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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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methodisch. Wo Finan und ich unüberlegt und eigensinnig sein konnten, setzte Osferth Klugheit ein, und das war kein Nachteil für einen Krieger.
    «Haesten leckt immer noch seine Wunden», berichtete er mir.
    «Wir hätten ihn töten sollen», murrte ich. Haesten hatte sich nach Ceaster zurückgezogen, nachdem ich seine Flotte und seine Armee bei Beamfleot zerstört hatte. Mein Gefühl hatte mir geraten, ihn nach Ceaster zu verfolgen und seinen Narreteien ein für allemal ein Ende zu bereiten. Doch Alfred hatte seine Haustruppen zurück in Wessex haben wollen, und ich hatte nicht genügend Männer, um die Römerfestung bei Ceaster zu belagern, und deshalb lebte Haesten noch. Wir beobachteten ihn und suchten nach Hinweisen, dass er wieder Männer anwarb, doch Osferth war eher der Ansicht, Haesten würde immer schwächer und nicht stärker werden.
    «Bald ist er gezwungen, seinen Stolz hinunterzuschlucken und jemandem den Treueid zu schwören», lautete Osferths Meinung.
    «Und zwar Sigurd oder Cnut», sagte ich. Sigurd und Cnut waren zu dieser Zeit die mächtigsten Dänen in Britannien, auch wenn keiner von ihnen ein König war. Sie hatten Land, Vermögen, Schafe, Rinderherden, Silber, Schiffe, Männer und Ehrgeiz. «Warum sollten sie Ostanglien wollen?», überlegte ich laut.
    «Warum nicht?», fragte Finan.
    «Weil sie Wessex wollen», sagte ich.
    «Sie wollen ganz Britannien», sagte Finan.
    «Sie warten», sagte Osferth.
    «Auf was?»
    «Auf Alfreds Tod», sagte er. Er bezeichnete Alfred nur selten mit «mein Vater», als ob er sich, ebenso wie der König, seiner Geburt schämte.
    «Oh, was es danach für ein Durcheinander geben wird», bemerkte Finan genüsslich.
    «Edward wird ein guter König sein», sagte Osferth vorwurfsvoll.
    «Er wird darum kämpfen müssen», sagte ich. «Die Dänen werden ihn auf die Probe stellen.»
    «Und werdet Ihr für ihn kämpfen?», fragte Osferth.
    «Ich mag Edward», sagte ich unverbindlich. Ich mochte ihn tatsächlich. Als Kind hatte er mir leidgetan, weil ihn sein Vater unter die Aufsicht glühend frommer Priester gestellt hatte, deren Aufgabe es war, aus Edward einen fehlerlosen Erben für Alfreds christliches Königreich zu machen. Als ich ihm später wieder begegnete, kurz vor der Schlacht bei Beamfleot, hatte er überheblich und engstirnig auf mich gewirkt, doch dann hatte er das Zusammensein mit den Kriegern genossen, und seine Überheblichkeit war verschwunden. Bei Beamfleot hatte er gut gekämpft, und nun, wenn man Willibalds Klatschgeschichten glauben durfte, hatte er auch mit der Sünde seine ersten Erfahrungen gemacht.
    «Seine Schwester würde wollen, dass Ihr ihn unterstützt», sagte Osferth spitz und brachte Finan damit zum Lachen. Jedermann wusste, dass Æthelflæd meine Geliebte war, genauso wie jeder wusste, dass Æthelflæds Vater auch Osferths Vater war, doch die meisten Menschen gaben aus Höflichkeit vor, es nicht zu wissen, und Osferths spitze Bemerkung war das Äußerste, was er wagte, um auf meine Beziehung zu seiner Halbschwester hinzuweisen. Ich hätte das Weihnachtsfest am liebsten mit Æthelflæd verbracht, doch Osferth erklärte mir, sie sei nach Wintanceaster gerufen worden, und ich wusste, dass ich an Alfreds Tisch nicht willkommen war. Davon abgesehen hatte ich nun die Pflicht, den magischen Fisch zu Eohric zu bringen, und ich machte mir Sorgen darüber, dass Sigurd und Cnut einen Beutezug durch meine Ländereien unternehmen könnten, während ich in Ostanglien war.
    Sigurd und Cnut waren im Sommer zuvor südwärts gesegelt, um ihre Schiffe an die Südküste von Wessex zu bringen, während Haestens Armee in Mercien plünderte. Die beiden northumbrischen Dänen hatten Alfreds Truppen ablenken wollen, während Haesten an der Nordgrenze von Wessex wütete. Doch Alfred hatte mir seine Armee trotzdem geschickt, Haesten hatte seine Machtstellung verloren, und Sigurd und Cnut hatten festgestellt, dass sie außerstande waren, auch nur eine von Alfreds Wehrstädten zu erobern, die mit Festungsanlagen gesicherten Städte, die überall auf sächsischem Gebiet verteilt lagen. Und so waren sie auf ihre Schiffe zurückgekehrt. Ich wusste, dass sie keine Ruhe geben würden. Sie waren Dänen, was bedeutete, dass sie Böses im Schilde führten.
    Also nahm ich am nächsten Tag bei tauendem Schnee Finan, Osferth und dreißig Männer mit Richtung Norden zu Aldermann Beornnoth. Ich mochte Beornnoth. Er war alt, grau, lahm und hitzköpfig. Seine Besitzungen lagen

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