Der Staubozean
irgendwie nicht. Ihr Gang war ein wenig schief, fast ein Watscheln. Es schien offenkundig, daß sie mit Beinen geboren worden war, die sich von ihren jetzigen pseudomenschlichen Gliedmaßen radikal unterschieden.
Dalusa hatte schulterlanges schwarzes Haar, das von dem gleichen trüben Glanz wie der samtene Pelz auf ihren Schwingen war.
Sie sprach. Ihre Stimme war ein leiser, melodischer Bariton, so erstaunlich in seiner zarten klanglichen Andersartigkeit, daß ich beinahe nicht auf ihre Worte achtete.
»Sind Sie der Koch?«
»Jawohl, Madam«, sagte ich nach einer Pause. »John Newhouse aus Venedig, Erde. Was kann ich für Sie tun?«
»Jonnuhaus?« wiederholte sie blinzelnd.
»Jawohl.«
»Mein Name ist Dalusa, ich bin der Ausguckposten. Möchten Sie meine Hand schütteln?«
Ich schüttelte ihre Hand. Ihr Griff war schwach und ihre Hand außergewöhnlich heiß, aber nicht feucht. Offenbar war ihre Körpertemperatur um einige Grade höher als die eines Menschen.
»Sie reden ja«, sagte sie, »das ist schön. Von den Matrosen spricht keiner mit mir - eine Art Brauchtum, denke ich. Ich vermute, sie glauben, ich bedeute Unglück.«
»Wie kurzsichtig von ihnen«, sagte ich.
»Und Kapitän Desperandum ist sehr verschlossen. Sagten Sie nicht, Sie kämen von der Erde?«
»Ja.«
»Das ist die Geburtsstätte der Menschheit, nicht wahr? Sie und ich, wir werden einmal darüber sprechen müssen. Ich bin sehr daran interessiert. Ich wollte Ihnen eigentlich sagen, daß ich die Erlaubnis habe, meine eigenen Mahlzeiten zuzubereiten. Ich fürchte, ich muß einen Teil Ihrer Küche in Anspruch nehmen.«
»Vielleicht mögen Sie meine Art zu kochen nicht. Ich kenne auch andere Arten.«
»O nein, nein, das ist es nicht. Aber es gibt Spurenelemente … und ich bin gegen Proteine in der Nahrung allergisch. Und dann sind da noch Bakterien. Ich muß viele Vorschriftsmaßnahmen treffen.«
»Dann werden Sie wohl oft hier sein.«
»Ja. Ich bewahre meine Nahrungsmittel in dieser Kiste auf.« Mit ihren unnatürlich verlängerten Armen wies sie auf einen blauen, von Metallbändern umgebenen Behälter. Er stand unter einem Eisentisch, der am Küchenboden festgeschraubt war.
Ich prüfte ein halbes Dutzend aufgehender Törtchen im Herd, während die fremdartige Frau ihre Kiste hervorzog und öffnete. Sie nahm einen Messingtopf und besprühte ihn dann mit antibiotischem Allzweck-Aerosol.
»Ist das Ihre erste Walfängerreise?« fragte ich.
Sie schüttelte ein halbes Dutzend biskuitähnlicher Fleischscheiben in den Topf, streute Gewürze darüber und setzte den Topf auf die Waltranpfanne. Ich betätigte ein paarmal die Handpumpe, um sicherzugehen, daß sie gleichmäßig brannte.
»O nein; das ist meine dritte Reise mit Kapitän Desperandum. Nach dieser Fahrt werde ich wohl genug Geld zusammengespart haben, um den Planeten zu verlassen.«
»Wollen Sie ihn unbedingt verlassen?«
»Unbedingt!«
»Warum sind Sie dann überhaupt hierhergekommen?«
»Freunde haben mich mitgenommen. Zumindest dachte ich, sie seien meine Freunde. Aber sie haben mich hier zurückgelassen … Ich habe sie nicht verstanden. Vielleicht konnte ich es nicht.«
Ein schwacher, beißender Hauch bratenden fremdartigen Fleischs kam vom Herd. »Eine grundlegende psychologische Dichotomie«, vermutete ich.
»Nein. Ich bin sicher, das kann es nicht sein. Nein, mit meinen eigenen Leuten war es noch schlimmer. Ich habe nie zu ihnen gepaßt, bin nie akzeptiert worden. Ich war nie kikiye'.« Ihr veränderter Mund machte verzerrte Bewegungen, um das Wort auszusprechen.
»Deshalb haben Sie sich also verändern lassen.«
»Was dagegen?«
»Ganz und gar nicht. Sie sind also hier zurückgeblieben, brauchen Geld und haben bei Desperandum angeheuert?«
»So ist es.« Sie nahm einen biegsamen Spachtel aus der Schublade, besprühte ihn mit Aerosol und wendete die Fleischscheiben. »Sonst wollte mich niemand nehmen.«
»Und Desperandum nimmt's nicht so genau.«
»Richtig. Er ist natürlich ein Fremder, und er ist auch sehr alt. Glaube ich.«
Das waren schlechte Neuigkeiten. Es war nicht abzusehen, welches bizarre Verhalten ich von Desperandum zu erwarten hatte. Menschen werden gerissen und ihre Motive seltsam, wenn die unterbewußte Todessehnsucht sich als verräterisch herausstellt.
»Er scheint ein ganz anständiger Kerl zu sein«, sagte ich und lächelte. »Zumindest hat er einigen Geschmack bewiesen, indem er Sie angeheuert hat.«
»Sie sind sehr freundlich.« Sie nahm
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