Der Täter / Psychothriller
Winter brummelte einen Kraftausdruck und arbeitete sich sachte voran. Die Basketballschuhe, die ihm bei der Jagd auf der Straße einen nützlichen Dienst erwiesen hatten, drohten, ihn hier im Stich zu lassen, denn auf der glatten Oberfläche der Steine boten sie wenig Halt.
Er merkte, wie er mit dem Fuß wegrutschte. Er stürzte auf die Mole und konnte sich gerade noch fangen, bevor er ins Wasser fiel. Als ihm die Kante eines Felsbrockens ins Knie schnitt, zuckte ihm ein brennender Schmerz durchs Bein. Er fluchte leise und rappelte sich ein wenig unsicher wieder auf. Im selben Moment kniff er die Augen zusammen und musterte sämtliche Steine der Mole.
Genau in diesem Augenblick der Ungewissheit erhob sich der Schattenmann aus dem Dunkel zwischen zwei Felsen und stieß mit einer Kraftanstrengung, unter der ihm ein lautes Stöhnen entwich, die Messerklinge in Simon Winters Richtung.
Bei dem Geräusch warf sich der Detective herum und zog die Schulter ein, um dem Angriff auszuweichen. Es war, als hätte sich ein Teil der Nacht gegen ihn erhoben. Er versuchte, seine Waffe auf die Gestalt zu richten, die sich ihm entgegenstürzte, doch in der Dunkelheit blieb sein Gegner konturlos.
Er konnte sich denken, dass der Mann versuchte, ihn mit dem Messer zu treffen, und stieß einen panischen Angstschrei aus. Er streckte die freie Hand vor, um den Stich abzuwehren. Für eine Sekunde spürte er auf der Handfläche das Brennen eines feinen Schnitts wie von einer Rasierklinge, und so versuchte er, die gegnerische Hand mit der Waffe zu packen, bevor sie ihm die Klinge in die Brust trieb. Mit einem eisernen Griff krallte er dem Schattenmann die Finger ums Handgelenk.
Er merkte, dass dieselbe glitschige Dunkelheit, die ihm selbst zum Verhängnis geworden war, auch den Angriff des Schattenmannes untergrub. Statt wie eine Schlange der Beute die tödlichen Zähne ins Fleisch zu stoßen, war er weggerutscht und ins Wanken geraten, so dass sein Stich abgeschwächt und im schiefen Winkel niederging. Obwohl Winter den feindlichen Arm festhielt, drang die Messerspitze ihm in die lose sitzende Windjacke und schlitzte ihm das Hemd darunter auf, in dem sie für einen winzigen Moment wie ein Fisch im Netz hängen blieb.
Von der Wucht des Angriffs taumelte Winter zurück. Er kam zu Fall und drehte sich dabei wie ein Betrunkener auf dem Eis um die eigene Achse, bevor er hart auf die Felsen prallte. Dabei merkte er, dass er den muskulösen Unterarm immer noch umklammert hielt, denn er wusste, dass er nicht überleben konnte, wenn er den anderen losließ. So grub er dem Mann die Finger ins Fleisch, um das Messer abzuwehren, während er zugleich versuchte, mit dem Revolver in dessen Richtung zu zielen. Der Schattenmann griff nach ihm, und Simon Winter spürte, wie sich ein Schraubstock um sein eigenes Handgelenk legte.
In ihrem wechselseitigen Griff stemmten sich die beiden Männer auf der Felsenmole gegeneinander und versuchten jeweils mit aller Macht, die Oberhand zu gewinnen und den kleinsten Vorteil in den Tod des Gegners umzumünzen. Winter stützte sich mit einem Knie gegen einen Felsen, um die Hebelkraft zu nutzen, und warf sich mit einem Ruck herum, als er bei seinem Widersacher eine zwischenzeitliche Schwäche ahnte. Beide Männer ächzten unter der Anstrengung, sagten jedoch kein Wort, sondern ließen ihre angespannten Muskeln für sich sprechen.
Winter spürte den Atem des Schattenmannes ganz nahe an seinem Hals und brüllte vor Schmerz, als sein Feind ihm ins Schlüsselbein biss. Der Angreifer zog den Kopf zurück, doch Winter zielte mit der Schulter auf seine Nase und hörte einen dumpfen, knirschenden Aufprall. Doch aufgrund der kraftvollen Bewegung verloren sie beide das Gleichgewicht. Wie ein alter Baum in einem Hurrikan schwankten sie und fielen auf den harten Untergrund. Immer noch wie ein mörderisches Tanzpaar umschlungen, rutschten sie von der Mole, stießen ein-, zweimal hart gegen scharfe Kanten und rollten schließlich Hals über Kopf in das schäumende, warme Salzwasser.
Einen Augenblick lang kämpften sie unter der Oberfläche weiter, dann tauchten sie beide zugleich mit den Köpfen durch die tintenschwarze Oberfläche auf.
Winter schnappte nach Luft, während sie zwischen den Wellen herumwirbelten. Er hatte keinen festen Grund mehr unter den Füßen, nichts, wovon er sich abstoßen konnte. Beide gingen sie wieder unter, beide tauchten sie zum Atemholen auf.
Er merkte, wie der Schattenmann unerbittlich mit dem
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