr? Aber ich lasse mich nicht erpressen. Ich werde nichts als die Wahrheit schreiben.«
»Was redest du da? Erpressung? Ein übles Wort für einen kleinen Gefallen! Du bist mir zu großem Dank verpflichtet, mein Lieber, wie du eben selbst ganz richtig sagtest. Ohne mich hättet ihr ein Leben in Armut gefristet, und du hättest nie die Möglichkeit bekommen, beim Herald anzufangen. Das hast du allein meinen Verbindungen zu verdanken. Also verlange ich äußerste Loyalität.«
»Tatsache, du willst mich erpressen! Gut, damit wir nicht schon wieder aneinandergeraten, verspreche ich dir Folgendes: Ich werde dich mit keinem Wort erwähnen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass du offenbar mehr darüber weißt, als du zugeben willst.«
»Das ist wohl das Mindeste. Und wenn du es schon nicht aus Rücksicht auf mich tust, dann denk wenigstens an deine eigene Karriere. Du bist ein ehrgeiziger junger Mann, dem alle Möglichkeiten offenstehen. Alles, was gegen mich sprechen würde, würde auch auf dich zurückfallen! Du bist mein Sohn. Schon vergessen?«
Frederik war angesichts dieser unverhohlenen Drohung seines Stiefvaters bleich geworden, aber Peter redete ungerührt weiter. »Also, tu deine Pflicht, und lass dich nicht von seinen Lügengeschichten einlullen. Er wird mit Sicherheit behaupten, dass er mich kennt...«
»Also
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