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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schämte mich, daß ich mich wegen einer Wilden so aufregte; ich schämte mich auch wegen der Heirat und wegen des Trauscheins, den sie wie einen Schatz in ihrem Leibschurz geborgen hatte; und ich drehte mich um und tat, wie wenn ich unter meinen Kisten herumkramte. Das erste, was mir in die Hand kam, war eine Kiste mit Gin – die einzige, die ich mitgebracht hatte; und zum Teil um des Mädchens willen, zum Teil aus Abscheu bei der Erinnerung an den alten Randall faßte ich plötzlich einen Entschluß. Ich schlug den Deckel zurück. Eine nach der ändern öffnete ich die Flaschen mit einem Taschenkorkzieher und schickte Uma hinaus, um das Zeug über das Verandageländer auszuschütten.
    Nach der letzten kam sie wieder herein und sah mich an, wie wenn sie nicht wüßte, was sie denken sollte.
    »Nicht gut!« sagte ich, denn ich hatte jetzt meine Sprache wiedergefunden. »Mensch trinkt, er nicht gut.«
    Hierin gab sie mir recht, aber sie blieb nachdenklich, und plötzlich fragte sie:
    »Warum Ihr bringen ihn? Wenn nicht brauchen trinken, Ihr nicht bringen ihn, ich denke.«
    »Schon recht. Manchmal ich möchte zu viel trinken; jetzt nicht brauche. Siehst du, ich nicht wußte, ich kriege kleine Frau. Wenn ich trinke Gin, meine kleine Frau hat Angst.«
    Daß ich so freundlich zu ihr sprach, war mehr, als ich eigentlich wollte; ich hatte mir geschworen, mich niemals auf eine Schwachheit mit einer Eingeborenen einzulassen; aber ich konnte nichts anderes machen, als überhaupt nichts mehr sagen.
    Sie sah mit ernstem Blick auf mich nieder, während ich neben der leeren Kiste saß.
    »Ich denke, Ihr gut Mann.« Und plötzlich war sie vor mir niedergefallen und rief:
    »Ich Euer eigen wie Schwein!«
     

Der Bann
     
    Ich kam am andern Morgen auf die Veranda, gerade bevor die Sonne aufging. Mein Haus war das letzte nach Osten zu; hinter ihm war ein bewaldetes felsiges Vorgebirge, das die aufgehende Sonne verhüllte. Nach Westen zu strömte ein schneller kalter Fluß, und hinter diesem war das Grün des Dorfes mit Gruppen von Kokospalmen und Brotbäumen und Häusern. Bei einigen von diesen waren die Läden geschlossen, bei anderen standen sie offen; ich sah die Moskitonetze noch ausgespannt und in deren Innern Schatten von Menschen, die eben aufgewacht waren und sich aufgerichtet hatten; und überall im Grünen gingen andere Menschen schweigend umher, in ihre bunten Schlafdecken gehüllt, wie Beduinen auf biblischen Bildern. Es war totenstill und feierlich kühl, und das Licht der Morgenfrühe auf der Lagune war wie ein Feuerschein.
    Aber das, was mich beunruhigte, war näher bei mir. Ein paar Dutzend junge Männer und Kinder standen in einer Art von Halbkreis um mein Haus herum; der Fluß trennte sie, einige waren diesseits, andere am jenseitigen Ufer, und einer hockte auf einem Felsblock mitten im Wasser; und sie alle saßen stumm, in ihre Decken eingewickelt, und starrten auf mich und mein Haus unverwandt wie Vorstehhunde. Es kam mir sonderbar vor, als ich ausging. Als ich gebadet hatte und wieder zurückkam und sie alle noch dort fand und noch zwei, drei neue obendrein, da kam es mir noch sonderbarer vor. Ich dachte verwundert bei mir selber, was sie wohl an meinem Hause zu sehen haben könnten, daß sie es so anstarrten, und damit ging ich hinein.
    Aber der Gedanke an dieses Anstarren kam mir nicht aus dem Sinn, und gleich darauf ging ich wieder hinaus. Die Sonne war jetzt aufgegangen, aber sie war noch hinter dem waldigen Vorgebirge. Es mochte vielleicht eine Viertelstunde vergangen sein. Die Menge hatte sich stark vermehrt; das jenseitige Flußufer war eine ganze Strecke breit dicht mit Menschen besetzt – es waren vielleicht dreißig Erwachsene und doppelt soviel Kinder; einige standen, andere hockten auf der Erde, und alle starrten mein Haus an. Ich hatte einmal ein Haus in einem Südseedorf so umringt gesehen; aber da prügelte ein Händler sein Weib, und sie schrie laut. Hier war nichts dergleichen: Das Feuer auf dem Herde brannte, und der Rauch stieg friedlich in die Höhe; alles war in guter Ordnung, wie auf einem Schiff oder in Bristol. Allerdings war ja ein Fremder angekommen, aber sie hatten gestern Gelegenheit gehabt, diesen Fremden zu sehen und hatten sich bei seinem Anblick nicht aufgeregt. Was hatten sie denn jetzt? Ich stützte meine Arme auf das Geländer und spähte hinüber. Irgendein Teufelskram ging da unter ihnen vor! Ab und zu konnte ich die Kinder schwatzen sehen, aber sie sprachen so leise, daß

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