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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Mann ... Ach, sie wollte sich das Herz nicht unnötig beschweren. Und nun war es zu spät zur Umkehr. Sie hatte sich schon so vieles in ihrem Leben erkämpft. Ihren hervorragenden Schulabschluss trotz des Widerstandes der Lehrer, die partout nicht an sie glauben wollten, oder den Gleichmut gegenüber den Sticheleien ihrer Mitschülerinnen. Sie würde die Zähne zusammenbeißen und diese drei Jahre klaglos überstehen.
      Eine wohlige sommerliche Wärme, die sie jetzt erst richtig wahrnahm und die sie wie eine Wolke einhüllte, bekräftigte sie in ihrem Entschluss. Wie hatte ihre Mutter immer gesagt? Ach ja, alles im Leben habe sein Gutes. Ja, und die Luft hier am anderen Ende der Welt war ungleich lieblicher. Vivian atmete noch ein paarmal tief ein, bevor sie mit pochendem Herzen auf die Haustür zuging.
     
     

Parnell/Auckland, Februar 1920
     
    Vivian saß am weit geöffneten Fenster und blickte versonnen in den Garten. Dabei sog sie staunend die fremden Gerüche tief ein und konnte sich nicht sattsehen an den intensiven Farben der ihr völlig fremden Blumen. Sie war in London höchstens bei einem Spaziergang durch den Park in den Genuss gekommen, frische Blumen zu betrachten. Auch die Geräusche waren ganz anders als in London. Wo zu Hause der Lärm der Stadt sogar durch die geschlossenen Fenster in die Wohnungen gedrungen war, herrschte hier eine angenehme schläfrige Ruhe.
      Ein forderndes Klopfen an der Tür des geräumigen Zimmers, in das Fred sie vorhin gebracht hatte, ließ sie aufschrecken. Zu ihrem großen Bedauern hatte der junge Mann bald nach ihrer Ankunft zurück in den Verlag eilen müssen.
      »Herein!«, rief Vivian und wandte ihren Blick neugierig zur Tür. Sie war enttäuscht, als eine ältere Frau eintrat. Und sie spürte sofort eine Aversion gegen sie in sich aufsteigen. Sie schätzte die hagere Fremde auf vierzig bis fünfzig Jahre. Was ihr auf Anhieb missfiel, war der Blick, mit dem diese Person sie unverschämt musterte.
      »Wie war die Reise?«, fragte die Frau nun in unerwartet höflichem Ton und konnte ihr Erstaunen über Vivians Aussehen doch nicht verbergen. Dabei versuchte sie zu lächeln.
      »Wie war die Reise?«, wiederholte sie.
      »Gut, aber dürfte ich einmal erfahren, wer Sie überhaupt sind? Ich habe eigentlich meinen Vater erwartet.«
      Das eben noch krampfhaft lächelnde Gesicht der Frau gefror zur Maske.
      »Ich habe nur nett sein wollen, aber lassen wir das Drumherumgerede. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass ich auch nicht begeistert bin, eine erwachsene Tochter zu bekommen ...«
      »... entschuldigen Sie bitte, aber ich bin nicht Ihre Tochter. Was erlauben Sie sich?«, fauchte Vivian, doch dann dämmerte es ihr. »Sind Sie ... ich meine ... sind Sie seine Frau?«
      »Wer denn sonst? Ich bin Rosalind Newman«, gab die Frau des Bischofs empört zurück.
      »Aber Sie werden schon verstehen, dass ich Sie nicht Mutter nennen werde, nicht wahr?«, erwiderte Vivian mit einem spöttischen Unterton.
      »Das fehlte noch. Am liebsten wäre es mir, du würdest mich Misses Newman nennen, auch wenn wir unter uns sind. Ach, was hat sich deine Mutter nur dabei gedacht, dich uns zu schicken?«
      »Das frage ich mich allerdings auch«, entgegnete Vivian wütend.
      Diese Äußerung brachte ihr einen verwirrten Blick Rosalinds ein. »Heißt das, du hast es gar nicht gewollt?«
      »Richtig, ich lege keinen Wert darauf, den Mann kennenzulernen, der sich mein Vater schimpft. Es ist der Letzte Wille meiner Mutter, und den habe ich zu respektieren.«
      »Na gut. Es ist nicht zu ändern. Irgendwann rächt sich jeder Fehltritt.«
      »Was wollen Sie damit sagen?«
      »Entschuldige, das ist mir nur so herausgerutscht. Er hat sich immer bedeckt gehalten, was sein Verhältnis zu deiner Mutter angeht, aber jetzt wird mir so einiges klar. Ich konnte doch nicht ahnen, dass deine Mutter eine Maori war. Ich habe ja von deiner Existenz überhaupt erst kürzlich erfahren.«
      Vivian schluckte trocken. Ich habe ja von deiner Existenz erst kürzlich erfahren. Das hatte sie heute schon einmal gehört. Aus Freds Mund. Aber hatte er sie auch für die Tochter einer Maori gehalten? Es war nicht eben viel, was Vivian über die Maori wusste. Nicht mehr und nicht weniger, als in ihrem Buch gestanden hatte. Und das war mehr als dürftig gewesen. Immerhin aber genug, um zu wissen, dass ihre Mutter nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit den Maori auf den Abbildungen besaß.
     

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