Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein

Titel: Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
Sonnenstein-Netze hoch oben am Roten Turm hingen. Tals Fuß trat ins Leere.
    Tal schrie und versuchte, etwas zu fassen zu bekommen. Seine Arme und Beine wirbelten durch die Luft und er stürzte ab.
    Erst jetzt wurde ihm klar, dass er sich im Wachzustand in einem Traum befand. Nein, es war kein Traum.
    Es war ein Albtraum.
    Tal schloss die Augen und der Schrei verhallte. Er hatte noch immer das Gefühl zu fallen. Außerdem war es so kalt wie damals, als er tatsächlich vom Roten Turm gefallen war. Sein Schattenwächter hatte ihn damals gerettet. Vielleicht würde das in diesem Albtraum ebenfalls geschehen.
    Dann schlug er irgendwo auf. Tal öffnete die Augen und stellte fest, dass er nicht mehr fiel. Er trieb im Wasserreservoir unter dem Schloss. Das Reservoir, in dem die Wasserspinnen lebten.
    Tal begann verzweifelt loszuschwimmen. Doch er wusste nicht, worauf er eigentlich zuschwamm. Anders als das richtige Reservoir war dieses von einem hellen, weißen Licht erleuchtet und erstreckte sich, so weit er sehen konnte.
    Zunächst sah er keine Wasserspinnen, doch ein Blinzeln später war um ihn alles voll von ihnen. Große Spinnen mit kugeligen Körpern, die über die Wasseroberfläche liefen. Ihre Facettenaugen leuchteten wie Sonnensteine. Das Gift tropfte von ihren Fängen.
    Wenn sie ihn im Traum umbrachten, würde er dann in der richtigen Welt ebenfalls sterben?
    „Es ist nur ein Traum!“, rief Tal voller Panik. „Es ist nur ein Traum!“
    Die Wasserspinnen krochen näher. Sie waren größer als die echten. Und sie wuchsen, als sie näher kamen, wurden größer und größer, mit immer längeren Fangzähnen, aus denen noch mehr Gift tropfte.
    Tal versuchte verzweifelt, sich daran zu erinnern, was Milla unternommen hatte, um in der Albtraum-Maschine zu überleben. Er wusste, dass sie ein Rovkir-Atemmuster angewandt hatte, eine Form tiefer Meditation. Doch er wusste nicht, wie er das bewerkstelligen konnte.
    Doch plötzlich fiel ihm ein, dass es sehr wohl etwas gab, das er beherrschte: Lichtmagie. Vielleicht hatte es denselben Effekt, wenn er sich darin treiben ließ.
    Tal schloss die Augen und konzentrierte sich. Tief in seinem Innern tastete er nach dem puren Violett des siebten und wichtigsten Sonnensteins. Er zwang das Licht, seinen Verstand zu durchdringen, seinen Körper zu durchfluten. Er benutzte das Violett, um alle Gedanken an Wasserspinnen, einäugige Merwins, an Sushin, Sharrakor und andere furchtbare Dinge zu verdrängen, die man ihm in seine Träume schicken konnte. Das Schlimmste war der furchtbare Moment, in dem er die Decke zum Einsturz gebracht und damit Crow, Ebbitt und die anderen getötet hatte. Irgendwie musste er den Albtraum aufhalten.
    Da war Violett. Nur Violett. Ansonsten existierte nichts mehr.
    Und doch war da noch dieser winzige Teil seines Verstands, in dem er schrie. Ein kleiner Rest, der schrie und schrie und schrie, der jede Sekunde zusammenzuckte, in der er den Stich des Spinnenfangarms erwartete, den Schmerz des fließenden Giftes…
    Doch es kam kein stechender Schmerz. Das violette Licht erfüllte Tals Körper. Er fühlte sich ruhig und sicher. Bald war auch der letzte Rest der Angst verbannt. Er war Imperator, der Träger des Violetten Sonnensteins. Er hatte die Kontrolle.
    Tal öffnete die Augen. Er war von einem violetten Leuchten umgeben. Doch jenseits dieses Leuchtens war nichts zu sehen. Er schwebte im Nichts, in der Dunkelheit. Er spürte keinen Windhauch, keinen Boden unter sich. Er lag irgendwo außerhalb der Reichweite der Albträume und jenseits von allem, was existierte.
    Einen Augenblick verfiel Tal beinahe in Panik. Doch das violette Leuchten kämpfte auch dagegen. Es gab ihm Zuversicht, badete ihn in Selbstsicherheit. Er würde den Weg hinaus finden. Er musste ihn finden.
    Die Cronen, dachte Tal. Die Cronen waren zu Milla gekommen und hatten ihr aus dem Albtraum geholfen. Tal musste sie rufen.
    Aber wie? Er war ja nicht wie Milla dafür ausgebildet, die Cronen in seinen Albträumen zu rufen. Diese Fähigkeit wurde zwar allen Eiscarl-Kindern mit auf den Weg gegeben, Tal aber war ein Erwählter.
    Doch Tal hatte eine Verbindung mit den Eiscarls. Er machte sein Handgelenk frei und sah sich die dreieckige Narbe an, das Zeichen seines Schwurs. Die Schnitte waren gut verheilt, aber noch deutlich sichtbar: dünne Narben. Tal hatte die Crone damals für wahnsinnig gehalten, als sie ihn so gefährlich ins Fleisch geschnitten hatte. Doch er hatte sich im Laufe der Zeit an die

Weitere Kostenlose Bücher