Der Sternenkavalier
Nap, der noch immer den Kopf aus der Dachluke steckte, ergötzte sich an dem wunderlichen Bild, das sein die Sterne dirigierender Meister bot. Die dürren Arme zum Himmel gereckt, vollführte Eto sein weltveränderndes Werk. Wie von einem Zauberstab berührt, verließen die Sonnen, Planeten und Monde den ihnen von der Natur angestammten Platz und fügten sich zu einer neuen, ästhetischen Grundsätzen folgenden Ordnung. Doch einer der Sterne, ein etwas dicklicher Planet, fand in der neuen Ordnung keinen Platz und verdrückte sich, als schäme er sich seiner Überflüssigkeit, seitwärts aus dem Himmelsquadrat, um in der Nähe der Rakete stehenzubleiben.
Sobald As diesen unerwarteten Tatbestand konstatiert hatte, zog er seinen Kopf aus der Dachluke und befragte den Rechenautomaten, doch der wußte nichts darauf zu sagen. Da konnte nur der Meister selbst helfen, und der half sich damit, daß er den übrigen Stern für einen unästhetischen Rest erklärte.
„Er ist“, sagte Eto Schik, „eine Art natürlicher Überschuß. Die Natur bringt in ihrer blinden Schöpferkraft mehr hervor als in die Ästhetik paßt.“
„Und wohin jetzt mit dem Kerl?“ fragte As. „Wir können ihn doch nicht gut da stehenlassen.“
„Wir nehmen ihn mit“, erklärte Eto, „vielleicht haben wir schon im nächsten Himmelsquadrat eine Verwendung für ihn.“ „Um Himmels willen“, rief As, „wenn dort nun auch, statt daß einer fehlt, ein Stern übrig ist, dann haben wir zwei am Halse! Und beim nächsten Quadrat womöglich noch einen. Wo soll das hinführen?“
„Man muß nicht gleich das Schlimmste annehmen“, meinte Eto, „im ganzen gleicht sich alles aus, das besagt die Wahrscheinlichkeitsrechnung.“
„Im ganzen vielleicht“, sagte As, „nur können wir bis dahin nicht sämtliche überzähligen Sterne mit uns herumschleppen.“
Eto hatte sich indessen an die Antenne gelehnt, kreuzte die Arme über der Brust und schaute mit verklärtem Blick auf das von ihm geschaffene Sternenbild. Um ihn darin nicht zu stören, hielt As des weiteren den Mund, holte einen Liegestuhl aus dem Kabuff, stellte ihn am anderen Ende des Raketendaches auf und machte es sich darin bequem. Auf diese Weise verbrachten die beiden einige Zeit zu ihrem eigenen Wohlgefallen. Endlich fiel Etos Blick auf den Stern, der noch immer wie ein ausgescholtenes Kind nahe der Rakete stand.
„Da kann er wirklich nicht stehenbleiben“, sagte Eto.
As Nap, der in einen wohligen Schlummer versunken war, öffnete vorsichtig die Augen und dachte eine Weile nach.
„Na schön“, sagte er endlich, „nehmen wir ihn mit. Beim nächsten Himmelsquadrat rechnen wir aber vorher aus, ob einer übrigbleibt.“
Dagegen war nichts zu sagen. Eto sagte auch nichts. As klappte den Liegestuhl zusammen, schob ihn durch die Dachluke und verstaute ihn im Kabuff. Danach machte er sich über den Rechenautomaten her. Wenn sie den Stern mitnehmen wollten, mußten sie ihn an einen Gravitationsstrahl hängen, und so ein Strahl will schließlich errechnet sein. Doch derlei war für den Automaten eine Kleinigkeit. Er spuckte denn auch binnen kurzem die erforderliche Zahlenkombination aus. As rief sie dem Meister, der noch auf dem Dache stand, zu, und der verband, sobald er sein Stöckchen eingestellt hatte, Rakete und Stern mit einem haltbaren Gravitationsfaden. Dann stieg er zu As in die Steuerkabine, die eher wie eine unaufgeräumte Studentenbude aussah, und hockte sich auf eine der beiden längsseits aufgestellten Pritschen.
„Alles fertig?“ fragte As.
Eto nickte.
„Dann ab die Fuhre!“ rief As und drückte den Starter. Danach zündete er die Triebwerke und blickte auf den Tachometer. „Ein ganz schöner Klotz am Bein, dieser Stern“, meinte As, „bei voller Kraft machen wir nur halbe Fahrt.“
„Gib doppelte Kraft“, meinte der Großmeister, „dann machen wir volle Fahrt.“ „Oder der Faden reißt“, entgegnete As.
Eto schwieg. Er war bereits mit dem Muster für das nächste Himmelsquadrat beschäftigt. Diesmal wollte er eine Rosette bilden. Da kam es auf einen Stern mehr oder weniger nicht so genau an. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn plötzlich riß As Nap sein linkes Auge auf, rieb es heftig und riß es noch weiter auf.
„Wenn mich nicht alles täuscht“, rief er, „so nähern wir uns einem bewohnten Stern!“
„Das wäre ärgerlich“, meinte Eto, „in dem Falle müßten wir die Leute wegen der Umgestaltung des Himmels um Erlaubnis fragen.
Weitere Kostenlose Bücher