Der Tanz Der Klingen
könnten wir von hier unten erkennen. Natürlich sind uns die Arzneitruhe des Barons und der Trugbann aufgefallen, den Ihro Gnaden trägt, aber darüber wussten wir bereits Bescheid.«
»Ist etwas davon gefährlich?«, wollte Kühn wissen.
»Nur wenn man zu viel Abführmittel oder Schlaftrunk schluckt.«
»Der hohe Herr trägt einen Trugbann? Was bewirkter?«
»Macht ihn ansprechender für errötende Maiden«, antwortete Trudy. Vermutlich war das tatsächlich alles, was er bewirkte, doch die Arzneitruhe beunruhigte sie noch immer. Jede nur halb erledigte Aufgabe beunruhigte sie.
Mutter Schöllkraut zeigte sich keineswegs belustigt. Sie wollte ihren Schönheitsschlaf. »Ihr wisst, wo Ihr uns findet, falls Ihr uns braucht, Sir Kühn.«
Als sie auf die Tür zusteuerten, griff Bernard abermals in die Trickkiste. Unmittelbar hinter Trudys Ohr, aber laut genug, dass es jeder hören konnte, fragte er: »Frühstück wie üblich, Trudy?«
»Sicher«, gab sie zurück. »Diesmal bei mir.« »Oooooooh, Trudy!«, rief Sir Aragon aus.
»Wir kommen als Anstandswauwaus mit, Trudy«, fügte Sir Richey hinzu.
Sie hatte noch nie mit Bernie zusammen gefrühstückt. Auch im Bett war sie noch nie mit ihm gewesen, wenngleich in jener Nacht nach dem Abendessen nicht viel dazu gefehlt hatte. Wer vermochte zu sagen, was wohl geschehen wäre, wenn sie dienstfrei gehabt hätte?
Sie wusste es natürlich.
Wenngleich nur vom Hörensagen.
Bis jetzt.
Bevor ihr Gesicht auch nur daran denken konnte zu erröten, folgte sie Mutter Schöllkraut in die dunkle Vorhalle und weiter nach draußen. Sie ging einen Schritt die Treppe nach unten, dann hielt sie so jäh inne, dass Unteroffizier Bates beinah in sie hineinlief. Fragend musterte sie den Wachmann, der sich ihnen bei ihrer Ankunft in den Weg gestellt hatte. Er gebarte sich wieder wie eine Statue, aber … aber …
»Stimmt etwas nicht, Schwester?«, erkundigte Bates sich.
»Ich hin nicht sie her.« Trudy spürte etwas. »Geht es Euch gut?«, fragte sie.
»Antworte ihr, Elson!«, befahl der Unteroffizier.
Der Wachmann war überaus groß und besaß einen ungepflegten blonden Bart. Dümmlich blinzelte er auf sie herab. »Gut? ja, Fräulein – will sagen, Schwester.«
Trudy schauderte. Sie besann sich, dass ihr dasselbe auf dem Weg hinein aufgefallen war, nun jedoch schien es stärker. Höchst merkwürdig. Lud völlig unvertraut. Luft? Kein Feuer. Weder Liebe noch Zufall. Zeit, kein Wasser. Tod. Ja, eindeutig eine Menge Tod.
»Was ist denn?« Mutter Schöllkraut war zurückgekommen. »Ähem? Oh, das. Tragt Ihr ein Amulett, Soldat?«
Elson schüttelte den Kopf so heftig, als versuchte er, den Helm abzuwerfen. »Nein. Mutter.«
»Einen Ring vielleicht?«
»Ah, ja, Mutter.«
Mutter Schöllkraut stieß ein heiseres Lachen aus, dann ergriff sie Trudys Arm und führte sie die Stufen hinunter. »Er ist ein junger Mann. Schwester.«
Trudy widerstand der Versuchung zu erwidern, dass sein Bart sie bereits zu dieser Erkenntnis geführt hatte. »Ich verstelle nicht reiht. Mutter.«
Bates brüllte Befehle: der Tross formierte sich wie zuvor und setzte sich den Pfad entlang in Bewegung.
»Beschworene Ringe sind eine verbreitete Form der – ähem! – Familienplanung. Ringe sind nicht hinderlich, wenn man alles andere abgelegt hat. Ich gebe zu, die Beschwörung dieses Soldaten Elson ist ungewöhnlich, keine Formel, der zu begegnen ich mich entsinnen kann, aber Ihr werdet derlei Mittelchen überall im Palast antreffen.«
»Tut mir Leid.« Sie hatte sich blamiert.
»Ich mag Eure junge Klinge, diesen Bernard.« Trudy japste. »Ah … danke.«
»Es muss mühsam für ein Mädchen sein, einen solchen Humor zu ertragen.«
»Bis jetzt komme ich ganz gut damit zurecht.«
»Ist mir aufgefallen.«
»Bernie ist lustig. Aber Ihr solltet Ihn nicht als meine Klinge bezeichnen.«
»Ich denke, das ist er.« Die Mutter seufzte. »Früher beseelte mich eine recht absonderliche Begierde nach Klingen, aber aus der Nähe bekam ich immer Kopfschmerzen von ihren Bindungen. Immer noch. Selbst heute Nacht, obwohl wir nur ein paar Minuten mit ihnen beisammen waren.«
Wenn sie eine Abneigung gegen Klingen hegte, weshalb hatte sie dann einen Posten am Hof angenommen? Jedenfalls war das keine Entschuldigung für ihre Halbherzigkeit bei der Überprüfung der Beschwörungen.
»Mir machen Bindungen nichts aus«, gestand Trudy und versuchte, sich Mutter Schöllkraut vierzig Jahre früher vorzustellen, eine sittsame Maid frisch aus Eichental. Begierde?
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