Der Skandal (German Edition)
die Flasche öffnet.
»Ohne Alkohol- und Drogenexzesse, ohne Motorradunfälle, durchgeknallte Mädchen oder Schulverweigerungen haben wir ihn großgezogen. Ist doch auch ein Grund zum Feiern, oder?«, meint er, und sie wundert sich wieder einmal über seinen Langmut.
Der Champagner schmeckt ihr nicht. Zu trocken. Es gibt diese Tage, da will sie sich einfach vor der Welt verkriechen.
»Und, wie war dein Tag?«, fragt Adam gut gelaunt, als wäre das eben gar nicht passiert. Er lässt sich auf die Couch fallen und streckt die Beine aus.
Bevor sie antworten kann, kommt Alex die Treppe herunter, und kurz darauf hören sie, wie die Haustür zuschlägt.
Adam lächelt gezwungen.
»Wo wird er wohnen?«, fragt sie rasch und sachlich. Sie setzt sich in einen Sessel, aber sie kann sich nicht entspannen.
»Er kümmert sich selbst darum, hat er gesagt.« Adam nippt an seinem Glas, sie stellt ihres auf den Tisch.
»Ich verstehe einfach nicht, warum er sich so verhält.«
»Ach Ruth, er ist nun mal so. Es ist das Alter. Ich war damals auch nicht so nett wie heute …«
Er versucht, sie aufzuheitern, das sollte sie zu schätzen wissen. Aber sie ist nicht in der Stimmung.
»Ich kann es nicht leiden, wie er sich benimmt, seine Kleidung … dieses coole Gehabe! Ich hab jeden Tag mit solchen Typen zu tun. Und die haben nicht so ein Elternhaus. Sie sind nicht so privilegiert, sie …«
»Ruth, es ist nur eine Phase. Er will sich und uns beweisen, dass er unabhängig ist.«
»Hat er eigentlich eine Freundin?«, fragt sie.
Adam steht auf und schenkt ihnen beiden nach. Dann stellt er sich hinter sie und gibt ihr einen Kuss in den Nacken. »Sie heißt Nora.«
»Aha. Dir hat er es also erzählt.«
»Ich weiß es auch erst seit gestern …«
»Gestern?«
»Liebling, du bist in letzter Zeit immer sehr spät nach Hause gekommen.«
»Einer muss ja die Verbrecher bekämpfen, damit du in Frieden Häuser bauen kannst!« Es klingt spitzer, als sie gewollt hat. Manchmal ist sie neidisch auf Adam, der sich die helle Seite des Lebens ausgesucht hat. Aber sie hatte doch auch die Wahl, oder nicht?
»Auch darauf wollte ich mit dir anstoßen.« Geschickt versucht er wieder die Kurve zu kriegen.
Aber so leicht kann sie das Thema nicht wechseln. »Und wer ist dieses Mädchen?«
»Oh, er hat mir nur ein Foto gezeigt. Sie ist hübsch.«
»Ja, das ist das Wichtigste, nicht wahr? Dass sie hübsch ist! Gibt’s sonst noch Informationen?«
»Ruth, du kannst wirklich beruhigt sein, das Mädchen macht einen netten Eindruck.«
»Nett?« Sie hebt die Brauen.
»Ja. Aufrichtig, sie wirkt intelligent …«
»Klingt erfreulich.«
»Sei doch nicht so sarkastisch! Es wird Zeit, dass er eine Freundin hat, ich hatte schon befürchtet, er ist schwul! Sie wird dir bestimmt gefallen.«
»Wenn ich sie denn mal kennenlernen sollte.«
»Liebling«, er beugt sich zu ihr und gibt ihr noch einen Kuss, dann setzt er sich wieder.
»Und was macht sie? Kommt sie von hier?«
»Sie will Jura studieren. Ihr Vater ist Arzt und ihre Mutter Lehrerin. Sie ist …«
»Wie schön«, sagt sie mürrisch.
»Das klingt doch nicht schlecht!«
»Ja, nur hätte ich es gern von Alex selbst erfahren.«
»Sei ein bisschen nachsichtig. Er ist gerade ziemlich mit sich beschäftigt.« Adam hebt sein Glas. »Ich habe auch eine Neuigkeit. Und du erfährst sie als Erste: Wir haben die Ausschreibung für den Think Tank in Ashland gewonnen!«
Sie braucht einen Moment, um zu begreifen, welches Projekt er meint, da sagt er schon: » Polycorp Minerals !«
Sie denkt nach.
»Komm schon, Liebling! Ich hatte dir doch gesagt, dass das ein Millionenauftrag werden könnte.«
Sie war beschäftigt, mit ihren Fällen, mit der Personalpolitik und mit Milosz … »Der Think Tank «, sagt sie und versucht sich zu erinnern. Sie weiß, dass er gekränkt ist, wenn er meint, sie interessiert sich nicht für seine Arbeit.
»Genau! Das Technologie-Center für Seltene-Erden-Metalle.«
»Das ist ja wunderbar! Das freut mich!« Sie bemüht sich, begeistert zu klingen.
»Das freut dich nur? Liebling, Polycorp besitzt Minen- und Schürfrechte in Kalifornien, Minnesota, hier in Wisconsin und sogar in Malaysia! Sie haben gerade eine ziemlich großzügige staatliche Unterstützung kassiert, um stillgelegte Minen wieder zu eröffnen. Das heißt, es könnten vielleicht noch mehr Projekte in der Zukunft laufen!«
Er kommt ins Schwärmen, wie so oft, wenn er von seiner Arbeit spricht. Es ist wie ein warmes
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