Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Eigenthümer, in seinem Egoismus in allen seinen Gewohnheiten – er fühlte seine Auflösung herannahen.
Eines Abends zog er Alice und Cyprien zu sich heran, legte ihre Hände in einander und hauchte, ohne ein Wort zu sprechen, den letzten Seufzer aus. Seinen geliebten Stern hatte er nicht vierzehn Tage überlebt. Es schien in der That eine innige Verbindung zwischen dem Glück dieses Mannes und dem Schicksal des merkwürdigen Steines bestanden zu haben. Mindestens wiesen Beide so viel Uebereinstimmendes auf, daß das, wenn auch nicht) vor dem Richterstuhle der Vernunft, doch in gewisser Hinsicht die abergläubischen Voraussetzungen erklärte, welche im Griqualand darüber herrschten. Der »Südstern« hatte seinem Besitzer unzweifelhaft »Unglück gebracht«, mindestens in dem Sinne daß das Auftreten des unvergleichlichen Edelsteins auf dem Schauplatze der Erde den Zeitpunkt bezeichnete, von dem aus das Wohlergehen des alten Farmers sich seinem Niedergange zuneigte.
Was die Schwätzer im Lager aber nicht durchschauten, war der Umstand, daß die Ursache dieses Verfalls in John Watkins’ eigenen Fehlern zu suchen war – Fehler, welche, wie eine Schicksalsbestimmung, die Keime des Verdrusses und des Niederganges in sich trugen.
Thomas Steele jagt nun Füchse. (S. 267.)
So viele Unglückliche hier auf Erden werden als Opfer eines geheimnißvollen Unsterns betrachtet, und doch findet man in der Handlungsweise der Betroffenen, wenn man dieser tiefer auf den Grund geht, die ausreichende Erklärung des Mißgeschicks. Es mag auch unverschuldetes Unglück vorkommen, zugegeben; weit häufiger sind jedoch die Fälle, wo dasselbe, ein Ergebniß unerbittlicher Logik, aus den von dem Subject selbst gelieferten Grundlagen erwächst. Wäre John Watkins minder gewinnsüchtig gewesen, hätte er den kleinen Kohlenkrystallen, welche man Diamanten nennt, nicht eine so ungeheure, fast strafwürdige Bedeutung beigelegt, so würde das Auftauchen wie das Verschwinden des »Südsterns« ihn kalt gelassen haben – wie sie Cyprien kalt ließen – und sein physisches und moralisches Wohlbefinden wäre nicht der Gnade eines derartigen Ereignisses preisgegeben gewesen. Er hatte den Diamanten sein ganzes Herz geweiht, durch die Diamanten mußte er untergehen.
Nach wenigen Wochen wurde die Vermählung Cyprien Méré’s und Alice Watkins’ zu großer Freude Aller in größter Einfachheit gefeiert. Alice ist jetzt die Gattin Cypriens – was konnte sie auf Erden mehr verlangen?
Der junge Ingenieur besaß übrigens auch weit mehr irdische Schätze, als sie gewähnt und er selbst geglaubt hatte.
Infolge der Auffindung des »Südsterns« hatte sein Claim nämlich, ohne sein Zuthun, eine sehr beträchtliche Werthvermehrung erfahren. Während seiner Fahrt durch den Transvaal, wo Thomas Steele inzwischen die Ausbeutung desselben weiter betrieb, hatte sich dieses Theilstückchen der Kopje als ungemein ertragsreich erwiesen, und darauf hin überboten sich viele Käufer, um dasselbe zu erlangen. Vor seiner Abreise nach Europa veräußerte er den Claim auch noch für mehr als hunderttausend Francs, die ihm in klingender Münze erlegt wurden
Alice und Cyprien zögerten nun nicht mehr, das Griqualand zu verlassen, um nach Frankreich zurückzukehren; sie thaten das aber nicht, ohne vorher die Zukunft Lî’s, Bardiks und Matakits zu sichern – ein gutes Werk, an dem sich auch Jacobus Vandergaart seinen Antheil nicht nehmen ließ.
Der alte Steinschneider verkaufte seine Kopje an eine, von dem früheren Händler Nathan gegründete Gesellschaft. Nach glücklicher Durchführung der Liquidation beeilte er sich, in Frankreich seine Adoptivkinder aufzusuchen, welche, Dank der Arbeitslust Cypriens, seiner gern anerkannten Verdienste und dem Empfange, den ihm die gelehrte Welt bei seiner Heimkehr bereitete, auch in günstigen Vermögensverhältnissen leben, nachdem sie das Glück des Herzens vorher an sich zu fesseln gewußt hatten.
Thomas Steele kehrte mit zwanzigtausend Pfund Sterling nach seinem Lancashire zurück, ist jetzt verheiratet, hetzt den Fuchs trotz jedes Edelmanns und leert jeden Abend seine Flasche Portwein; etwas Besseres kann er sich einmal nicht vorstellen.
Die Vandergaart-Kopje ist noch nicht erschöpft, sondern liefert alljährlich im Mittel den fünften Theil der vom Cap ausgeführten Diamanten; kein Minengräber daselbst hat aber je wieder den glücklichen oder unglücklichen Zufall erlebt, einen anderen »Südstern« zu
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