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Der Fluch

Der Fluch

Titel: Der Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Dave Yellads Reisetagebuch
    Victoria, 10. Mai 1908
Ich kann die Aufregung in meiner Seele kaum zügeln. Das Ziel meiner nächsten Reise steht fest. Ein geheimnisvolles Tal in den Rocky Mountains, das die Cree auch Tawequaesquape nennen, was so viel wie Mitte des Himmels bedeutet. Solomon Shanusk, der diesem Volk angehört, berichtete abends beim Feuer von seltsamen Vorkommnissen oben in den Bergen, weshalb die Cree diese Gegend in der Regel meiden. Shanusk transportiert im Auftrag der Hudson Bay Company Felle über die Rocky Mountains in den Westen. Ich habe beschlossen, mich seinem Treck anzuschließen.
    Victoria, 17. Mai 1908
Alle Versuche scheitern, Shanusk zu weiteren Berichten zu verleiten. Seine Miene wird düster und in seine Augen tritt ein Schatten, wenn ich in ihn dringe. Er versucht mit aller Macht, mich von der Reise abzuhalten.
    Victoria, 24. Mai 1908
Laut Shanusk ist man diesem Tal ausgeliefert, sobald man es betreten hat. Dieser Ort, sagt er, sucht sich seine Opfer und die Liste der Menschen, die nicht von dort oben zurückgekehrt sind, ist lang. Der Legende nach haben die Götter bis auf den Gott Coyote das Tal verlassen. Er wacht darüber, dass kein Unbefugter diesen Ort betritt.
    Ich komme aus der zivilisierten Welt. Ich weiß, dass die Erde eine Kugel ist. Ich weiß, warum es stürmt und regnet. Und Erdbeben und Wirbelstürme sind keine Strafe Gottes, sondern Ergebnis bestimmter Wetterverhältnisse. Ja, ich bin überzeugt, das Geheimnis der Welt und die Existenz des Menschen irgendwann begreifen zu können.
    Shanusk und sein Volk leben noch in einer anderen Welt. Sie vermuten eine unsichtbare Kraft und eine Vielzahl von Geistern hinter allen rätselhaften, nicht erklärbaren Erscheinungen. Ihrer Auffassung nach ist die Natur, wie wir sie kennen, nur ein Bild von dem »Großen Geist«, der dahintersteht.
    Unterwegs, 10. Juni 1908
Nach langem Überreden hat Shanusk sich bereit erklärt, mich in das Tal zu bringen. Die lange, beschwerliche Reise, die Abende am Lagerfeuer bringen ihn dazu, ausführlicher zu berichten. Es gibt, so erzählt er, eine Möglichkeit, sich den Göttern gleichzustellen. Mithilfe der heiligen Pilze, die die bösen Geister vertreiben. Sie wachsen dort oben im Tal in den unterirdischen Gängen, die den heiligen Berg durchziehen, den die Indianer auch Blue Mind nennen.
    Fields, 07. August 1908
Befinde mich seit gut zwei Wochen im Lager der Cree. Es hat mich einige Tage gekostet, das Vertrauen des Schamanen zu gewinnen. Doch dann in der Nacht des großen Vollmonds hat er mich in das Geheimnis der Pilze eingeführt. Was ich in den nachfolgenden Träumen gesehen habe, ist unglaublich. Ich kann seitdem nicht mehr schlafen. Die Bilder beschäftigen meinen Geist Tag und Nacht.
    Ich, John Graham Duke of Dunbar, werde als erster Weißer diesen mysteriösen Ort betreten und irgendwann wird das Tal meinen Namen tragen.
    Ich bin von Schottland aus aufgebrochen, um als reicher Mann in meine Heimat zurückzukehren. Doch nun erwarte ich etwas viel Wertvolleres. Etwas, wonach jeder Wissenschaftler strebt: Erkenntnis.
    Teil I

Samstag, 21. Mai 2011

1. Rose
    Ich muss eine Entscheidung treffen.
    Zitternd kauere ich auf dem blanken feuchten Boden, der mit Moos und Flechten bewachsen ist. Mit der Stille steigt ein muffiger Geruch nach oben. Eine Mischung aus Erde, Staub, Feuchtigkeit und Tod. Das Display meines Handys zeigt mir immer nur Ausschnitte meiner Umgebung. Alle paar Augenblicke muss ich es wieder einschalten. Ich fürchte mich vor dem Zeitpunkt, an dem der Akku seinen Geist aufgibt.
    Im schwachen Lichtschein habe ich lediglich ausmachen können, dass ich mich in einer Art Höhle befinde, in die ich über einen schmalen Schacht im Boden der Hütte gelangt bin.
    Ich bin nicht allein.
    Direkt vor mir liegt Muriel. Ich halte ihre Hand. Ihre weißen Turnschuhe sind verdreckt, auf der Jeans zeichnet sich eine Schlammspur ab, der Wirrwarr ihrer roten Locken verdeckt ihr Gesicht.
    »Muriel«, flüstere ich. »Bitte sag doch was.«
    Eine Art Gurgeln antwortet mir, dann etwas, das sich anhört wie ein Atemhauch.
    Das Licht des Handys lässt ihr Gesicht noch blasser erscheinen. Der Ausdruck ist so starr, als trüge sie bereits die Totenmaske. Aber noch schließt und öffnet sie die Augen. Sie ist am Leben, auch wenn ich spüren kann, wie die Kraft mit jeder Sekunde aus ihr schwindet, die ich länger warte.
    Hilflos starre ich auf mein Handy, mit dem ich Hilfe holen könnte, wenn ich Empfang

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