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Der Tee der drei alten Damen

Der Tee der drei alten Damen

Titel: Der Tee der drei alten Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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fensterlosen Bau hinüber, der seinem Bruder Wladimir als Laboratorium diente. Er lehnte sein Rad an die Hauswand, schlenderte über den Rasen, gedankenlos; erst als er vor der Türe stand, fielen ihm die Sätze wieder ein, die er auf dem Blatte gelesen hatte, das der sterbende Thévenoz verloren hatte.
    Die Türe war nur angelehnt. Wie war das möglich? Leise drückte sie Jakob auf. Da hörte er deutlich die Stimme seines Bruders Wladimir. Aber sie klang merkwürdig hohl, wie aus einem Megaphon.
    »Du wirst trinken!« sagte die Stimme befehlend. »Du wirst trinken. Ich, der Meister, befehle es dir!«
    Jakob war eingetreten, er stand im kleinen Gang, der zum Labor führte, vorsichtig wollte er die Türe wieder hinter sich anlehnen, da hörte er ein Stöhnen, erschrak, sein Arm zuckte nach rückwärts. Hinter ihm schnappte das Türschloß ein.
    Da ging er vorwärts, trat in den Raum, den er schon einmal gesehen hatte. Ja, da hingen an den Wänden die vielen Holzmasken. Hinter dem langen Tisch aber saß ein Mann, ganz in grau gekleidet. Seine Gesichtsfarbe war durchscheinend weiß, die Haare bläulich schwarz. Der Maharaja. Der Mann glotzte mit leeren Augen. Und hinter dem Manne stand eine merkwürdige Gestalt, klein schien sie, dicklich. Ein weißer Mantel hüllte sie ein. Diese Gestalt trug eine Holzmaske. Jakob blieb einen Augenblick stehen, besah sich die Szene. Da saß der Maharaja, und es schien ihm nicht gut zu gehen. Und der Mann mit der Holzmaske vor dem Gesicht?
    »Aber, Bruder«, sagte Jakob ruhig, »hör doch um Gotteswillen mit dem Theater auf. Das paßt doch gar nicht zu dir. Was willst du denn vom Fürsten?… Nun, sag's schon.«
    Vor dem Maharaja stand ein Glas, das mit einer wasserklaren Flüssigkeit gefüllt war. Jakob sah, wie die Hand des Sitzenden das Glas ergriff, es langsam hob, nun erreichte es die Lippen. Da trat Jakob schnell vor, holte aus – das Glas flog in einem Bogen gegen die Wand. Die Flüssigkeit spritzte über die Fliesen. Ein merkwürdig beißender Geruch verbreitete sich im Zimmer.
    »Dummkopf!« sagte der Mann mit der Maske. Er machte ein paar Schritte im Raum, blieb stehen, hob die Maske über seinen Kopf, stellte sie auf den Tisch ab. »Dummkopf«, sagte Wladimir noch einmal, »warum mischst du dich in meine Angelegenheiten?«, Er schritt auf und ab. »Weißt du denn nicht, daß dir der Kerl da deine Freundin gestohlen hat? Und du hilfst ihm noch? Wenn er das Glas ausgetrunken hätte, wäre er verrückt geworden, dauernd verrückt, verstehst du? Und ich wäre reich. Petroleumquellen, verstehst du? Ich hätte dich auch nicht vergessen. Niemand hätte mir etwas nachweisen können. Der alte Bose hätte mich gedeckt. Mit dem habe ich doch zusammengearbeitet…«
    »Aufmachen!« schrie es, Jakob erkannte O'Keys Stimme. »Aufmachen, sonst brechen wir auf.«
    »Ach, Bruder«, sagte der Gymnasiast Jakob, aber er sprach gar nicht wie ein Junge, sondern wie ein uralter, weiser Mann, »ach, Bruder, laß dich doch nicht fangen. Schau, ich habe dich heute den ganzen Tag gesucht, nein, eigentlich nicht gesucht, aber ich habe immer an dich gedacht. Schau, was ich gefunden habe.« Er zog den Zettel aus der Tasche, den Thévenoz geschrieben hatte. »Ich habe ja alles verstanden. Aber dann habe ich die Frau gesucht, weißt du, die Natascha. Das Leben ist so traurig, Bruder.«
    Gegen die Türe draußen, immer stärker, das Klopfen. Dann Pause. Deutlich der Befehl: »Ein Brecheisen!«
    Wladimir setzte sich auf den Tisch. Er faltete die Hände, nickte. Neben ihm auf dem Tisch grinste die Holzmaske.
    »Du hast doch noch Glück gehabt«, sagte Wladimir leise. »Du hast doch wenigstens einmal eine Frau gehabt. Ich war immer allein. Die Frauen haben mich ausgelacht, weil ich häßlich war, weil sie mich komisch fanden. Weißt du, es ist die alte Geschichte. Dann will man Macht haben. Macht! Zufällig hat mir Isaak einmal diese Erpressergeschichte erzählt. Sie ist ja nie ganz aufgeklärt worden. Da habe ich mich dahinter gemacht. So ganz im Versteckten. Ich habe die Frau de Morsier entdeckt, die dahinter stand. Ich habe dann die Sache ausgebaut, mit dem okkulten Zirkel. Und als ich noch die Mittel fand, die Gifte, da konnte ich mit den drei alten Damen machen, was ich wollte. Sie konnten mich nicht verraten, sonst wären sie ins Irrenhaus gekommen. Ich habe ordentlich Geld verdient bei der Sache.« Wladimir schwieg.
    »Bruder«, sagte Jakob leise, »die Tür wird nicht mehr lang halten. Willst du ins

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