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Der Tierarzt kommt

Der Tierarzt kommt

Titel: Der Tierarzt kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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unentschlossen das Kinn. »Das ist ein weiter Weg.« Er warf einen letzten verstohlenen Blick in den Flur, und dann winkte er mit der Hand.
    »Kommen Sie, mein Wagen steht gerade hier«, flüsterte er. »Steigen Sie ein. Ich fahre Sie nach Haus.«
     
    Manche unserer Meinungsverschiedenheiten waren kurz und heftig. Ich saß am Mittagstisch und rieb mir den schmerzenden Ellbogen. Siegfried schnitt sich gerade eine Scheibe Hammelbraten ab und blickte plötzlich auf.
    »Was ist los, James? Rheuma?«
    »Nein, eine Kuh hat mich heute früh mit dem Horn gestoßen. Direkt auf den Ellbogen.«
    »Ach, das ist aber Pech. Wollten Sie sie an die Nase fassen?«
    »Nein. Ich wollte ihr eine Spritze geben.«
    Mein Kollege legte mir eine Scheibe Hammelbraten auf den Teller und stutzte dann. »Eine Spritze? Da oben?«
    »Ja, in den Nacken.«
    »Sie spritzen in den Nacken?«
    »Ja. Schon immer. Warum?«
    »Weil es, wenn ich so sagen darf, eine ziemlich blöde Stelle ist. Ich spritze immer ins Hinterteil.«
    »Tatsächlich?« Ich nahm mir Kartoffelbrei. »Und wieso ist der Nacken eine blöde Stelle?«
    »Na, Sie haben’s ja eben bewiesen, nicht wahr? Es ist zunächst einmal zu nah an den Hörnern.«
    »Na schön. Aber das Hinterteil ist zu nahe an den Hinterhufen.«
    »Aber ich bitte Sie, James. Sie wissen sehr gut, daß eine Kuh höchst selten nach einer Spritze ins Hinterteil ausschlägt.«
    »Mag sein, aber einmal ist genug.«
    »Und bei dem verdammten Horn ist einmal auch genug, oder?«
    Ich antwortete nicht, und wir begannen zu essen. Aber er hatte kaum den ersten Bissen geschluckt, als er wieder zum Angriff überging.
    »Außerdem ist das Hinterteil viel handlicher. Bei Ihrem System müssen Sie sich zwischen die Kühe zwängen.«
    »Na und?«
    »Nur, daß man sich dabei die Rippen zerquetscht und auf die Füße getreten wird. Weiter nichts.«
    »Na schön.« Ich nahm mir grüne Bohnen. »Aber bei Ihrem System haben Sie eine gute Chance, daß Ihnen die Kuh ins Gesicht scheißt.«
    »Ach Quatsch, James. Das sind doch nur Ausreden.« Er säbelte auf sein Stück Hammelbraten ein.
    »Nicht im geringsten«, sagte ich. »Es ist meine Überzeugung. Und außerdem haben Sie nichts Wesentliches gegen die Nackenspritze vorgebracht.«
    »Nichts Wesentliches? Ich habe noch gar nicht angefangen. Ich könnte Ihnen eine endlose Aufzählung machen. Zum Beispiel ist der Nacken schmerzempfindlicher.«
    »Beim Hinterteil ist die Infektionsgefahr größer«, konterte ich.
    »Der Nacken ist oft voller Muskeln«, schnappte Siegfried. »Da hat man kein gutes Stück, wo man die Nadel reinstecken kann.«
    »Nein, aber dafür gibt es da auch keinen Schwanz«, knurrte ich.
    »Schwanz? Wovon reden Sie eigentlich, verdammt noch mal?«
    »Über den verdammten Schwanz rede ich! Wenn Sie jemanden haben, der ihn festhält, geht es noch, aber sonst wedelt er ganz gefährlich herum.«
    Siegfried kaute schnell einen Happen und schluckte ihn hinunter. »Was hat in Gottes Namen der wedelnde Schwanz damit zu tun?«
    »Eine ganze Menge«, erwiderte ich. »Ich hab nicht gern einen Kuhschwanz voller Scheiße im Gesicht, wenn es auch Ihnen nichts auszumachen scheint.«
    Mein Kollege schnaufte eine Weile schweigend vor sich hin, und dann fragte er mit unheilvoll leiser Stimme: »Haben Sie sonst noch was über den Schwanz zu sagen?«
    »Jawohl. Manche Kühe können Ihnen mit dem Schwanz die Spritze aus der Hand schlagen. Erst vor kurzem hat eine meine große erwischt und an die Wand geknallt. Überall lagen Scherben herum.«
    Siegfried errötete leicht und legte Messer und Gabel nieder. »James, es widerstrebt mir zwar, mich so auszudrücken, aber ich muß Ihnen sagen, daß Sie den hirnverbranntesten und blödesten Scheiß daherquatschen.«
    Ich blickte ihn trotzig an. »Das ist also Ihre Meinung?«
    »Jawohl, James.«
    »Ich nehme es zur Kenntnis.«
    »Bitte sehr.«
    »Na schön.«
    Wir aßen schweigend zu Ende.
     
    Aber in den nächsten Tagen kam mir das Gespräch immer wieder in den Sinn. Siegfried hatte eine sehr überzeugende Art, und vielleicht hatte er gar nicht so unrecht gehabt.
    Eine Woche später stand ich mit der Spritze in der Hand und wollte mich gerade zwischen zwei Kühe schieben. Die Tiere mußten meine Absicht erraten haben, schoben ihre kantigen Hinterteile zusammen und versperrten mir den Weg. Ja, bei Gott, Siegfrieds Theorie hatte etwas für sich. Warum sollte ich mich da durchquetschen, wo das andere Ende griffbereit vor mir lag?
    Ich kam zu einem

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