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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Tochter ist einem Gewaltverbrechen …«, hat Christina damals angefangen und dabei gedacht, es hört sich falsch an.
    »Was?«, hat Evelyn Brickerton gefragt und die Stirn gerunzelt.
    Gewaltverbrechen … Warum hat sie nicht gleich gesagt: Ihre Tochter Charlene wurde mehrfach vergewaltigt, durch Messerstiche schwer verletzt und dann erschossen? Zwei Schüsse in die Brust. Sie sagt Gewaltverbrechen , weil es nicht so brutal klingt, weil sich nicht gleich Bilder einstellen. Aber Mrs. Brickerton versteht nicht, sie zieht den Gürtel des Morgenmantels enger, als könnte sie sich so besser konzentrieren. Es ist später Nachmittag, und gelblich kränkliches Licht sickert durch die Wolkenschicht. Christina hat noch den Geruch in der Nase, der aus der Wohnung dringt, Zigarettenrauch und billiges Parfüm. Als Mrs. Brickerton dann endlich versteht, was dieser Cop da gerade zu ihr gesagt hat, zerreißt etwas in ihr, das hat Christina ganz deutlich gesehen, etwas, das sie am Leben gehalten hat. Vielleicht ist es ihr Glaube, hat Christina gedacht, oder einfach ihre Hoffnung, dass doch noch so etwas wie Glück auf sie und ihre Tochter warten könnte. Mrs. Brickerton sackt zu Boden, und Christina muss ihr wieder auf die Beine helfen.
    »Ich versichere Ihnen, wir werden den Tod von Charlene nicht so einfach hinnehmen«, sagt sie der Mutter und sieht ihr dabei fest in die Augen. »Wir finden den, der ihr das angetan hat. Glauben Sie mir, Sie haben mein Wort.« Dazu hat sie sich hinreißen lassen, zu solch einer Versprechung. Dabei weiß sie, dass sie das nicht tun darf. Auch sie hat nicht alle Fälle aufgeklärt. Natürlich nicht. Manchmal melden sich die Toten, nachts, wenn sie schläft. Dann sieht sie sich an einer langen Mauer aus schwarzem Granit vorbeigehen, darin eingeritzt jeder einzelne Name mit dem Todesdatum und dem Vermerk: Mörder nicht gefasst .
    Jeden Tag, sechs Monate lang, hat sie ihr Versprechen im Ohr.
    Und dann heute: »Wir haben ihn«, hat sie am Telefon gesagt, »wir haben Charlenes Mörder.«
    Aber Mrs. Brickerton hat geschwiegen. Das lässt Christina nicht los. Wenn schon nicht ein Danke, aber wenigstens so etwas wie ein erleichtertes Ja hat sie erwartet. Doch Mrs. Brickerton hat einfach nur den Hörer aufgelegt …
    »Hey, mach mal lauter, Terry!«, donnert Rob. Er zeigt auf den Fernseher über der Theke, und der Barmann drückt auf die Fernbedienung. Christina sieht auf, die Kollegen werden still. Auch ihnen ist der Fall nahegegangen. Die meisten haben Kinder zu Hause, Ed ist zwar geschieden, aber er sieht seine beiden Kinder einmal im Monat, und er redet schon eine Woche vorher dauernd davon. Oder Rob, auch geschieden, hat einen Sohn. »Nach über sechs Monaten intensiver Ermittlungen konnte die Polizei endlich den Mörder der siebenjährigen Charlene Brickerton festnehmen«, sagt die Sprecherin im Fernsehen. Fotos werden eingeblendet. »Captain Ruth Muller von der Milwaukee Homicide Squad konnte heute mit dieser Nachricht vor die Presse treten, nachdem …«
    »Muller braucht das für ihre Karriere.« Aaron hat sich zu ihr herübergebeugt, er sagt es ihr fast ins Ohr. »Es weiß doch sowieso jeder, dass wir das nur dir zu verdanken haben.«
    Christina will sagen, es ist egal, Hauptsache, der Typ ist gefasst, aber sie sagt es nicht, denn es macht ihr doch etwas aus, dass Muller sich mit fremden Lorbeeren schmückt. Ausgerechnet Muller, die nicht einmal mehr an die Aufklärung des Falls geglaubt hat. »Wir haben hier mehr als genug zu tun, Andersson. Dieser Fall ist kalt. Kümmern Sie sich darum, wenn es mal nichts mehr zu tun gibt.«
    Monatelang hat sie nicht mehr richtig schlafen können. Hat immer wieder die Kleine vor sich gesehen, wie sie in ihrem Blut lag. Und sie hat die Mülltonnen gesehen und die Ratten. So ein kurzes Leben. Sie hat nicht lockergelassen. Wie oft ist sie zum Tatort gefahren? Zwanzig Mal? Dreißig Mal? Jeden Stein, jedes Stück Müll hat sie umgedreht, obwohl die Spurensicherung nichts gefunden hatte. Und wie viele Typen aus der Drogenszene hat sie vernommen? Wie viele Anwohner? Du reibst dich auf, haben ihre Kollegen gesagt – und sogar ihr Bruder. Du musst mal abschalten! Du trägst nicht die Verantwortung. Für ihre Mutter war es mal wieder ein Beweis dafür, dass die anderen ihr wichtiger sind als ihre eigene Familie. Denn sonst hätte sie ja wohl auch einen anderen Beruf gewählt und wäre nicht Cop geworden. Du musst mal an dein eigenes Kind denken, Christina. Genau deshalb hat

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