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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Augen nicht unbedingt vertrauenswürdig bin, aber ich bitte Sie, vertrauen Sie mir. Alles, was geschehen ist, tut mir sehr leid. Sie werden von hier fortgehen. Und wenn Sie irgendwann meinen, dass es in London nichts mehr für Sie zu tun gibt, wenn Sie der Stadt überdrüssig geworden sind, oder wenn Sie woanders hingehen, nach Paris oder Lissabon oder Boston oder Rom, und später wieder nach New York zurückkommen wollen ... dann werde ich hier sein.«
    Da waren viel zu viele Blasen auf Mercys Fingern. Ich wollte die Haut wieder glatt machen. Es war irgendwie auch eine Befreiung zu wissen, dass sie mich nicht liebte. So konnte ich weitermachen wie bisher.
    Das, was für Mercy das Beste war, das zählte, was auch immer es sein mochte, der Rest war nicht so wichtig.
    »Werden Sie ...«, Mercy verstummte, sie rang mit sich. »Werden Sie denn für immer in New York bleiben?«
    Nach dieser Frage konnte ich viel leichter atmen. Und was für eine Frage das war! Sie war genug.
    »Ich habe jetzt eine Karriere«, gestand ich. »Und einen Bruder,den man eigentlich in eine Irrenanstalt sperren müsste. Beides könnte ich hassen, aber ich glaube, ich bin für beides genau der Richtige.«
    Mercys Augenlider flatterten. »Ich kann nicht. Das kann ich nicht von Ihnen annehmen.«
    »Gehen Sie nach London«, sagte ich und schob es mit sanftem Druck in ihre Hände.
    »Timothy, warum tun Sie das?«
    »Weil Sie eine Landkarte zeichnen werden.«
    Ich wandte mich schon zum Gehen, fort von ihr.
    »Aber warum wollen Sie denn, dass ich das tue?«, rief sie mit sanfter Stimme.
    Und schenkte mir damit noch eine unschätzbar wertvolle Frage.
    »Ich möchte das aus einem sehr guten Grund«, antwortete ich und ging weiter. »Falls Sie jemals wünschen, dass ich etwas verstehe, irgendetwas an Ihnen ... na ja. Wenn Sie dann eine Landkarte geschrieben haben, dann weiß ich ja, wo ich nachschauen muss.«
    In den folgenden zwei Wochen machte sich der September deutlicher bemerkbar. Im City Hall Park verwandelten sich die wie mit Kohle skizzierten Bäume in flammend rote Gebilde und schrumpften dann wieder zu Strichzeichnungen zusammen. Die Luft war jetzt frischer. Unten an den Kais roch es nach Teer, Fisch, Schweiß und Rauch und nicht mehr ständig nach verwesenden Tierkadavern. Alles war gedämpfter und zugleich leuchtender. Und alle waren unbestimmt glücklich in diesen drei oder vier Tagen, die der September andauert, bis dann der Winter einsetzt.
    Ich wollte meinen Bruder schon wieder am liebsten umbringen, aber ich hasste ihn nicht mehr und hoffte, dass ich das auch nie mehr tun würde.
    Ich hatte herausgefunden, wo ein langfingriger Lehrling das beste Silberbesteck seines Herrn versteckt hatte, und das war das zweite Verbrechen, das ich in ebenso vielen Wochen löste.
    Es fühlte sich gut an.
    An einem herrlich frischen Sonntagmorgen schlug ich am Küchentisch den Herald auf und las folgende Passage:
    Das Büro der Gesellschaft irischer Einwanderer ist jetzt in der Ann Street Nr. 6 untergebracht, einem einfachen und unscheinbaren Gebäude. Gelegentlich lassen sich dort recht komische Szenen beobachten. Dort sitzen Massen ängstlicher Arbeitsuchender, die jede Minute darauf hoffen, dass sich ihnen eine Chance bietet, herein kommt ein potentieller Arbeitgeber auf der Suche nach einem tüchtigen Burschen oder einem anständigen Mädchen, und peng! – fünfzig Kandidaten, die ihre Chance auf ein kleines Stückchen Glück ergreifen wollen, stürzen sich wie ein Mann auf ihn.
    Da ich nicht verstand, was an dieser Anekdote komisch sein sollte, warf ich die Zeitung in den Ofen. Nicht dass die Presse nicht auch den Interessen der Polizei gedient hätte, im Gegenteil. George Washington Matsell ließ in einem genialen Schachzug in den Zeitungen die Nachricht verbreiten, der Junge namens Marcas, den man in der St.-Patrick’s-Kathedrale auf so grauenvolle Weise getötet hatte, sei von zwei geisteskranken radikalen Nativisten abgeschlachtet worden, die obskure Verbindungen nach England besaßen und im Namen der frevlerischen europäischen Anarchie schon zahlreiche verruchte Gewaltverbrechen begangen hatten. Sie hießen Scales und Moses Dainty und seien beide am selben Tag, an dem sie ihren abscheulichen, ausgesprochen unamerikanischen Mord begangen hatten, in den Five Points bei einem Volksaufstand getötet worden. Ein Reporter hatte den Mut zu fragen, ob sie denn nicht Polizisten gewesen seien. Matsell verneinte dies. Und als ich es in den Registern

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