Der seltsame Mr Quin
das Unmögliche, das Unglaubliche… wurde wahr! Ist das Wahnsinn? Sagen Sie es mir, Mr Sattersway! Ist das Wahnsinn, oder glauben Sie auch an so etwas?«
»Ich…« Seltsam, dass er nicht imstande war, etwas zu erwidern. Die Worte schienen ihm in der Kehle stecken zu bleiben.
»Verrückt«, sagte Mrs Denman. »Völlig verrückt!«
Sie rauschte aus dem Zimmer und ließ Mr Sattersway mit seinem unausgesprochenen Glaubensbekenntnis allein zurück.
Als Mr Sattersway zum Abendessen hinunterkam, unterhielt sich Mrs Denman mit einem anderen Gast, einem großen dunkelhaarigen Mann mittleren Alters. Sie machte ihn sogleich mit ihm bekannt: »Prinz Oranoff – Mr Sattersway.«
Die beiden Männer verbeugten sich. Mr Sattersway hatte den Eindruck, dass er durch sein Erscheinen ein Gespräch unterbrochen hatte, das nun nicht wieder aufgenommen wurde. Doch nichts deutete auf irgendwelche Spannungen hin. Der Russe unterhielt sich mit Mr Sattersway über Themen, die diesem besonders am Herzen lagen. Er war ein Mann von feinem Kunstverstand, und sie stellten bald fest, dass sie viele gemeinsame Freunde besaßen. John Denman trat zu ihnen, und Oranoff drückte sein Bedauern über den Autounfall aus.
»Es war nicht meine Schuld. Zwar liebe ich die Geschwindigkeit, aber ich bin ein guter Fahrer. Es war Schicksal – oder Zufall.« Er zuckte die Achseln. »Man kann nichts dagegen machen.«
»Da spricht der Russe aus Ihnen, Sergius«, sagte Mrs Denman.
»Verwandte Seelen, Anna«, sagte er schlagfertig.
Mr Sattersway blickte sie der Reihe nach an. John Denman, hellhäutig, sicher, englisch, und die beiden anderen, dunkel, schlank, sich seltsam ähnlich. In seiner Erinnerung begann es sich zu regen – was war es noch? Ach, ja! Jetzt fiel es ihm wieder ein: der erste Akt der Walküre. Sigmund und Sieglinde – so ähnlich – und der fremde Hunding. Seine Gedanken schweiften ab. War deshalb Mr Quin hier? Denn an eines glaubte er ganz fest: Wo immer Mr Quin auftauchte, war eine menschliche Tragödie nicht fern. Oder war dies hier nichts weiter als die übliche Dreiecksgeschichte?
Irgendwie war er enttäuscht. Er hatte sich mehr erhofft.
»Was hast du unternommen, Anna?«, fragte Denman. »Sicherlich wird die Vorstellung abgesagt. Ich hörte dich mit der Roscheimer telefonieren.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht nötig.«
»Aber ohne Ballett geht es doch nicht?«
»Natürlich kann man ohne Harlekin und Kolombine kein komisches Stück aufführen«, stimmte ihm seine Frau trocken zu. »Ich tanze die Kolombine.«
»Du?« Er war erstaunt und beunruhigt, wie Mr Sattersway schien.
Sie nickte würdevoll. »Keine Angst, John, ich mache dir keine Schande. Du vergisst, dass es einmal mein Beruf war.«
Was für eine seltsame Sache das doch mit einer Stimme ist, dachte Mr Sattersway. Man kann etwas ausdrücken oder weglassen, obwohl man es sagt…
»Na ja«, meinte John Denman nicht sehr begeistert. »Das löst das halbe Problem. Wo willst du einen Harlekin finden?«
»Ich habe ihn schon gefunden – dort.«
Sie deutete auf die Tür, in der Mr Quin eben aufgetaucht war. Mr Quin lächelte sie an.
»Guter Gott, Quin!«, rief Denman. »Hatten Sie von der ganzen Sache eine Ahnung? Ich hätte mir so etwas nicht im Traum einfallen lassen.«
»Ein Fachmann verbürgt sich für Mr Quin«, sagte seine Frau. »Mr Sattersway wird dir die Antwort darauf geben.«
Mrs Denman nickte Mr Sattersway zu, der zu seiner Verblüffung plötzlich murmelte: »O ja, ich – ich bürge für ihn.«
Mr Denman wandte seine Aufmerksamkeit einem andern Thema zu. »Nach der Aufführung findet ein Maskenball statt. Ein großer Blödsinn. Wir werden Sie ordentlich ausstaffieren müssen, Mr Sattersway.«
Mr Sattersway schüttelte energisch den Kopf. »Mein Alter wird mich entschuldigen«, antwortete er. Dann fiel ihm etwas ein. »Man gebe mir eine Serviette! Ich klemme sie mir unter den Arm und spiele einen ältlichen Ober, der mal bessere Tage gesehen hat.«
Er lachte.
»Ein interessanter Beruf«, meinte Mr Quin. »In dem man viel erlebt.«
»Ich soll mich als Pierrot verkleiden«, bemerkte Denman düster. »Auf jeden Fall werde ich nicht schwitzen. Wie steht’s mit Ihnen?« Er blickte Oranoff an.
»Ich habe ein Harlekinkostüm«, erwiderte der Russe. Sein Blick wanderte kurz zu seiner Gastgeberin hinüber.
Mr Sattersway glaubte für einen Augenblick, eine gewisse Spannung zwischen den beiden zu spüren.
»Beinahe wären wir zu dritt
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