1536 - Ghoul-Parade
Das war ihm bei Johnny nie gelungen, was Robson ärgerte. So waren er und Johnny nicht eben die besten Freunde.
»Na, was ist?«
Johnny wunderte sich noch immer darüber, dass er auf so dämliche Art angemacht wurde. Er hätte dieses Großmaul am liebsten links liegen gelassen, aber er wusste auch, dass irgendwann sowieso einmal der Zeitpunkt kommen würde, um dem Typen klarzumachen, welch ein Arschloch er war.
Robson, der seine Kappe mit den gekreuzten Knochen an der Vorderseite so provozierend trug, grinste immer breiter.
Und jetzt wollte er Johnny einen echten Mord zeigen!
Schau oder die Wahrheit? Johnny wusste es nicht. Er fühlte sich zudem durch das Grinsen angelockt, nahm sich vor, sich lässig zu geben, und hob die Schultern.
»Okay, wenn du willst, Ed. Aber glaube nur nicht, dass ich dich deswegen besser leiden kann und…«
»Ach, hör auf. Du bist doch angeblich der große Macher.«
»Das habe ich nie behauptet.«
Robson winkte wieder mit dem Handy. »Willst du das Killing nun sehen oder nicht?«
Killing! Johnny hasste das Wort. Er holte tief Luft und nickte. Okay, er wollte sehen, ob Robson nur auf den Putz haute oder nicht. Deshalb ging er auf ihn zu, und Ed trat zur Seite, um Johnny den Weg in die Toilette freizugeben.
Sie unterteilte sich in zwei Räume. Der erste war der Waschraum, wo zwei Becken standen. Im Moment waren sie allein, und Robson lehnte sich gegen die gekachelte Wand. Er hielt das Handy weiterhin in die Höhe und betrachtete das kleine Display.
»Wer ist denn umgebracht worden?«, fragte Johnny.
»Das kannst du dir ansehen.«
»Und du warst dabei?«
»Weiß ich nicht. Darüber kannst du dir den Kopf zerbrechen. Kann sein, kann aber auch nicht sein. Vielleicht hat man mir das Handy auch geschenkt. Wer kann das wissen?«
»Und warum soll ich das sehen?«
»Man hört einiges über dich.«
Johnny ging nicht darauf ein. Er hatte die Tür hinter sich geschlossen und stellte sich an Eds Seite. Wie immer duftete Robson nach einem teuren Herrenparfüm. Seine Cordjacke war vom Feinsten, die Jeans auch, und das Gesicht zeigte wie immer einen arroganten Ausdruck. Es war bekannt, dass Robsons Vater bei der Bank arbeitete und dort im Vorstand saß. Seine Beziehungen reichten bis in die Regierungskreise.
»Lass sehen.«
»Geil drauf, wie?«
»Nein, aber du.«
»Klar, ich will sehen, was du dazu sagst.« Robson hielt das Handy so, dass beide schauen konnten. Es lief ohne Ton ab, wie er noch bemerkte, und als er den Film startete, ließ er ein leises Lachen hören.
»Und jetzt pass genau auf!«
Das brauchte man Johnny nicht zweimal zu sagen. Mittlerweile hatte auch ihn eine gewisse Spannung erfasst.
Das Bild war nur klein. Um alles sehen zu können, musste sich Johnny schon sehr konzentrieren. Außerdem war die Bildqualität nicht eben das, was man scharf nannte. Aber sie war gut genug, dass alles deutlich zu erkennen war.
Es zog Johnny in seinen Bann.
Er sagte nichts. Robson hatte ihm zuvor nicht verraten, was er genau zu sehen bekommen würde. An den Mord wollte er nicht glauben, er hielt es für übertrieben, doch was jetzt über den kleinen Bildschirm flirrte, war auch so etwas Besonderes.
Er sah eine Frau, die vor irgendetwas floh. Und das nicht in einer Wohnung oder einer Straße, sondern in der freien Natur. Dort rannte sie über einen weichen Boden, als hätte sie Angst vor dem Felsen, der sich in ihrem Rücken befand.
»Geil, nicht?«
»Was soll das?«
»Die hat Angst«, flüsterte Ed Robson. »Die hat echt Schiss, und das nicht ohne Grund.«
»Okay, und weiter? Wie heißt der Film?«
»Der hat keinen Titel, der ist echt.«
Johnny schluckte nur. Dabei überlegte er, ob er Ed glauben sollte oder nicht. Seiner Ansicht nach war es schon pervers, eine flüchtende Frau aufzunehmen, die zudem fast unbekleidet war. Erst jetzt sah Johnny, dass sie noch eine Hose trug, die allerdings an den Knien aufhörte.
»Hat es dir Spaß gemacht, so etwas zu filmen?«, fragte er.
»Das ist noch nicht alles.«
»Aha.«
»Es wird noch viel besser, das kann ich dir versprechen.«
Johnny sagte nichts. Er hatte allerdings nicht vergessen, dass Robson von einem Mord gesprochen hatte, und wenn er näher darüber nachdachte, dann würde der Mord noch zu sehen sein, denn er glaubte nicht, dass Robson geblufft hatte.
Die Frau rannte weiter. Es sah so aus, als wollte sie in die Kamera hineinrennen.
Dazu kam es nicht. Die Beine wurden der Frau schwer. Nicht, weil sie am Ende ihrer
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