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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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flüchtige Anblick brannte in mir wie ein Tropfen Brandy im Magen eines angeblich entwöhnten Alkoholikers. Ich kroch buchstäblich («auf deinem Bauche sollst du gehen») durch das eisige Gras unter den Simsen der Seitenfenster zu dem Fenster hin, das dem Sofa am nächsten war. Mit einer Vorsicht, die meine Gelenke gegen diesen Gradualismus protestieren ließ, richtete ich mich eben weit genug auf, um durch eine untere Scheibe spähen zu können. Denn obwohl ich draußen im Dunkel weilte, hätte ich durch ein aufflammendes Streichholz oder durch ein Sternschnauben { * } entdeckt werden können, und ich spürte ohnehin, daß mein Gesicht brannte wie das eines Banshee. Ich ließ ein hervorquellendes Auge für beide hineinblicken.
    Da, keine Mannslänge entfernt, lag, im rosigen Schimmer badend, ein nackter Fuß. Ihrer. Alicia hatte häßliche, stark geäderte Füße, und einige Zehenknöchel waren wie glasiert, vorbereitet gleichsam für eine Hühneraugenapplikation. Ja, es war einer ihrer Füße. Unwiderleglich. Und er war unwiderleglich nackt. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Ich lauschte, um die wollüstigen Schreie zu hören, die sie beim Koitus auszustoßen pflegte. Aber Bork, wie so viele Angehörige seiner sorglos wirkenden Generation auf seine Behaglichkeit bedacht, hatte die Sturm-Doppelfenster angebracht. Dann bewegten sich vor meinen Augen, unmittelbar hinter der doppelten Glaswand, plötzlich Haare, ob ihre oder seine, konnte ich nicht sagen, so schnell duckte ich mich. Alsdann ließ ich mich abwärts und seitwärts in den Schutz eines freundschaftlichen Busches rollen, bei dem es sich dem geschmeidigen Sticheln seiner Blätter nach um ein Ilexgewächs gehandelt haben muß. Kretinös und verschlagen wie ein Gürteltier, lag ich in modrigem Laub gebadet da, bis mir die Stille sicher genug schien für einen tänzelnden Rückzug – meine Füße kritzelnd wie Kreide auf der Tafel – über Borks mondharten Rasen in das knarrende, muffige Vergeben meines vom Fächerfenster erleuchteten Hausflurs.
    Keine Sirenen hatten sich in der Nacht erhoben, um mich zu verfolgen.
    Keine Engel waren auf der Treppe erschienen.
    Noch immer zerschnitten Mondstrahlen die Stufen wie Striemen den gebeugten braunen Rücken eines flehenden Sklaven.
    Tief in mir, unter dem klumpigen heißen, krustigen Gefühl, das in uns aufsteigt, um uns vor athletischen Niederlagen und unmittelbaren Kränkungen abzuschirmen, empfand ich Entsetzen darüber, daß der Augenschein bestätigt hatte, was auf Grund der Indizien (als da waren der geparkte Wagen, das Haus, die Allgegenwart von Sex, die unfehlbare Vorsehung, die für mein Mißbehagen sorgt) bereits sicher gewesen war. Aber zusammen mit dem Entsetzen und kuschelig Seite an Seite mit ihm gebettet, lag entdeckbar in mir, einem warmen Körper gleich, Befriedigung. Es war ein zwar gemischtes, aber tiefes Vergnügen, tiefer als der Masochismus des Halbgläubigen, tiefer als meine Schnüffelgier nach Geheimnissen, von denen der bloße Fuß jetzt eines war. Ja, es war so tief, daß ich, als ich durch das warme, vom Ticken der mietfreien Heizkörper belebte Treppenhaus hinabblickte, die behaglichen Teppiche und den von Schatten gestreiften Fußboden in meines Vaters Haus sah, das auch nicht sein eigenes war.
    Aber die Zeiger der Motel-Uhr sind bereits über die triumphierende Senkrechte von zwölf Uhr mittags hinausgerückt. Heute, denke ich, leiste ich mir einen Daiquiri-Cocktail mit Zuckerschaum auf dem besänftigenden Rum, und dann noch einen.
    Doch vorher müssen wir unsere nacktbeinige Puppe die Treppe hinauf und ins Bett bringen. Der Mann öffnet die Schlafzimmertür mit einem kaum wahrnehmbaren Schnappen, das dennoch, wie er weiß, die Augen seiner Frau aufklappen lassen wird.
    «Mein Gott, Tom! Wo bist du denn gewesen?»
    «Nach den Kindern gesehen. Die Katze rausgelassen.»
    Er kriecht in seine verlassene Betthälfte und schiebt die warmen Teile von ihr, denen sie gestattete, sich dort auszubreiten, zur Seite. Sie fragt: «Wieso sind denn deine Füße so kalt? Und dein Hintern? Du fühlst dich an wie ein Stück Eis!»
    «Ich war draußen auf dem Rasen.»
    «Ohne Hose?»
    «Ich habe nach UFOs Ausschau gehalten.»
    «Das glaube ich nicht.»
    «Außerdem hat in der Zeitung gestanden, es sei ein Komet zu erwarten. Oder irgend so ein Himmelszeichen.»
    «Das glaube ich nicht. Du hast bei Ned spioniert. Das ist doch krankhaft.»
    «Er ist eine der Sachen, für die ich zu sorgen haben. Curo,

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