Der Tod des Maerchenprinzen
weißen hand,
Sonnenstrahlen
in meinem güldenen haar
morgentau
in meinem jungfräulichen antlitz,
stehe ich auf grüner au
und warte.
ritt er da nicht eben?
der lahme gaul stolpert
und der rotgelockte
fällt mir
ungeschickt
vor die füße.
Dann
hätte ich
auch jeans anziehen können.
Vorwort an Männer
Ich möchte nicht, daß ein Mann dieses Buch aus der Hand legt und sagt: «Ja, ja, der Arne. Das ist vielleicht ein Chauvi!»
Arne ist ein ganz normaler Mann. Ein Mann wie du.
die woge
die uns heute nacht fortriß
wirft uns am morgen
an den Strand.
im warmen sand
erwachen wir
und taumeln
hand in hand
der sonne entgegen.
linke frau, 24, möchte gerne
unmännliche männer, gerne
jünger, kennenlernen,
chiffre 9003
’ne Zweierbeziehung brauch ich im Moment nicht. Vielleicht ’n paar Typen, mit denen ich mich ganz gut verstehe, und mit denen ich auch ab und zu mal schlafen kann.
Früher hab ich in solchen «lockeren» Beziehungen meine Sexualität nie einbringen können und mich nur benutzen lassen. Und mir dann noch eingeredet, ich hätte die Typen aufgerissen. Ich sei emannzipiert.
Es ist doch gar nicht gesagt, daß eine lockere Beziehung das zwangsläufig mit sich bringt. Das lag nur an meiner eigenen weiblichen Unsicherheit. (Vielleicht kriegen andere Frauen ja doch einen vaginalen Orgasmus ...? ... Emannzipierte Frau muß aktiv im Bett sein, auch wenn sie eigentlich Bock hat, sich verführen zu lassen.) Heute mache ich nichts mehr, was ich nicht will. Heute wäre ich stark genug, meine sexuellen Bedürfnisse auch in einer «lockeren» Beziehung auszuleben und mich jeglichem Leistungsdruck zu entziehen.
Und außerdem will ich die Leute über ’ne Anzeige im Oxmox genauso kennenlernen, als wenn ich sie nicht über ’ne Anzeige kennengelernt hätte. Also erst mal gucken, was ich mit jedem anfangen kann. Nicht gleich ’n festes Schema im Kopf haben und mit solchen Erwartungen die Möglichkeiten einengen.
Ob ich jetzt schon mal anrufen kann, ob auf meine Anzeige was gekommen ist? ... Nicht daß die denken: die steht aufm Schlauch! ... aber schließlich ist ja der 12. des Monats. Also anrufen! ...
«Ja... Tag... ich wollt mal fragen, ob auf meine Anzeige schon was gekommen ist. Das ist Chiffre 9003.»
«Augenblick, ich guck mal nach.»... Pause... Nach einigen Minuten: «Ja. Aber reichlich!»
Ich gleich hin, die Briefe abgeholt. Sechzehn Stück in zwölf Tagen. Endlich merk ich auch mal was vom Männerüberschuß. Sechzehn Briefe, von denen mich nur zwei wirklich ansprechen. Einer von den beiden schreibt mir ein Gedicht, das mir unheimlich gut gefällt. Sieht so aus, als hätte der junge Mann das Gedicht selbst geschrieben: den nehm ich!
Wieso schreibt mir einer so ’n Gedicht von sich selber, wenn er mich noch gar nicht kennt und gar nicht weiß, daß ich auch Gedichte schreibe. Und daß mich das deshalb unheimlich anspricht.
Ich hab sofort das Gefühl: mit dem kannst du was anfangen!
bevor der Nebel geht
ist es am kältesten
danach
ein unterschiedlicher Tag
bis zum Abend.
Ich bin zur Zeit ein bißchen down, weil ich einige sehr wichtige und schöne Dinge verloren habe (Arbeit, Wohnung, Freundin). Aber es kommt wieder.
Ich suche nicht jemand, an den ich mich anklammern kann, sondern mit dem ich reden (über persönliche und politische Dinge), spazierengehen und Bier saufen kann.
Arne, 26 J.
Am besten bin ich morgens zwischen sieben und neun zu erreichen.
Der Brief haut mich spontan um. Seine Schrift gefällt mir. Nicht diese krakelige Kinderschrift, die die meisten Männer haben. Ich versuche sofort, ihn anzurufen. Erreiche ihn nicht.
Wie das Gedicht wohl gemeint ist? — Er schreibt, daß er down ist. Und daß es am kältesten ist, bevor der Nebel geht. Will er mir damit sagen, daß ihm kalt ist? So kalt, daß alles darauf hindeutet, daß der Nebel bald geht? Habe ich etwas damit zu tun, daß ihm bald wärmer werden wird?
Es ist nicht meine erste Kontakt-Anzeige. Früher hab ich bei den Antworten immer erst mal alle durchtelefoniert, bis ich einen hatte, der noch am selben Tag Zeit hat; gleich zwei, drei Verabredungen getroffen.
Diesmal versuche ich nur, diesen Typen anzurufen. Den ganzen Tag. Stell mir für den nächsten Morgen den Wecker auf sieben Uhr, damit ich ihn anrufen kann. Die anderen interessieren mich nicht. Ich will erst mal alles für diesen jungen Poeten offenhalten. Schlaftrunken wähle ich seine Nummer am nächsten Morgen. Er meldet
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