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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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schlief wenig. Sein Herz sehnte sich nach der Morgendämmerung, wenn sie wieder Segel setzen und nach Kirkjuvagr fahren würden. Als die Sonne schließlich am Horizont erschien, stand Mur-do bereits wieder an Bord und verfluchte die Faulheit von Emlyn und Jon Reißzahn, welche die Nacht im Haus verbracht hatten, während er auf Steinen gelegen hatte.
    Die beiden Männer erschienen erst auf den Klippen, als das Licht der aufgehenden Sonne bereits die ganze Bucht erfüllte. Mit steifen Gliedern stapften sie den steilen Pfad hinunter und begrüßten die Mannschaft im freundlichen Tonfall der Zufriedenen und gut Ausgeruhten. Murdo beschwerte sich über ihr spätes Erscheinen, doch Jon Reißzahn erklärte: »Wenn du kämpfen willst, dann spar dir das für den Bischof auf. Du wirst schon bald vor ihm stehen. Wie wäre es, wenn du ihn deine scharfe Zunge spüren läßt?«
    Mit diesen Worten schlenderte der Seemann zur Reling, um mit Gorm zu sprechen. Nur einen Augenblick später kam der Ruf abzustoßen, und die Männer nahmen die Riemen auf. »Hab keine Angst, Murdo«, sagte Emlyn und beugte sich über das Ruder. »Wir werden schon herausfinden, was hier geschehen ist, und dann bringen wir es wieder in Ordnung. Wir haben die Unterstützung von König Magnus, vergiß das nicht. Ich bezweifele, daß dieser Bischof es sich leisten kann, den König zu verärgern.«
    »Dieser Bischof ist ein elender Straßendieb«, erwiderte Murdo und zog mit aller Macht an seinem Ruder. »Er schert sich um nichts und niemanden außer um die Größe seiner Börse.«
    »Das wage ich zu bezweifeln«, bemerkte Emlyn. »Statt mit dem Schlimmsten zu rechnen, sollten wir lieber für das Beste beten.«
    »Wenn Ragna oder meiner Mutter irgend etwas zugestoßen ist«, erklärte Murdo, »dann, schwöre ich, wird das Schlimmste für den Bischof erst der Anfang sein.«
    Das Langschiff verließ die ruhige Bucht und eilte über die Meerenge zur Hauptinsel. Als sie die Mitte der Meerenge erreichten, wendete Gorm das Schiff nach Süden, um der gewundenen Küste zur weiten Bucht von Sankt Ola unterhalb Kirkjuvagrs zu folgen. Im Hafen lagen ein Dutzend oder mehr Boote verschiedener Größen, doch Gorm steuerte das Schiff mühelos durch sie hindurch zur Mole. Murdo war bereits über die Reling gesprungen und befand sich auf halbem Weg zur Kathedrale, bevor das Haltetau festgemacht war.
    »Murdo! Warte!« rief Emlyn und eilte ihm hinterher. »Warte, mein Sohn! Laß uns dir helfen!«
    Murdo hatte nicht die Absicht, auf irgend jemanden zu warten. Ohne sich auch nur einmal umzuschauen, rannte er den Hang hinauf zur Kathedrale, stürmte durch die kleine Pforte ins dunkle Kirchenschiff und eilte zu der Tür, die zum Kreuzgang und Kapitelhaus führte.
    »Ich will den Bischof sehen«, verlangte Murdo von dem ersten Gesicht, das in dem Schlitz in der Tür erschien.
    »Seine Eminenz frühstückt gerade«, antwortete der Mönch. »Vor der Prim wird er niemanden empfangen. Kommt dann wieder zurück.«
    »Das ist mir egal, und wenn er am Fenster steht und seinen Winden freien Lauf läßt«, knurrte Murdo. »Ich will ihn jetzt sehen!«
    »Er empfängt niemanden, bevor.«, war alles, was der Mönch noch sagen konnte, bevor Murdo ihm die Tür ins Gesicht trat. Der unglückliche Kirchenmann stieß einen Schrei aus und stürzte zu Boden.
    »Ich glaube doch, daß er mich empfangen wird«, sagte der junge Mann und trat rasch durch die Lücke. Der Mönch wälzte sich am Boden, hielt sich den Kopf und stöhnte.
    Murdo riß den Priester grob in die Höhe und stieß ihn in den Raum hinein. Es war noch früh, und die meisten Brüder saßen beim Frühstück; der Vorraum des Kreuzgangs war leer.
    »Da wir uns nun besser verstehen«, sagte Murdo, »sag Bischof Adalbert, daß Murdo Ranulfson aus dem Heiligen Land zurückgekehrt ist. Sag dem alten Dieb, daß der Tag der Abrechnung gekommen ist.«
    Der Mönch starrte seinen Angreifer schweigend und erschrocken an.
    »Besser noch«, korrigierte sich Murdo und packte den Mönch am Arm. »Ich werde es ihm selbst sagen. Führe er mich in die Gemächer Seiner bischöflichen Gnaden.«
    Murdo schob den widerspenstigen Mönch durch den Raum zu einer anderen Tür. »Hier durch?« fragte er.
    Der Mönch nickte, weigerte sich jedoch zu sprechen. Murdo legte die Hand auf den Riegel, zog ihn zurück und stieß die Tür auf.
    Der Raum, den er betrat, enthielt einen großen Tisch umgeben von sechs prächtigen Stühlen, die jeder für sich an den Thron eines

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