Der Tanz Der Klingen
angab. Die derben Scherze der anderen waren eine Form von Schmeichelei. Sie zwinkerte zurück.
»Warum habt ihr hier so wenig Licht?«, verlangte Schöllkraut zu erfahren und spähte missbilligend in die Düsternis.
»Klingen besitzen eine gute Nachtsicht«, erklärte Sir Kühn, »aber der eigentliche Grund ist, dass die Gäste jede Kerze und Laterne, die sie finden konnten, mit nach oben genommen haben. Der Baron meinte, sie hätten’s gern so hell wie möglich. Wir kümmern uns darum, dass wir morgen mehr Licht haben.«
Die alte Frau rümpfte die Nase. »Nun, bringen wir es hinter uns. Frisch ans Werk, Schwester.«
Trudy ging zurück zur Tür, um zu beginnen. Die Lakaien mit den Laternen folgten ihr, während die Klingen sich zur Treppe in der Mitte zurückzogen, damit ihre Bindungen die Schwestern nicht ablenkten. Trudy schloss die Augen und lauschte. Sie sog die Luft ein, leckte sich über den Gaumen, achtete auf ungewöhnliche Empfindungen auf der Haut… tat all die seltsamen Dinge, die ihr Gespür für die Geister schärften, Kniffe, die man ihr in Eichental beigebracht hatte. Sie vermisste Eichental und all ihre Freundinnen dort, wenngleich in Eichental ein schwerwiegender Mangel an jungen Männern herrschte, die sich als genau jenes Vergnügen entpuppten, das Trudy sich erträumt hatte.
»Hier ist nichts, Mutter.« Sie begann, den Rand des Saals abzuschreiten und hielt an der ersten Ecke inne. »Aber da oben ist etwas! Überwiegend Luft, ein wenig Feuer und Wasser. Und Liebe.« Abgesehen von Belanglosigkeiten wie Glücksbringern waren Beschwörungen innerhalb des Palastes verboten.
Schöllkraut unterdrückte ein Gähnen. »Dann befinden wir uns unter dem Schlafgemach des Großherzogs. Er trägt eine Art Übersetzungshilfe.«
»Gewiss ein Trugbann, oder? Ich meine«, fügte Trudy rasch hinzu, bevor die alte Schreckschraube sich beleidigt fühlen konnte, »es ähnelt mehr einem Trugbann als alles, dem ich bisher begegnet bin.«
Mutter Schöllkraut schürzte die Lippen, kräuselte sie wie nie zuvor. »Ich glaube, Ihr habt Recht! Ja. Das ist gut. Diese Möglichkeit hatten wir übersehen. Trotzdem ist es harmlos, findet Ihr nicht auch?«
Vielleicht, aber die Regeln besagten … Trudy war an jenem Tag bereits zwei Mal gescholten worden, weil sie etwas erwidert hatte. Die Priorin drohte bereits damit, sie ins fernste Wylderland zu versetzen, wenn sie nicht lernte, ihren Vorgesetzten mit angemessener Achtung zu begegnen. »Ja, Mutter.« Trudy hoffte bloß, der König würde nichts unterzeichnen, solange er sich in der Nähe dieses Banns befand.
Im Beisein der Lakaien marschierten Schwester und Mutter durch das Erdgeschoss, durch verwaiste Küchen, einen Speisesaal, ein Arbeitszimmer. Trudy entdeckte nichts Ungewöhnliches, bis sie beinahe wieder am Ausgangspunkt ihrer Runde angelangt waren.
»Hier ist etwas! Oben, meine ich.« Diesmal erwies es sich als schwieriger zu entwirren. Trudy mühte sich mehrere Minuten lang, aber das Geflecht der Elemente ließ sich nicht einordnen. »Es ist mehr als eine Beschwörung. Ich kann sie nicht eindeutig erkennen. Jedenfalls sind es viele, und alle vermischt.« Ein Schauder kroch ihr über die Haut. »Ich finde, wir sollten hinaufgehen und einen näheren Blick darauf werfen.«
»Das ist Baron von Faders Arzneitruhe«, erklärte Mutter Schöllkraut. »Zumindest waren die Beschwörungen beim Eintreffen darin. Baron von Fader ist Ihro Gnaden Arzt, Außenminister, Schatzmeister und wissen die Geister was sonst noch. Wir haben die Truhe sorgfältig geprüft. Die Priorin hat entschieden, nicht zu verlangen, dass sie geöffnet wird.«
»Warum nicht? Da drin ist Tod!«
»Schwester! Wie Ihr sehr wohl wisst, befindet sich in so gut wie allem Tod. Wurdet Ihr in Eichental etwa nie in den Laden eines Arzneikundigen geführt? Viele Arzneien und Heilkräuter sind in großen Mengen gefährlich. Und Großherzoge genießen nun mal das Vorrecht geringer Zweifel. Also, seid Ihr jetzt fertig?«
»Dieses Ding bereitet mir Unbehagen, Mutter«, entgegnete Trudy stur.
»Es wurde erst heute Morgen genehmigt. Aber prägt es Euch gut ein. Solltet Ihr morgen oder in einer anderen Nacht eine Veränderung daran feststellen, solltet Ihr es der Garde unverzüglich mitteilen. Zögert nicht, um meine Hilfe zu bitten, falls Ihr unsicher seid. Kommt jetzt!«
Damit ging sie voraus zu den wartenden Klingen.
»Möchtet Ihr nun nach oben gehen?«, fragte Kühn.
»Nein, wir sind zufrieden. Etwas wirklich Gefährliches
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