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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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denken.«
    Damals .
    Merle erstarrte. Wie sehr hatte sie gehofft, Jette würde jemanden finden, der ihr helfen konnte zu vergessen. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, dieser Jemand wäre Luke.
    »Und dann kommt die Angst, dass sich alles … auf irgendeine Weise wiederholt.«
    Den letzten Satz hatte Jette bloß geflüstert. Merle zog sie an sich. Mit hängenden Armen ließ Jette es geschehen.
    Merle hätte ihr gern den Rat gegeben, Luke zum Teufel zu schicken, auch wenn er seit Kurzem den Geläuterten gab, was sie zur Genüge von Claudio kannte. Aber solche Appelle hatten, wie sie von sich selbst wusste, wenig Sinn.
    Jette war noch lange nicht fertig mit Luke. Im Gegenteil.
    »Du darfst dich nicht in solche Gedanken reinsteigern, Jette.«
    »Das passiert von ganz allein.«
    »Aber im Moment läuft’s doch gut mit euch.«
    »Ja.«
    »Dann mach es wie unsere Katzen: Genieße den Augenblick und lass dich nicht von der Angst vor morgen zermürben.«
    »Ja.«
    Ich bin wirklich die ideale Ratgeberin in Liebesdingen, dachte Merle. Wo ich doch selbst ständig bis zum Hals in Schwierigkeiten stecke. Sie ertrug es kaum, Jette so verzagt zu sehen.
    »Mensch, es ist eine Schande, was der Typ dir antut mit seiner komischen Heute-so-morgen-so-Taktik. Wenn er ein paar Jährchen älter wär, könnte man ihn glatt für einen Heiratsschwindler halten.«
    Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ihr ein heftiger Schreck durch die Glieder fuhr. Und wenn Luke genau das war? Ein Schwindler? Jette war die Tochter einer berühmten Schriftstellerin. Imke Thalheim war eine wohlhabende Frau.
    »Sag das nie wieder!«
    Jette war blass geworden. Sie starrte Merle an, als sähe sie die Freundin plötzlich mit anderen Augen. Dann drehte sie sich um und ging.
    Merle hätte sich auf die Zunge beißen können, doch nun war es zu spät.
    »Das hast du ja prima hingekriegt«, murmelte sie. »Ein einziges Fettnäpfchen weit und breit, und du musst reinlatschen.«
    Dennoch ließ sie der Gedanke nicht los. Was, wenn mit Lukes Absichten wirklich etwas nicht stimmte?

6
    Die Auseinandersetzung mit Merle war jetzt drei Tage her. Drei Tage, an denen ich meiner Freundin aus dem Weg gegangen war, obwohl sich das in unserer WG als ziemlich schwierig erwies. Merle hatte ein paar Mal versucht, ein Gespräch anzufangen, ich war jedoch nicht darauf eingegangen.
    Ich hatte mit Frau Stein Überstunden vereinbart, denn ein Sommergrippe-Virus hatte gleich drei Mitarbeiterinnen lahmgelegt, was in einem Heim für Demenzkranke einer mittelschweren Katastrophe gleichkommt. Jedes unvertraute Gesicht kann bei den Patienten Panikattacken auslösen. Deshalb versuchte Frau Stein, die Lücken so lange mit den vertrauten Angestellten zu stopfen, bis es unumgänglich wurde, mit fremden Kräften zu arbeiten.
    Der Professor war wieder auf dem Damm, und auch Frau Sternberg hatte sich erholt, obwohl die hohen Temperaturen ihr weiter zusetzten. Kein Wunder. Jeder Schritt trieb einem den Schweiß aus den Poren. Die staubige Hitze hatte sich auf jeden Grashalm gelegt und auf jedes Blatt. Die ausgetrocknete Erde war voller Risse, und der Gesang der Vögel klang mutlos und dünn.
    Ich deckte gerade im Speisesaal den Tisch für das Abendessen, als mein Handy vibrierte.
    Luke.
    Private Telefongespräche waren während der Dienstzeit verboten, und normalerweise hielt ich mich daran, las höchstens einmal eine SMS oder kontrollierte meine Mailbox.
    Diesmal machte ich eine Ausnahme. Luke hatte sich seit drei Abenden nicht mehr blicken lassen, ohne Erklärung, einfach so. Auch telefonisch hatte ich ihn nicht erreicht. Stundenlang hatte ich wachgelegen und mich gefragt, was das zu bedeuten hatte.
    Ich konnte mir sein widersprüchliches Verhalten nicht erklären.
    Egal was passiert .
    Was hatte er damit gemeint?
    »Willst du mich sehen?«, fragte er jetzt, und seine Stimme kroch mir unter die Haut und ließ mich trotz der Hitze frösteln.
    Ob ich …
    Ich wünschte ihn zum Teufel.
    Und sehnte mich nach ihm.
    Nein, dachte ich.
    Und sagte: »Ja.«
    »Ich hole dich ab«, schlug er vor. »Wann bist du fertig?«
    »Gegen acht.«
    Warum um alles in der Welt machte mir jedes Wort von ihm Herzklopfen? Wieso zauberte mir allein das Geräusch seines Atmens ein geradezu blödsinnig glückseliges Lächeln aufs Gesicht?
    Das Handy rutschte mir fast aus der schwitzigen Hand, als ich es wieder wegsteckte. Ich wischte sie an meinem T-Shirt ab und beugte mich über den Besteckkasten. Noch zwei endlos lange

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