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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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Gesichtshöhe und hinterließ Fingerabdrücke.
    Der Aufzug blieb im obersten Stockwerk stehen. Sie betrat entschlossen den Treppenabsatz, wählte aus dem Schlüsselbund den Schlüssel, der ihr am passendsten erschien, und das Schloß sprang auf.
    Die Wohnung lag nicht völlig im Dunkeln, einzelne Lichtstreifen unterteilten die Zimmer. Sie fürchtete sich in diesem Halbdunkel und zog sämtliche Rolläden hoch, auch jene des großen Wohnzimmerfensters, und die Sonne flutete herein wie in ihrem Traum. Sie trat ans Fenster: von oben betrachtet war die Stadt wie ein Abbild ihres vergangenen Lebens.
    Sie ging von einem Zimmer ins andere und entdeckte Spuren der Leute, die nach ihr in dieser Wohnung gelebt hatten. Die himmelblaue Tapete im Schlafzimmer, die sie vor so vielen Jahren sorgfältig ausgewählt hatte, war mit einer rosageblümten Tapete überklebt.
    Sie stand am Fenster und sah lange auf die Allee hinunter, die sich in der Ferne verlor. Dabei dachte sie an die unzähligen Male zurück, da sie so auf die Häuser unter ihr hinabgespäht und die anderen Leute um ihr Leben beneidet hatte. Sie ließ sich auf den Boden gleiten und blieb mit dem Rücken an der Wand bewegungslos sitzen, bis das Klingeln des Telefons sie aufschrecken ließ. Sie stand auf und lief durch alle Zimmer; schließlich fand sie den Apparat halbverdeckt von einer Teppichrolle auf dem Boden. Sie ging vorsichtig darauf zu, hob den Hörer ab und wartete schweigend.
    »Mantero?« fragte eine Männerstimme.
    »Ja?«
    »Alma, hier ist Dr. Guthrie …«
    Veronicas Blicke irrten in der leeren Wohnung umher, sie sah die Spuren, die die Bilder an den Wänden hinterlassen hatten. Alles schien gleichzeitig stillzustehen und unaufhaltsam weiterzulaufen. Sie fühlte sich wie eines jener kleinen fliehenden Tiere, die, in die Enge getrieben, weder vor noch zurück können.
    »Ist alles in Ordnung?« fragte er weiter.
    Veronica schwieg.
    »Wir müssen uns treffen, Veronica, es ist sehr wichtig.«
    Als sie ihren richtigen Namen hörte, kam sie wieder zu sich und war fähig zu sprechen.
    »Wie haben Sie mich denn gefunden?«
    »Es war nicht leicht, aber Hauptsache, ich habe es geschafft. Hören Sie jetzt gut zu, Sie müssen sofort aus diesem Haus heraus. Lassen Sie sich von einem Taxi zum Corso Garibaldi fahren. Dort an der Ecke ist ein Lokal, es heißt Radetzky, der Taxifahrer kennt es bestimmt. Ist das klar?«
    »Doktor!«
    »Ja?«
    »Sind Sie gekommen, um mir zu helfen?«
    »Ja. Keine Angst, ich lasse Sie nicht im Stich.«
    Veronica legte auf. Die Sonne drang durch die offenen Fenster herein, die Zimmer waren so hell wie früher. Sie erhob sich, sah sich ein letztes Mal in ihrer Wohnung um und ging.
     
     
    Als Guthrie einhängte, stellte Ogden den Verstärker ab, über den er das Gespräch mitgehört hatte. Sie befanden sich in Vernons Bibliothek, der ehemalige Agent hatte ihnen sein Haus zur Verfügung gestellt und Ogden zuvor mitgeteilt, was er über Veronica herausbekommen hatte.
    »Alle Achtung«, sagte Ogden. »Veronica hat unverhofft gut auf Ihre Telefontherapie reagiert …«
    Guthrie lächelte müde.
    »Spotten Sie nicht, was Sie da sagen, stimmt genau: Veronica hat sich nicht gegen meine Einmischung gewehrt, das Jahr Arbeit ist nicht ganz umsonst gewesen …«
    »Ich wollte gar nicht spotten«, sagte Ogden. »Vielleicht wäre ich einfach nur selber gern so effizient gewesen. Gehen wir jetzt, es bleibt uns nicht viel Zeit. Wenn wir uns dem Lokal nähern, gehen Sie voran, ich bleibe in einem gewissen Abstand hinter Ihnen, um Ihnen den Rücken zu decken und gleichzeitig zu verhindern, daß Veronica wieder flieht wie in Wien, bevor Sie sie überzeugen können. Sobald Sie im Lokal sind, haben Sie eine Viertelstunde Zeit. Versuchen Sie sie zu überreden.«
    »Und wenn mir das nicht gelingt?«
    Ogden zuckte die Achseln.
    »Wir nehmen sie mit, ob sie will oder nicht. Wenn die Situation vor der festgesetzten Zeit entgleist, stehe ich draußen bereit. Dann schlagen wir eine härtere Gangart an.«
    »Was denn für eine härtere Gangart?«
    »Wenn Veronica zu fliehen versucht, gehen Sie ihr nach und bleiben an ihrer Seite. Draußen bin dann ich; mit mir an der einen Seite und Ihnen an der anderen wird es nicht so schwierig sein, sie bis zum Auto zu eskortieren. Wir haben keine andere Wahl, das wissen Sie doch genau, oder?«
    Als sie das Haus verließen, war der Himmel klar und blau, die Blumen im Garten leuchteten in der Nachmittagssonne.
    »Wenn alles gutgeht,

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