Der Teufel trägt Prada
G-g-g-gucci haben, bis die Gehirnwäsche Wirkung zeigt und Sie solchen Mumpitz von sich geben? F-f-f-f-antastisch! Die Frau hat echt Nerven! Alsdann, Miss Lehrreiche Erfahrung, ich habe munkeln hören, Miranda hätte sich diesmal einen L-l-l-lakaien mit ein bisschen Grips an Land gezogen, aber das war wohl wie üblich Munkeln im Dunkeln. Sie mögen T-t-t-twinsets von Michael Kors und die hübschen Pelzmäntel von J. Mendel? Gut, gut, meine Süße, nur schön weiter so. Und jetzt verbinden Sie mich mit Ihrem Nullarsch von Chefin.«
Ich war hin- und hergerissen. Spontan lag mir auf der Zunge zu sagen, sie sollte sich verpissen, schließlich kannte sie mich überhaupt nicht, und außerdem war es sonnenklar, dass sie mit dem rüden Gehabe bloß ihr Stottern kompensieren wollte. Aber stärker war der andere Impuls – mit dem Mund dicht am Hörer
eindringlich zu flüstern: »Jawohl, ich bin eine Gefangene, und zwar schlimmer, als Sie es sich vorstellen können – o bitte, bitte, kommen Sie her und erretten Sie mich von dieser teuflischen Gehirnwäsche. Sie haben Recht, es ist genauso, wie Sie es beschreiben, aber ich bin nicht so!« Letztlich kam ich weder zum einen noch zum anderen, weil mir gerade noch rechtzeitig auffiel, dass ich keine Ahnung hatte, wer eigentlich hinter dem heiseren Gestotter am anderen Ende der Leitung steckte.
Ich holte tief Luft. Der würde ich’s geben, Punkt für Punkt, nur Miranda ließ ich besser außen vor. »Da Sie schon von ihm sprechen, für Michael Kors hege ich allergrößte Bewunderung, allerdings ganz sicherlich nicht gerade wegen seiner Twinsets . Pelze von J. Mendel sind natürlich ein Traum, aber wir von Runway – sprich diejenigen, die über einen differenzierten und untadeligen Geschmack verfügen -, würden wohl eher Maßanfertigungen von Pologeorgis vorziehen. Ach, und es wäre mir lieb, wenn Sie künftig die etwas geschmeidigere Bezeichnung ›Hausangestellte‹ statt des doch recht steif und schroff klingenden ›Lakaien‹ verwenden wollten. Ich stehe Ihnen natürlich jederzeit für die Richtigstellung weiterer unkorrekter Annahmen zur Verfügung, die von Ihrer Seite noch erfolgen mögen, doch hätten Sie zuvor die Güte, mich davon zu unterrichten, mit wem ich das Vergnügen habe?«
»Touché, Mirandas neue Assistentin, touché. V-v-v-vielleicht werden wir zwei ja doch noch Freundinnen. Ich h-h-halte nicht viel von den Robotern, die sie normalerweise einstellt, aber das ist nicht weiter verwunderlich, nachdem ich von ihr auch nicht viel halte. Mein Name ist Judith Mason, und f-f-falls Sie damit nichts anfangen können, ich verfasse allmonatlich die Reiseartikel in Ihrem Magazin. Und jetzt verraten Sie mir doch, da Sie ja noch relativ frisch am Platz sind: S-s-sind die Flitterwochen schon vorbei?«
Ich schwieg. Was meinte sie damit? Meinem Gefühl nach saß am anderen Ende der Leitung eine tickende Zeitbombe.
»Na was? Sie genießen doch gerade jenen faszinierenden Zwischenzustand, in dem endlich jeder Ihren Namen weiß, Sie aber noch keiner gut genug kennt, um Ihre Schwächen entdeckt zu haben und Kapital daraus zu schlagen. Wenn es s-s-s-o weit ist, hört man die Englein singen, glauben Sie mir. Sie haben sich da wirklich einen ganz speziellen Arbeitsplatz ausgesucht.«
Doch bevor ich etwas erwidern konnte, sagte sie: »G-g-g-genug geflirtet für heute, meine neu gewonnene junge Freundin. Sp-p-p-paren Sie sich die Mühe mit dem Verbinden, ich kriege sie sowieso nie selbst ans Telefon. Wahrscheinlich geht ihr das Gestotter auf den Senkel. Machen Sie einfach einen Vermerk im B-b-bulletin, dass mich jemand zurückrufen soll. Danke, Schätzchen.« Klick.
Völlig platt legte ich auf und fing an zu lachen. Emily sah von Mirandas Spesenlisten hoch und fragte, wer am Apparat gewesen sei. Bei dem Namen Judith verdrehte sie die Augen fast bis zum Hinterkopf und jaulte vernehmlich auf. »Die Frau ist so eine unglaubliche Nervensäge. Also echt, ich kapiere nicht, wie Miranda auch nur ein Wort mit ihr reden kann. Aber Anrufe von Judith nimmt sie sowieso nicht entgegen, es reicht also, wenn du sie im Bulletin vermerkst, dann lässt Miranda sie von irgendwem zurückrufen.« Offenbar war Judith mit den internen Mechanismen unseres Büros besser vertraut als ich.
Ich klickte bei meinem schnittigen, türkisen iMac zweimal auf das Symbol »Bulletin« und überflog, was bis jetzt auf dem Programm stand. Das Bulletin war Mirandas ganzer Stolz, das Prunkstück des Büros, um das
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