Der Tag der zuckersueßen Rache
dann taten.
Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Terpentine!«, rief ich meiner Stiefschwester zu, die ich unter meinem Bett aufbewahre. »HIER STIMMT WAS NICHT!«
»Hier stimmt tatsächlich was nicht«, nickte Terpentine, die sich nac h
dem Aufwachen die Spinnweben aus ihrem silbernen Haar bürstete.
»Du scheinst dich in ein Straßenschild zu verwandeln.«
»Ruf sofort den Arzt!«, befahl ich zitternd.
Terpentine war zwar erst zwei Jahre alt, aber nicht dumm. Ich zeigte
sämtliche Symptome, die für eine solche Verwandlung typisch waren:
einen ziehenden Schmerz in meinen Ellbogen, juckende Hände.
Ich spürte, dass mir nicht viel Zeit bleiben würde. Warum ich?, dachte ich immer wieder. Warum ausgerechnet ich?
Dumme Frage. Die schreckliche Seuche, die alle Menschen in Straßenschilder verwandelte, grassierte nun auch bei uns an der Schule und
dennoch hatte ich mich beim Mittagessen zu den Einbahnstraßenschildern gesetzt. Es hatte also nur eine Frage der Zeit gewesen sein
können.
Aber was würde aus mir werden? Ein Stoppschild? »Vorsicht, Spurrillen«? Oder etwas ganz Ausgefallenes wie »Achtung, Wildgehege«?
Ich hoffte darauf.
Gut, was taten Sie dann?
Ich beschloss, allen Menschen, die ich je getroffen hatte, einen Abschieds-und-Dankesbrief zu schreiben. Unter anderem auch meinem Tennislehrer, den Verkäuferinnen vom Supermarkt und den Schulsekretärinnen.
Dann musste ich an die Katze denken, die unsere Putzfrau letztes Jahr an einem verregneten Tag im August dabeigehabt hatte. Es war eine alte Tigerkatze gewesen. Sie lag in ihrem Korb im Flur und schlief die ganze Zeit, sogar als die Putzfrau um sie herum Staub saugte. Warum hatte sie sie nur mitgebracht?, fragte ich mich nun, als ich mich an diesen seltsamen Tag zurückerinnerte. Warum ausgerechnet an diesem Tag und nicht an einem anderen? Ein Rätsel, keine Frage, aber ein niedliches. »Danke«, würde ich der Tigerkatze schreiben, »danke, dass du ein Teil meines Lebens warst. Ein verschlafener, kleiner Teil meines Lebens.« Tiere zählen schließlich auch.
Großartig! Was passierte dann? Denken Sie daran, sich wirklich darauf zu beschränken, diese einfachen Fragen zu beantworten. Es geht nicht darum, etwas zu erfinden. Ihr Notizbuch TM wird Sie Schritt für Schritt an Ihre schöpferische Vorstellungskraft heranführen. Doch zunächst einmal sollen Sie einfach bei der Wahrheit bleiben!
Das hättet Ihr mir ja auch ganz zu Anfang sagen können. Ich habe eine Menge Mühe in diese Geschichte gesteckt. Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, die Mathestunde ist fast vorbei und gleich fängt Englisch an. Letztes Jahr vergaßen wir ständig, zum Englischunterricht zu gehen, und jetzt wird penibel auf unsere Anwesenheit geachtet.
Gut, Zeit für den ersten Ihrer »Memo Quickies«. Es handelt sich dabei um kurze Gedächtnisübungen, die Ihnen in Ihrem Notizbuch TM noch öfter begegnen werden. Schon bald werden Sie sich sehr auf diese Übungen freuen! Denken Sie kurz nach und beschreiben Sie uns dann Ihren ersten Tag an der Universität.
Ein furchtbarer Tag. Ich war damals erst drei und meine Mutter
zwang mich dazu, ein Lätzchen zu tragen, falls ich mich mit Apfelmus
bekleckern sollte, woraufhin mich die anderen Kinder an der Uni alle
auslachten.
IHR IDIOTEN. ICH GEHE NOCH ZUR SCHULE.
ICH HABE DOCH GERADE ERST VON MEINER MATHELEHRERIN,
MEINER ENGLISCHSTUNDE USW. ERZÄHLT. KLINGT DAS ETWA
NACH UNI? HÖRT MIR ÜBERHAUPT JEMAND ZU?
OFFENBAR NICHT.
Beschreiben Sie uns den Beruf Ihres besten Freundes. Ist er Klempner? Oder vielleicht Buchhalter? Nachfolgend finden Sie einige leere Seiten, damit Sie uns ALLES über Ihren besten Freund erzählen können!
Meine besten Freundinnen sind Emily Thompson und Cassie Aganovic. Wollt Ihr wissen, was Em tun wird, wenn sie herausfindet, dass Ihr sie für eine Klempnerin haltet? Und wollt Ihr wissen, was Cass tun wird, wenn sie herausfindet, dass Ihr alle Leute immer nur als »er« bezeichnet? Ich sitze inzwischen im Englischunterricht und es sind nur noch zwei Minuten bis zum Ende der Stunde. Em sitzt neben mir, Cass hinter uns. Schaut sie Euch an, wenn Ihr wollt. Ich werde das Buch in die Höhe halten, damit Ihr was sehen könnt. Mr Botherit fuchtelt mit den Händen, um zu zeigen, dass er etwas sagen will. Mal sehen, was er loszuwerden hat. Mr Botherit ist ein Idiot. Was er loswerden wollte, ist, dass wir heute mit den Gedichten von Philip Larkin fertig sind. Nächste Woche geht es
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