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Der Staubozean

Titel: Der Staubozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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unsere Seesäcke und Fremdenausweise mit. Die ersten drei Schiffe wollten nichts mit uns zu tun haben. Sie waren zwar bereit, mich als Koch zu nehmen, wollten aber von Calothrick, der zu offenkundig ein Ignorant war, nichts wissen.
    Schließlich kamen wir zu dem braven Schiff Lunglance, das unter dem Kommando eines gewissen Nils Desperandum stand. Desperandum - klar erkennbar ein Pseudonym - war ebenfalls ein Außenweltler. Er war ein massiger Mann, groß geworden unter einer Schwerkraft von doppelter Erdanziehungskraft.
    Obwohl er nur einen Meter fünfzig groß war, verfügte Desperandum mit seiner unglaublichen Masse und dem dichten blonden Bart über eine Gehorsam erheischende Erscheinung. Er musterte uns. »Koch und einfacher Matrose?« fragte er scharf.
    »Ääh … aye, aye, Sir«, setzte Calothrick an, aber mit einem schnellen »Yes, Sir« schnitt ich ihm das Wort ab.
    »Irgendwas dagegen, mit Außenweltlern zu segeln? Auf diesem Kahn nehmen wir's nicht so genau.«
    »Überhaupt nicht, Käpt'n, wenn sie nichts dagegen haben, mit uns zu segeln.«
    »Sehr gut, dann schreibt euch ein. Der Gewinnanteil des Kochs beträgt ein Fünfundzwanzigstel. Mr. Calothrick, ich fürchte, mehr als ein Dreihundertstel kann ich Ihnen nicht anbieten. Aber es gibt einen Bonus, wenn die Fahrt gut verläuft.«
    Calothricks Gesicht verdüsterte sich, aber ich schaltete mich ein, ehe er irgendwelche Einwände erheben konnte. »Wir sind damit einverstanden, Käpt'n.«
    »Gut. Calothrick, fragen Sie Mr. Bogunheim nach einer Koje. Er ist unser dritter Maat. Morgen setzen wir die Segel.«
    Wir setzten unsere Unterschrift ins Logbuch und waren abfahrbereit. Die Lunglance war ein typisches Beispiel für einen Staub walfänger-Trimaran. Sie war fünfunddreißig Meter lang und am Querholz dreißig Meter breit. Sie war ausschließlich aus Metall gebaut, da Nullaqua kein Holz hat. Ihre drei Metallrümpfe wurden durch die Schmirgelwirkung des Staubmeers ständig auf Hochglanz poliert. Sie besaß vier Masten und eine verwirrende Anzahl von Segeln: Marssegel, Bramsegel, vordere Oberbramsegel, Großsegel und Besansegel, zwanzig Stück alles in allem. Ihr Deck war von einer Art Kunststoff überzogen, der aus Schmierfett und gepreßten Walknochen gewonnen wurde; sonst hätte die gnadenlose nullaquanische Sonne das Deck so sehr erhitzt, daß man nicht mehr darauf hätte stehen können. Die Mannschaft schlief in luftdichten, mit Filtern ausgestatteten Walhautzelten, die mit großen Eisenringen und -bolzen am Deck befestigt waren.
    Kapitän Desperandum schlief in seiner Kabine unter Deck am Heck; ich schlief in der Nähe des Bugs in der Küche, direkt neben dem Vorratslager des Schiffs. Beide Kabinen waren über den Luken durch elektrostatische Felder vor dem Staub abgeschirmt. Die Felder wurden von einem kleinen Generator im mittleren Rumpf mit Energie versorgt; er lief mit Waltran.
    Fünfundzwanzig Männer waren an Bord: ich selbst, der Koch, Kapitän Desperandum und seine drei Maats, Flack, Grent und Bogunheim; zwei Küfer, zwei Schmiede, unser Kajütenjunge Meggle und fünfzehn Matrosen. Alle außer Calothrick waren stämmige Nullaquaner mit haarigen Nasen und erschreckend anonymen Gesichtszügen.
    Und dann war da noch unser Ausguck, die chirurgisch veränderte fremde Frau, Dalusa. Von ihr werde ich später noch viel zu berichten haben.

3
    Ein Gespräch mit dem Ausguckposten
     
    I M M ORGENGRAUEN SETZTEN WIR S EGEL und nahmen Kurs auf die Krillgründe nahe der Seemöwen-Halbinsel. Das Frühstück bestand aus Haferschleim und erforderte meinerseits wenig Mühe; der Kapitän und seine Maate aßen Gebäck und geräucherten Tintenfisch.
    Die Mannschaft aß auf Deck in einem langgestreckten Kombüsenzelt. Selbst ohne Maske ist der nullaquanische Matrose, wenn er auf See ist, ungewöhnlich wortkarg. Ich bemerkte, daß Calothrick in der Nacht seine Maske bemalt hatte; jetzt trug er auf jeder Wange einen blauen gezackten Blitz. Das Zeichen war einzigartig, kein eingeborener Nullaquaner hatte jemals einen Blitz gesehen.
    Nach einigem Nachdenken entschied ich mich für ein gebrochenes Herz als mein eigenes Motiv.
    Die Mittagsmahlzeit erwies sich als schwieriger. Mein Vorgänger hatte mir arg zugerichtete Utensilien hinterlassen, große Töpfe und Schüsseln von zweifelhafter Sauberkeit und ein Regal voll unbeschrifteter Gewürze. Ich bin stolz auf meine Beherrschung der gastronomischen Kunst,, aber diese primitiven Bedingungen behinderten mich doch sehr
    ich

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