Der Teufel trägt Prada
riss mich zusammen und kam sofort zur Sache.
»Miranda, es tut mir Leid, wenn ich eine ungünstige Zeit erwischt habe. Es geht nur noch einmal um die Harry-Potter-Bücher. In Ihrer Nachricht sagen Sie, dass sie nicht angekommen sind. Aber ich habe mit sämtlichen Beteiligten gesprochen, und alle versichern mir…«
Sie fiel mir ins Wort und antwortete ruhig und bestimmt: »Aan-dreh-aa. Sie müssen genauer hinhören. Etwas Derartiges habe ich nie gesagt. Wir haben das Päckchen heute Morgen erhalten. Es kam so früh, dass man uns deswegen sogar aus dem Bett geholt hat.«
Ich traute meinen Ohren nicht. Ich hatte die Nachricht auf der Mailbox doch wohl nicht geträumt, oder? Alzheimer konnte es auch nicht sein, dafür war ich noch zu jung.
»Der Grund für meinen Anruf war ein anderer. Wir haben nämlich nur ein Exemplar erhalten! In dem Päckchen war nur ein Harry Potter. Sie können sich gewiss vorstellen, wie enttäuscht die Mädchen waren. Schließlich hatte ich ihnen versprochen, dass jede ihr eigenes Buch bekommen würde. Und genau so lautete auch mein Auftrag, dass Sir mir zwei Exemplare beschaffen. Sie schulden mir eine Erklärung.«
Unmöglich, das war einfach unmöglich. Jetzt träumte ich wirklich, es gab keine andere Erklärung. Ich lebte in einer Parallelwelt, in einem Universum, wo es so etwas wie Vernunft und Logik nicht gab. Was sie da sagte, war so absurd, dass mir nichts mehr dazu einfiel.
»Miranda, ich erinnere mich genau, dass Sie ausdrücklich zwei Exemplare verlangt haben. Und ich habe auch zwei Exemplare bestellt«, stammelte ich. Wie ich mich dafür hasste, dass ich mich vor dieser Frau zu rechtfertigen versuchte. »Ich bin mir sicher, dass man mich bei Scholastic Books richtig verstanden hat. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen...«
»Aan-dreh-aa, Sie wissen, was ich von Ausflüchten halte. Verschonen Sie mich bitte. So etwas kommt mir nicht noch einmal vor, haben wir uns verstanden? Das wäre alles.« Sie legte auf.
Ich glaube, ich stand geschlagene fünf Minuten mit dem Hörer in der Hand da. Mir schwirrte der Kopf vor lauter Fragen. Sollte ich sie umbringen? Und wenn ja, würde man mich überführen können? Wäre ich automatisch die Haupttatverdächtige? Natürlich nicht, schließlich hatte – zumindest bei Runway – jeder ein Motiv. Wäre ich tatsächlich imstande, mit anzusehen, wie sie langsam und qualvoll verreckte? Die Antwort war einfach: ja. Nun musste ich mir nur noch eine Methode überlegen, mit der ich sie möglichst genussvoll um die Ecke bringen würde.
Nachdenklich legte ich den Hörer wieder auf. War es wirklich vorstellbar, dass ich ihre Nachricht so falsch verstanden hatte? Ich holte mein Handy heraus und hörte noch einmal die Mailbox ab: »Aan-dreh-aa. Miranda hier. Es ist Sonntagmorgen, neun Uhr, und die Mädchen haben ihre Bücher noch nicht. Rufen Sie mich im Ritz zurück, um mich über die baldige Ankunft zu unterrichten. Das wäre alles.« Ich hatte nichts falsch gemacht. Okay, man konnte nicht ausschließen, dass tatsächlich nur ein Harry Potter bei ihr angekommen war, aber sie hatte mir klipp und klar zu verstehen gegeben, dass es mein Fehler gewesen war, ein Fehler, der das Ende meiner Karriere bedeuten konnte. Als sie mich um neun morgens aus Paris anrief, war es ihr schnuppe gewesen, dass es bei uns in New York erst drei Uhr früh war, und noch dazu an einem Sonntag. Sie hatte aus Bosheit angerufen, aus Gehässigkeit, aus reiner Schikane. Und was hatte sie erreicht? Dass ich sie noch ein bisschen mehr hasste als vorher.
7
Lilys Silvesterparty war eine gemütliche Feier im kleinen Kreis, nur wir zwei und eine Hand voll Freunde. Ich war noch nie ein großer Silvesterfan gewesen: War es Hugh Hefner vom Playboy , der einmal gesagt hat, dass er an Silvester zu Hause bleibt und nur an den restlichen 364 Abenden des Jahres ausgeht? So ähnlich ging es mir auch. Aufgesetzte Heiterkeit und Alkohol sorgten nicht unbedingt für eine Bombenstimmung. Also hatte Lily sich geopfert und eine kleine Party geschmissen, um uns die 150 Dollar Eintritt für einen Club zu ersparen – und vor den anschließenden Eisbeinen am Times Square. Jeder Gast steuerte eine Flasche bei, Lily staffierte uns mit Tischbomben und albernen Papierhütchen aus, und als es zwölf Uhr schlug, stieg unser kleiner beschwipster Haufen aufs Dach und prostete dem neuen Jahr zu. Natürlich hatten wir alle zu viel getrunken, aber keiner mehr als Lily, die total in den Seilen hing, als
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