Der Skandal (German Edition)
Bad, sie lässt sich einlullen und merkt, wie ihr Alltag weiter und weiter zurücksinkt.
»Und?«, fragt er und schaut sie abwartend an.
Sie weiß nicht, was er meint. Offenbar hat sie gerade etwas verpasst.
Sein Lächeln erstirbt ganz langsam. »Hast du mir überhaupt zugehört?« Er trinkt sein Glas aus und steht auf.
»Adam …« Sie versucht, ihn zurückzuhalten, und streckt den Arm nach ihm aus, doch er trägt sein Glas in die Küche, und dann hört sie ihn in sein Arbeitszimmer gehen.
Sie hat es verdorben, mal wieder.
Sie bleibt sitzen und trinkt den Rest der Flasche. Wenn sie Chief of Police von Milwaukee werden sollte, wird sie noch weniger Zeit haben.
Auf einmal merkt sie, dass die CD, die Adam eingelegt hat, zu Ende ist. Ihr Blick schweift durch den Raum, den Adam eingerichtet hat, genauso wie das ganze Haus. Natürlich weil er Architekt ist und ein Auge dafür hat. Für so etwas hat sie sowieso nie Zeit.
Trotzdem ist sie verletzt.
Alex hat zum ersten Mal eine Freundin, und nicht er sagt es ihr, sondern Adam, der ja noch nicht einmal sein richtiger Vater ist … Schluss jetzt, Muller! Adam hat sich immer wie ein richtiger Vater benommen, also sei nicht ungerecht!
Schon lange nicht mehr ist ihr die Stille so aufgefallen wie in diesem Augenblick – und schon lange nicht mehr hat sie sich so einsam gefühlt.
Ihr Blick fällt auf die Fotos auf dem Kamin, sie kann sich nicht dagegen wehren, etwas in ihr zwingt sie aufzustehen, sie sich anzusehen, eins ganz besonders. Alex im Trikot seiner Schulmannschaft. Da war er sieben. So alt wie das ermordete Mädchen.
Auf einmal fühlt sie sich wieder besser. Sie weiß, warum sie das alles tut. Warum sie so selten zu Hause ist, warum sie keine Wohnung einrichten kann – und warum ihr eigener Sohn nichts von seiner Freundin gesagt hat. Sie hat eine Aufgabe übernommen, sie will dafür sorgen, dass die Menschen dieser Stadt in Frieden leben können. Sie greift zum Champagnerglas. »Auf dich, Muller!«
Ihr Handy klingelt. Sie will es überhören, aber sie weiß, dass sie dran gehen muss.
Wenn Hal Harpole sich vorstellt, wie die Schneeflocken auf das Dach des Wohncontainers rieseln, kann er am besten einschlafen. Oder wenn der Wind draußen heult und die Explosion in seinem Kopf übertönt. Am Abend hat es angefangen zu schneien.
22:46 zeigen die roten Leuchtdioden seines Weckers auf dem Nachttisch. Er schläft schlecht ein. Nur wenn Katie bei ihm ist, nicht. Dann vergisst er die Schmerzen in der Schulter und irgendwie auch so viel anderes.
Er schaltet das Radio im Wecker an. Ein altmodisches Teil, aber es gehört zu den wenigen Dingen, die er aus seinem Haus in Montana mitgebracht hat. Dort hat er auch immer diesen Sender gehört. Nein, nicht immer, aber seit der Sache mit Ike. Er verschränkt die Arme unter dem Kopf und lauscht der vertrauten Stimme.
»Ihr werdet aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören. Sehet zu, erschrecket nicht; denn dies alles muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich Nation wider Nation erheben und Königreich wider Königreich, und es werden Hungersnöte und Seuchen sein und Erdbeben an verschiedenen Orten. Alles dieses aber ist der Anfang der Wehen. Ja, es hat schon angefangen. Wir leben bereits in dieser Zeit! Aber fürchtet euch nicht: Christus kommt bald zurück! Ich begrüße unseren nächsten Anrufer. Hi Nick. Was für Beobachtungen hast du gemacht?«
»Hallo, alle zusammen! Ich weiß, dass wir in der Endzeit leben. Ich meine, wenn ich dran denke, was alles so passiert. Ich habe eine Farm, Milchbetrieb. Und seit drei Tagen ist nach jedem Melken die Milch sauer. Wir haben alles sterilisiert und gereinigt, aber es ändert sich nichts. Und dann haben wir herausgefunden, dass die Milch schon im Euter sauer ist.«
»Nick, das klingt ja furchtbar.«
»Ja, ist es auch. Abgesehen von der finanziellen Sache.«
»Und du glaubst, das hat mit der Endzeit zu tun?«
»Ja, klar! Die Koordinaten haben sich verschoben, Nord- und Südpol vertauschen sich, der Polsprung, du weißt schon. Da werden natürlich enorme elektrische Spannungen frei, und das macht sich überall bemerkbar, auch in der sauren Milch.«
»Und hinter all dem steht Gott, ja?«
»Natürlich! Gott ist der Schöpfer der Welt.«
»Wir dürfen uns nicht anmaßen, die Wege Gottes zu kennen, aber wenn wir uns ihm öffnen, werden wir die Zeichen zu deuten wissen.«
»Ja.«
»Und welche Konsequenzen ziehst du für dich daraus, Nick?«
»Ich
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