Der Teufel trägt Prada
geht doch nichts über eine ordentliche Portion Honig ums Maul, um mich zu gewinnen. Sie hätte sich wirklich nicht so überschlagen müssen. Ich werde ja ganz rot!« Was fuchste mich eigentlich mehr – dass ich nach Paris fliegen sollte oder dass Miranda mich nur deshalb dabei haben wollte, weil sie mich eine Spur weniger verblödet fand als die magersüchtigen französischen Klone... je nun, meiner selbst?
»Halt ja die Schnauze«, krächzte sie zwischen weiteren Hustenattacken, die mir allmählich auf den Nerv gingen. »Weißt du eigentlich, was für ein Scheißglück du hast? Zwei Jahre – über zwei Jahre – warte ich jetzt schon auf den Trip, und dann kann
ich nicht hin. Das ist so was von absurd, dass es schon wehtut, findest du nicht?«
»Na logisch! Klischeehafter geht’s gar nicht mehr: Du lebst nur für diesen Trip, ich würde lieber sterben, trotzdem fahre ich und nicht du. Was hat das Leben doch für Scherze auf Lager. Ich kriege noch Bauchmuskelkater vor Lachen«, sagte ich trocken, ohne eine Miene zu verziehen.
»Ja klar, ich find’s auch voll Scheiße, aber was soll man machen? Ich habe Jeffy schon Bescheid gesagt, dass er Klamotten für dich bestellen soll. Du brauchst ganze Tonnen, für jede Modenschau, für jedes Essen und natürlich für Mirandas Party im Hotel Costes jeweils ein anderes Outfit. Allison kümmert sich um dein Make-up. Wegen Taschen, Schuhen und Schmuck musst du mit Stef reden. Du hast nur noch eine Woche, also fang gleich morgen früh damit an, okay?«
»Ich glaub’s immer noch nicht, dass sie das echt von mir erwartet.«
»Glaub’s lieber doch; ihr war absolut nicht nach Witzen zumute. Nachdem ich nun die ganze Woche nicht ins Büro kommen kann, müßtest du auch -«
»Was? Du kommst nicht mal ins Büro ?« Genau wie ich hatte Emily noch keinen Tag wegen Krankheit gefehlt oder sich auch nur eine Stunde von ihrem Schreibtisch wegbewegt, solange Miranda in Reichweite war. Beim Tod ihres Urgroßvaters hatte sie das Kunststück fertig gebracht, zur Beerdigung nach Philadelphia und wieder zurückzufliegen, ohne auch nur eine Minute ihrer Arbeitszeit zu verpassen. So lief der Laden hier, Punkt. Wenn es sich nicht um Todesfälle (nur der engsten Angehörigen), schwere Verstümmelung (des eigenen Leibes) oder Atomkriege (mit direkter, von Regierungsseite bestätigter Bedrohung Manhattans) handelte, hatte man anwesend zu sein. Dem Königreich Priestly stand eine revolutionäre Umwälzung bevor.
»Andrea, ich habe Pfeiffer’sches Drüsenfieber. Ich bin hoch ansteckend. Die Sache ist echt ernst. Ich soll nicht mal irgendwo
außer Haus einen Kaffee trinken gehen, geschweige denn den ganzen Tag arbeiten. Miranda hat es geschluckt, also musst du den Laden am Laufen halten. Es wird eine Heidenarbeit, alles für euren Parisaufenthalt vorzubereiten. Miranda fliegt am Mittwoch nach Mailand, und du triffst sie am Dienstag darauf in Paris.«
»Sie hat es geschluckt? Jetzt hör aber auf. Was hat sie wirklich gesagt?« Ich wollte einfach nicht glauben, dass sie etwas so Banales wie Pfeiffer’sches Drüsenfieber als Entschuldigung für einen Totalausfall akzeptiert hatte. »Mach mir wenigstens die kleine Freude. Schließlich habe ich in den nächsten Wochen hier die Hölle auf Erden.«
Emily seufzte; ich konnte fühlen , wie sie die Augen verdrehte. »Na ja, direkt begeistert war sie nicht. Ich habe ja gar nicht selbst mit ihr gesprochen, aber der Arzt meinte, sie habe wieder und wieder gefragt, ob das denn eine ›richtige‹ Krankheit sei. Als er ja sagte, habe sie sehr verständnisvoll reagiert.«
Ich prustete los. »Na klar, Em, na klar. Mach dir keinen Kopf, okay? Du siehst zu, dass es dir wieder besser geht, und ich kümmere mich um den Rest.«
»Ich maile dir eine Checkliste, nur zur Sicherheit, damit du nichts vergisst.«
»Werde ich nicht, darauf kannst du Gift nehmen. Sie ist im letzten Jahr viermal in Europa gewesen. Ich weiß, wie der Hase läuft. Unten bei der Bank Bargeld abheben, ein paar Tausend in Euros tauschen, noch ein paar Tausend in Reiseschecks, sämtliche Friseur- und Make-up-Termine für die Dauer ihres Aufenthalts doppelt und dreifach bestätigen lassen. Was noch? Ach ja, dem Ritz die Hölle heiß machen, damit sie ihr diesmal das richtige Handy geben, und bei den Fahrern von Anfang an klarstellen, dass Madame nicht gern wartet. Ich überlege schon, wer alles Kopien von ihrem Reiseplan braucht – den tippe ich noch, kein Problem, und ich kümmere mich auch
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