Der Strandlaeufer
seiner Seemannsjacke.
Morgen werde ich meinen Verleger anrufen und ihm sagen, dass ich meine Pläne geändert und den Auftrag angenommen habe, ein Drehbuch zu einem Marconifilm zu schreiben, und dass daraus ein Roman entstehen wird, den ich ihm zur Veröffentlichung anbieten werde.
Ich trinke mein Glas leer, nehme den Füllfederhalter, einen schwarzen Montblanc, den ich aus dem Nachlass meines Vater behalten habe, und beginne auf eine der vielen leeren Seiten des Notizbuches in Versalien zu schreiben:
DER FREIBEUTER DER WELLEN.
Dann in normaler Schrift darunter: »Das Leben Guglielmo Marconis, ein Drehbuch.«
Ich schreibe die ersten Sätze:
Stimme aus dem Off.
Man nannte ihn noch im Alter den Jungen mit dem Drachen, weil er sein Leben lang Antennen an Drachen aufsteigen ließ. Er trug entscheidend zur Entwicklung der drahtlosen Telegraphie bei. Er knüpfte das Netz, in dem sich schließlich der ganze Erdball fing. Ein Erfinder war er, besser gesagt, ein Entdecker neuer Welten, in der die unsichtbaren Wogen eines elektromagnetischen Meeres die kleinen Papierschiffchen und Flaschenpostbotschaften des Lebens von Ufer zu Ufer tragen. Er, Guglielmo Marconi, war der Columbus dieses unsichtbaren Meeres, dessen Wellen immer noch steigen und steigen und uns umspülen, wo immer wir auch sind. Er wagte sich als Erster auf diesen rätselvollen Ozean hinaus. Er besaß die Kühnheit und den Erfindungsreichtum, ihn zu durchqueren mit seinen Antennen, Sendern und Empfängern, um schließlich einen Kontinent zu erreichen, der auf keiner Weltkarte verzeichnet ist und der doch inzwischen unser aller Leben beherrscht: der achte Kontinent, der Kontinent der Information. Marconi war ein Pirat des Äthers, ein Freibeuter der Wellen, ein Liebling der Frauen und ein Mensch, der aus dem tiefsten Inneren seiner Einsamkeit die Möglichkeit förderte, die einst alle Kriege beenden wird, nämlich die des Gesprächs von jedem mit jedem.
Erstes Bild: Ein Junge auf einem Hügel, er lässt einen Drachen steigen.
Die Katze dreht sich auf den Rücken. Sie beginnt zu schnurren, um mich zu locken. Im harten Sonnenlicht schließt sie die Augen. Plötzlich gähnt sie, wobei ihre kleine rosa Zunge sichtbar wird.
Auch mein Wohlbehagen wächst. Ich lege mich auf den harten Boden und starre in den blauen Himmel über mir.
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1. Auflage
Copyright © 2006 by btb Verlag München,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN : 978-3-6410-1341-7
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ebook Erstellung - Juni 2010 - TUX
Ende
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