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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Varinas, wir bilden doch das hydrographische Verbindungsglied zwischen den Amazonasländern und der venezuolanischen Republik!
    – Und wir zwischen Venezuela und Columbia!
    – Ach, ich bitte Sie!… Giebt es denn da gar keinen Apure, der einen Weg für die Schiffe bietet?
    – Und auf Ihrer Seite etwa keinen Cassiquiare, wie?
    – Ihr Guaviare hat weiter nichts als Schildkröten!
    – Und Ihr Atabapo nichts andres als Muskitos…
    – Uebrigens ergießt sich der Guaviare, wie alle Welt weiß, hier, wo wir sind, schließlich in den Atabapo…
    – Fehlgeschoffen, der Atabapo verschwindet im Guaviare, wie alle Leute mit gesundem Menschenverstand zugeben, und die Wasserzufuhr des Guaviare beträgt auch nicht weniger als dreitausendzweihundert Cubikmeter…
    – Und wie die Donau, fiel hier Germain Paterne, den Dichter der »Orientales« citierend, ein:
     
    »…. strömt er
    Vom Abendlande zum Morgenlande.«
     
    Das war ein Argument, dessen sich Herr Varinas noch nicht bedient hatte, das er aber sorgsam in das Actenbündel des Guaviare einheftete.
    Bei diesem heftigen Wortgefecht zur Hervorhebung der Bedeutung der beiden Nebenflüsse konnte sich Herr Miguel des Lächelns nicht erwehren. Er ließ den Orinoco ruhig seine zweitausendfünfhundert Kilometer dahinströmen, von der Sierra Parima an bis zu seinem fünfzigarmigen Delta, das sich an der Küste des Atlantischen Oceans verzweigt.
    Inzwischen erlitten die nöthigen Vorbereitungen keine Unterbrechung. Die Piroguen, die nun untersucht, ausgebessert, in völlig tadellosen Stand versetzt und frisch verproviantiert waren, lagen am 9. Januar zur Abfahrt bereit.
    Jacques und Jeanne Helloch schrieben noch einen Brief an ihren Vater – einen Brief, in dem auch der Sergeant Martial und der junge Indianer nicht vergessen waren. Dieses Schreiben gelangte nach Santa-Juana durch Händler, die mit Eintritt der Regenzeit den Strom hinauszufahren pflegen. Es sagte Alles, was zwei dankerfüllte, glückliche Herzen nur sagen können.
    Am Tage vor der Abreise erhielten die Passagiere zum letzten Male eine Einladung zum Gouverneur von San-Fernando. An diesem Abend herrschte Waffenstillstand, die hydrographische Streitaxt blieb einstweilen begraben. Nicht als ob das Thema etwa erschöpft gewesen wäre, die Gegner hatten ja aber noch Monate und Jahre vor sich, jene lustig zu schwingen.
    »Ihre »Maripare«, Herr Miguel, fragte die junge Frau, wird morgen also die »Gallinetta« und die »Moriche« nicht begleiten?
    – Es scheint nicht so, verehrte Frau, antwortete Herr Miguel, der sich ja fügen mußte, seinen Aufenthalt am Zusammenflusse des Guaviare und des Atabapo noch zu verlängern.
    – Ja, wir müssen uns noch über einige wichtige Punkte klar werden, ließ sich Herr Varinas vernehmen.
    – Und haben noch einige Untersuchungen auszuführen, setzte Herr Felipe hinzu.
    – Dann also, auf Wiedersehen, meine Herren! sagte Jacques Helloch.
    – Auf Wiedersehen?… fragte Herr Miguel verwundert.
    – Jawohl, erwiderte Germain Paterne, und zwar in San-Fernando… wenn wir wieder hier vorüberkommen… etwa nach sechs Monaten… denn es ist doch kaum wahrscheinlich, daß die hochwichtige Frage…«
    Am nächsten Tage, am 9. Januar, schifften sich die Reisenden, nach herzlichem Abschied von dem Gouverneur, wie von Herrn Miguel und seinen Collegen, wieder ein, und schnell dahingetragen von der Strömung des Flusses – ob dieser sich nun Atabapo, Guaviare oder Orinoco nannte – verloren die beiden Piroguen den Flecken San-Fernando bald aus dem Gesicht.
    Kaum eine Stunde später erkannte die junge Frau die Stelle wieder, wo die beiden Falcas am rechten Ufer gestrandet waren, und auch die, wo Jacques sie bei dem entsetzlichen Tosen des Chubasco mit Gefahr seines Lebens gerettet hatte.
    »Ja… meine geliebte Jeanne… hier war es…
    – Hier, mein Jacques, wo in Dir der Gedanke aufkam, Deinen lieben Jean nicht zu verlassen… ihn durch so viele Fährlichkeiten bis zum Ziele seiner Reise zu begleiten.
    – Und wer war damit nicht zufrieden? rief Germain Paterne. Das war der gute Sergeant Martial. O, der Onkel hatte seine wahre Noth mit dem Neffen, der ihm nichts zu Danke machen konnte.«
    Im Laufe der folgenden Tage legten die von der Brise immer begünstigten Piroguen schnell eine große Strecke zurück. Sie überwanden ohne Schwierigkeit die Raudals von Mapure und Ature, die jetzt nur flußabwärts zu passieren waren, und kamen bald nach der Mündung des Meta und nach dem Dorfe

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