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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Jahre aus dem Hause zu schicken, um in Paris, Universitätsstraße, im dritten Stock zu leben, und das mit einem Manne, dessen Sprache ich nicht einmal verstehe?… Ueberlegen Sie sich das, mein Herr Méré, und denken Sie sich an meine Stelle!… Nehmen Sie an, Sie wären der Farmer John Watkins, Eigenthümer der Mine der Vandergaart-Kopje, und ich, ich wäre Herr Cyprien Méré, ein junger französischer Gelehrter, der zu Forschungszwecken nach dem Cap der Guten Hoffnung gekommen wäre. Malen Sie sich’s aus. Sie säßen hier im Zimmer, in meinem Lehnstuhle, und schlürften ihren Gin bei einer Pfeife des besten Hamburger Tabaks; würden Sie dann eine Minute, ja nur eine einzige, daran denken, Ihre Tochter unter diesen Verhältnissen heiraten zu lassen?
    – Ganz gewiß, Herr Watkins, antwortete Cyprien, und ohne zu zögern, wenn ich an Ihnen diejenigen Eigenschaften gefunden zu haben glaubte, welche das Lebensglück meines Kindes gewährleisten könnten.
    – So! Dann thäten Sie unrecht, mein lieber Herr, sehr unrecht! erwiderte Mr. Watkins. Sie handelten dann wie ein Mensch, der nicht würdig wäre, die Mine der Vandergaart-Kopje zu besitzen, oder Sie könnten diese vielmehr gar nicht besitzen. Denn glauben Sie vielleicht, sie wäre mir als gebratene Taube zugeflogen? Meinen Sie etwa, es hätte keiner Intelligenz, keines eisernen Fleißes bedurft, um sie anzulegen und vorzüglich mir deren Besitz zu sichern?… Nun also, Herr Méré, diese verständige Einsicht, von welcher ich damals, bei jener denkwürdigen und entscheidenden Angelegenheit, Beweise an den Tag gelegt habe, ziehe ich gern bei allen Vorkommnissen meines Lebens zu Rathe, und vorzüglich dann, wenn diese auch meine Tochter betreffen. Eben deshalb aber wiederhole ich Ihnen, streichen Sie diese Pläne aus Ihren Papieren. Alice ist nicht für Sie geschaffen!«
    Nach diesen mit triumphirendem Tone ausgesprochenen Schlußworten ergriff Mr. Watkins sein Glas und that daraus einen herzhaften Zug.
    Der junge Ingenieur war wie vom Donner gerührt und wußte keine Antwort zu finden. Als der Farmer das bemerkte, trieb er ihn noch weiter in die Enge.
    »Sie sind doch sonderbare Schwärmer, die Franzosen! fuhr er fort; sie halten wahrlich gar nichts für unmöglich; sie kommen an, als wenn sie vom Monde herabgefallen wären, erscheinen im Herzen von Griqualand bei einem grundehrlichen Mann, der bis vor drei Monaten noch kein Sterbenswörtchen von ihnen gehört, und den sie selbst kaum zehn Mal in diesen neunzig Tagen gesehen haben. Sie suchen denselben auf und sagen ohne Umstände zu ihm: John Stapleton Watkins, Sie haben eine reizende, vortrefflich erzogene Tochter, welche allgemein als die Perle des ganzen Landes angesehen wird, und die, was nicht eben schädlich ist, Ihre einzige Erbin zu der reichsten Diamant-Kopje der beiden Welten ist! Ich, ich bin Cyprien Mérè, Ingenieur aus Paris, und habe viertausendachthundert Francs jährliches Einkommen!… Sie werden mir also gefälligst diese junge Dame als Gattin überlassen, damit ich sie in meine Heimat entführe, und Sie nichts wieder von ihr hören – höchstens aus der Ferne durch die Post oder den Telegraphen… Und das würden Sie natürlich finden?… Ich, ich halte es für die reine Tollheit!«
    Ganz bleich geworden, hatte Cyprien sich erhoben. Er ergriff seinen Hut und bereitete sich, fortzugehen.
    »Ja, die reine Tollheit, wiederholte der Farmer. Ah, ich überzuckere die Pille nicht, junger Freund. Ich bin eben Engländer von altem Schrot und Korn. Wie Sie mich hier sehen, bin ich zwar genau so arm gewesen wie Sie, ja, eigentlich noch weit ärmer. Ich habe mich in Allem versucht!… Ich war Schiffsjunge an Bord eines Handelsschiffes; war Büffeljäger in Dakota, Minengräber in Arizona, Schafhirt im Transvaal!… Ich habe Hitze und Kälte, Hunger und Strapazen kennen gelernt!
     

    Der Weg führt über diesen Kamm. (S. 20.)
     
    Im Schweiße meines Angesichts habe ich zwanzig lange Jahre hindurch das Bischen Zwieback verdient, das mein Mittagsmahl bildete. Als ich die selige Mistreß Watkins, die Mutter Alices und die Tochter eines Boer von französischer Abstammung wie Sie 2 – um Ihnen das beiläufig mitzutheilen – heiratete, hatten wir beide zusammen nicht so viel, um eine Ziege ernähren zu können! Aber ich habe gearbeitet… habe nie den Muth sinken lassen!
     

    Es war eine arge, zusammengelaufene Gesellschaft. (S. 21)
     
    Jetzt bin ich reich und denke die Früchte meiner Anstrengungen

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