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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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ordentliche Werkstatt einrichtete, wo die Hämmer und Zangen und Zirkel allesamt über ihren auf eine Holzplatte gemalten Umrissen hingen, wo die gut geölte Tischkreissäge (ihre absolut waagerechte Metalloberfläche war für mich das erste Erlebnis von Geradheit) zur Rechten aufgestellt war und die Kanister mit Farbe und Kitt und Lösungsmitteln auf einem Bord zur Linken standen und die Blechdosen mit Nägeln und Schrauben zunehmender, auf einem Etikett angegebener Größe mit ihren Deckeln an ein Brett darüber angenagelt waren. Und dort verbrachte mein Vater Teile seiner meisten Nachmittage und verrichtete in der Wärme des nahen Heizkessels kleine Reparaturen und handwerkliche Arbeiten, die meinem kindlichen Gemüt sinnlos erschienen, oder deren Sinn doch nur in den Ausdünstungen der Hobelspäne und dem reinigenden Aroma des Terpentins und in dem inneren Frieden lag, der von meinem herumwerkelnden, seine Pfeife rauchenden, übertrieben geschäftigen, weltvergessenen Vater ausging. Ich saß dort oft auf einen Sägebock und genoß von unten her den Anblick seines gespaltenen Kinns, seiner gewaltigen Nüstern, seines welligen grauen Haars – dessen wohlgebürstete Pracht der einzige offenkundige Gegenstand seiner Eitelkeit war.
    Ich verwechselte meinen Vater nicht mit Gott. Ich wußte, daß nicht Gott in jenem Keller war, sondern ein unterbezahlter, ziemlich lückenhaft instruierter Angestellter. Auch in den Kirchen war Gott nicht, oder doch nur selten, etwa wenn ein nach dem Amen weiterdröhnender tiefer Orgelton die Bleifassung der Heiligenscheine der Apostel in den bunten Fenstern zum Rasseln brachte und aus der dunkelsten, nicht einmal an Ostern besetzten Ecke der Empore zurückhallte wie das Knurren eines in seinem finsteren Bau lauernden Tieres. Ganz allgemein hatten die Kirchen für mich, der ich sie zu oft an Wochentagen besuchte – wenn der Küster den Abendmahlstisch wie eine Packkiste herumschob und die Kaugummi-Hüllen zusammenfegte, die in den hochheiligen Bezirken des Chores unverschämt glitzerten –, ebensoviel mit Gott zu tun wie Plakattafeln mit Coca-Cola: sie förderten den Durst, ohne ihn zu löschen.
    Aber es hing irgendwie, und hier erlahmt mein deskriptiver Eifer, mit der Einrichtung zusammen: es waren die Möbel, zwischen denen ich erwachte und zwischen denen umherzugehen und einzuschlafen ich lernte, es waren die Verkleidungen der Türen und die Rahmen der Fenster und die Windungen der Geländerstützen, es waren die Teppiche, in denen jeder Faden an einem Muster teilhatte, und die Zimmerdecken, deren zufällige Risse und schwache Verfärbungen zu erreichen ich nie groß genug werden würde – all das überzeugte mich, sagte mir, daß es Gott gab und daß er hier war, gleichmäßig wie die Heizungswärme, und seinen warmen Atem auf meine nackten, in Knopfstiefeln steckenden Beine hauchte. Irgendein Unsichtbarer hatte sich darum gekümmert, alle diese Sachen zu erschaffen. Da war eine Kaminuhr mit einem von Silberschnörkeln gerahmten Zifferblatt, die tickte und die Stunden schlug, bis mit ihrem letzten Glockenschlag die Zeit enden würde, und dann würden die Toten erwachen, und es würde eine neue Zeit beginnen. Und oben hinter der Treppe, da war eine unsichtbare Treppe, die unvorstellbar hoch hinaufführte. Dann war da ein Sofa, auf dem ich, als ich schon etwas älter war, oft lag und Rosinen aß und O. Henry las und John Tunis und Admiral Byrd und träumte. Das Sofa selbst fühlte sich an, als ob es träumte – es war mit der Substanz der Phantasie gepolstert. Und obwohl wir, den Berufungen meines Vaters folgend, von einer Stadt im Innern Amerikas zur andern gezogen waren, blieb dieses Sofa doch eine beständige Insel, so wie die Möbel ein beständiger Beweis für eine den Dingen innewohnende teleologische Neigung waren, eine zeitweilige Schräge wie die eines Umschlags, der sich auf halbem Wege ins dunkle Innere eines Briefkastens befindet.
    Nicht viel als point de départ pour le croyant qui souffre, wie? Nicht einmal der große Beweis aus der Zweckmäßigkeit, denn ich habe vierzig Jahre meines Lebens gebraucht, bis ich begann, meinen Sinn für das Göttliche nach draußen zu übertragen. Sonnenuntergänge, Berggipfel, Seen mit einer wie Seide im Wind gekräuselten Wasseroberfläche – all das hat für mich die leicht betrügerische laute Pracht von Kirchen – eine künstliche Immanenz. Sport- und Golfplätze ausgenommen, zeigt die freie Natur vielmehr einen üblen Aspekt,

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