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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Moriarty
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lernte ein Flugzeug zu fliegen und
der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, von dem einen Mal abgesehen, als er einen Ball warf und mir befahl, ihn zurückzubringen.
    »Dad«, sagte ich. »Bin ich etwa ein Hund?« »Lydia«, antwortete er. »Entschuldigung.« Seitdem haben wir nicht mehr miteinander gesprochen. Er ist der schlaueste Mann der Welt, mein Dad, aber das merkt man nicht unbedingt. Ich kann mich leider kaum auf diesen Brief konzentrieren, weil ich ständig mit Tic Tacs bombardiert werde. Soll ich Dir sagen, was wir meiner Meinung nach tun sollten? Du solltest mir Dope schicken und ich sollte es verkaufen. Oder es selbst aufbrauchen. Und das Ganze sollten wir regelmäßig tun. Du schickst mir das Zeug und ich verscherbele es. Es wäre eine Art Drogenhandel. Ich habe gehört, dass ihr an der Brookfield High statt eines Sportplatzes eine Marihuanaplantage habt. Es dürfte also kein Problem für Dich sein, das Zeug zu besorgen. Oder habt Ihr strenge Vorschriften dafür, wer ernten darf? Hoffentlich nicht. Letzte Woche hatte ich Geburtstag und meine Freundinnen Em und Cass haben mir einen Schokoladenkuchen gebacken. Sie haben ganz schön viel Schnaps in den Teig gekippt und der Kuchen hat superlecker, wenn auch ein bisschen seltsam geschmeckt. Was ich damit sagen will, ist, dass wir uns gegenseitig umeinander kümmern, Em und Cass und ich. Sie kümmern sich um mich, indem sie mir einen Geburtstagskuchen backen. Ich kümmere mich um sie, indem ich ihnen Dope besorge. Glaubst Du, Du kannst das Zeug bis zur Mittagspause zu uns rüberbringen?
    Viele Grüße
Lydia Jaackson-Oberman
    PS: Bitte entschuldige meinen langen Namen.
     
     
An einen Schüler von der Brookfield High von einer Ashbury-Schülerin
    Liebes Brooker-Kid,
so nennt Euch unser Englischlehrer nämlich: »Brooker-Kids.« Weil ich das ziemlich lustig finde, habe ich meinen Brief an Dich damit begonnen. Eigentlich wollte ich gar nichts schreiben, aber ich fand es so lustig, als er das sagte, dass ich einfach hingeschrieben habe: »Liebes Brooker-Kid.« Ich heiße Cassie. Ich finde es immer ziemlich lustig, wenn Lehrer versuchen, cool zu sein. Viele Schüler würden ihnen ja dann gerne eine verpassen, aber ich würde sie am liebsten auf einen Stuhl setzen, ihnen die Hand auf die Stirn legen und sagen: »Schon gut, Sie sind erwachsen – Sie dürfen sich wie ein Trottel aufführen. Atmen Sie einfach ruhig ein und aus, dann geht es Ihnen gleich wieder besser.« Worauf sie mich verwirrt, aber gleichzeitig auch erleichtert und mit Tränen in den Augen anschauen würden. Emily hyperventiliert manchmal (Du weißt schon, wo man dann in eine Papiertüte atmen muss?), weil sie so schrecklich sensibel ist. Lydia hyperventiliert nie; sie ist cool wie eine Katze. Em und Lyd sind meine besten Freundinnen, deshalb habe ich sie Dir hiermit vorgestellt. Weißt Du, was ich noch lustig finde? Therapiesitzungen. Gestern Abend bin ich mit meiner Mutter zu einer Therapeutin gegangen. Du findest vielleicht, so etwas ist ein bisschen zu privat, um es in einem Brief an jemanden, den ich noch nie getroffen habe, zu verraten, aber Du vergisst anscheinend, worum es bei einer Therapie geht. Es geht darum, EINER WILDFREMDEN PERSON ALLES ÜBER DICH ZU ERZÄHLEN. Wenn ich Dir also erzähle, dass ich bei einer Therapeutin war, ist das keine große Sache. Du bist kein Wildfremder – Du bist ein Brooker-Kid.
    Ich wusste gar nicht, dass man bei einer Therapie auch Hausaufgaben bekommt, vor allem, weil das Ganze ziemlich teuer ist. Eigentlich sollten wir der Therapeutin Aufgaben geben und nicht umgekehrt, aber so lief es nun mal. Die Therapeutin beugte sich zu mir rüber, ein bisschen zu nah für meinen Geschmack – vielleicht sieht sie schlecht – , dann bot sie mir ein Stück Schokolade an und gab mir eine Hausaufgabe auf. Sie sagte, ich solle mir jemanden suchen, den ich nicht kenne und der nett zu sein scheint, und diesem Jemand von mir erzählen. Du findest, das klingt bescheuert? Ja. Finde ich auch. Die Therapeutin sagte, ich dürfe nicht Em oder Lyd nehmen, weil mich die beiden praktisch schon mein ganzes Leben lang kennen. Sie wolle mich aus meinem bisherigen Muster herausholen, sagte sie, und dieses Muster sei extrem geprägt von meinen beiden besten Freundinnen. Das alles schließt sie aus meiner fünfminütigen Erklärung über Em und Lyd. Ich konnte es kaum glauben, als ich das hörte, und an Deinem Gesicht sehe ich, dass Du

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