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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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dahergelaufener Haderlump sie eher finden wird als meine Leute? Privatdetektiv nennt er sich? Das ist kein anständiger Beruf …“
    Gustav spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss, und er überlegte, auf der Stelle kehrtzumachen und diesen Fall schnellstens zu vergessen. Parvenüs wie dieser Schwabenau trieben ihn zur Weißglut. Am liebsten hätte er diesen präpotenten Emporkömmling links und rechts geohrfeigt. Stattdessen griff er nach einer Alabastervase mit einem Makartbouquet, die auf einer Rokoko-Kommode thronte. Hob sie hoch und wollte das geschmacklose Ding gerade auf dem Boden zerschmettern, als Margarete von Leiden aus dem Salon trat.
    „Bitte nicht!“, flehte sie ihn an.
    Sie hatte Hut und Schleier abgelegt. Ihre dunkelbraune Haarpracht war in Auflösung begriffen, einige Strähnen hingen ihr ins Gesicht. Sie schaute ihn so verzweifelt an, dass seine Wut sogleich wieder verrauchte.
    Herr von Schwabenau erschien hinter ihr und erwiderte Gustavs knappen Gruß mit einem kaum merklichen Nicken.
    „Gehen wir in den Salon.“ Er deutete Gustav, ihm zu folgen. „Lass uns allein“, herrschte er seine Tochter an.
    Sie zuckte zusammen, gehorchte jedoch und eilte von dannen, ohne auf Wiedersehen zu sagen.
    Herr von Schwabenau war eine imposante Erscheinung. Er war genauso groß wie Gustav, der mit einem Meter fünfundachtzig Gardemaße hatte, aber um mindestens dreißig Kilo schwerer. Sein eleganter heller Sommeranzug hatte bestimmt ein kleines Vermögen gekostet. Gustav erkannte sofort die Handschrift des k. k. Hofschneiders Ranitzky am Graben. Der alte Freiherr hatte noch volles graues Haar. Sein dichter, gepflegter Backenbart erinnerte an die Barttracht des Kaisers. Seine blauen, fast violetten Augen ließen Gustav jedoch sogleich an Margaretes Augen denken. Auch den großen Mund mit den vollen, sinnlichen Lippen hatte seine Tochter offensichtlich von ihm geerbt.
    Der alte Herr platzierte sich vor dem Kamin, auf dessen Sims eine Marmorbüste von ihm stand. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Der Bildhauer ein Naturalist.
    Gustav blickte sich in dem großen Salon um, während sich von Schwabenau gemächlich eine Zigarre anzündete. Seinem Gast bot er keine an.
    Ein prächtiger Kronleuchter hing von der mit allegorischen Figuren bemalten Decke herab. Die goldbestickten Gardinen an den Fenstern waren zugezogen. An den Wänden hingen wertvolle Gobelins. Gustav erkannte einige Szenen aus der germanischen Mythologie. Bordeauxrote Tapeten, dicke Perserteppiche. Glasvitrinen bestückt mit Meißner Porzellan. Verschnörkelte Biedermeier-Kommoden, ein Louis-XVI-Schreibtisch, der so gar nicht zu den schweren altdeutschen Schränken passte. Zwei Sofas, die unter dicken Seidenkissen verschwanden. Mehrere bequem aussehende Fauteuils um ein filigranes Couchtischchen gruppiert – ein Sammelsurium aus teuren, wild zusammengewürfelten Möbeln und golden leuchtenden Accessoires. Vergoldete Kerzenständer, goldene Uhren, goldene Putten und goldfarbene Bilderrahmen … Gold, Gold und wieder Gold. Im Hause Schwabenau zeigte man, was man hatte.
    „Sagen Sie mir in wenigen Worten, was Sie zu tun gedenken. Ich lasse mir nicht gern meine Zeit stehlen.“ Herr von Schwabenau blies Gustav den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht.
    „Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Auftrag Ihrer Tochter überhaupt annehmen werde.“ Mit hochgezogenen Brauen betrachtete Gustav die beiden riesigen Bilder an der Stirnwand des Salons. Diese Hans-Makart-Epigonen waren ihm ein Dorn im Auge. Er fand ihre Arbeiten schwülstig und pathetisch. Es fehlte ihnen die Grandezza ihres Herrn und Meisters. Sein Blick wanderte zu den versperrbaren Bücherschränken. Die Bücher hinter den sauber geputzten Glasscheiben sahen alle neu aus. Hauptsächlich Enzyklopädien, Atlanten, die Edda und die gesammelten Werke von Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Lauter prächtige Ledereinbände mit Goldprägungen. Einige Buchrücken sahen verdächtig nach Attrappen aus. Was man als Neureicher halt so im Schrank haben muss, dachte Gustav amüsiert. Er war endgültig davon überzeugt, dass Herrn von Schwabenaus Nobilitierung erst vor kurzem stattgefunden hatte. Wahrscheinlich war er wegen seiner Verdienste um die Verschmutzung der Stadt in den Adelsstand erhoben worden, dachte er boshaft.
    „Was finden Sie so witzig?“, schnauzte ihn der Alte an.
    „Ich bewundere Ihren erlesenen Geschmack.“ Gustav verbeugte sich lächelnd. Sein Zynismus prallte an dem

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