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Der Tod wartet

Der Tod wartet

Titel: Der Tod wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Schlafwagens mit Raymond Boynton. Mit Carol Boynton habe ich zweimal gesprochen – einmal vor der Omar-Moschee und einmal spät nachts in meinem Hotelzimmer. Einen Tag später hatte ich vormittags ein Gespräch mit Mrs Lennox Boynton. Das ist alles – bis zum Nachmittag des Tages, an dem Mrs Boynton starb, als wir alle gemeinsam einen Spaziergang machten.»
    «Sie haben nie mit Mrs Boynton selbst gesprochen?»
    Sarah wurde vor Verlegenheit rot.
    «Doch. An dem Tag, als sie Jerusalem verließ, wechselte ich einige Worte mit ihr.» Sie hielt inne und stieß dann hervor: «Ehrlich gesagt, habe ich mich komplett zum Narren gemacht.»
    «Ach ja?»
    Poirots Ton ließ Sarah keine andere Wahl, als steif und widerwillig den Inhalt des Gesprächs zu wiederholen.
    Poirot schien Genaueres wissen zu wollen und nahm sie ins Kreuzverhör.
    «Die Mentalität von Mrs Boynton – sie ist sehr wichtig in diesem Fall», sagte er. «Und Sie sind eine Außenstehende, eine unvoreingenommene Beobachterin. Ihr Eindruck von ihr ist daher sehr wichtig.»
    Sarah gab keine Antwort. Sie fühlte sich jedes Mal peinlich berührt, wenn sie an die Szene denken musste.
    «Ich danke Ihnen, Mademoiselle», sagte Poirot. «Ich werde jetzt mit den anderen Zeugen sprechen.»
    Sarah stand auf. «Verzeihen Sie, Monsieur Poirot, aber wenn ich einen Vorschlag machen dürfte –?»
    «Nur zu! Nur zu!»
    «Warum warten Sie damit nicht, bis die Obduktion stattgefunden hat und Sie genau wissen, ob Ihr Verdacht gerechtfertigt ist oder nicht? Mir kommt das Ganze so vor, als würde man das Pferd am Schwanz aufzäumen.»
    Poirot machte eine bombastische Handbewegung. «Das ist eben die Methode von Hercule Poirot», verkündete er.
    Sarah presste die Lippen zusammen und verließ das Zimmer.

Fünftes Kapitel
     
    L ady Westholme betrat das Zimmer mit der Bestimmtheit eines Ozeandampfers, der in den Hafen einläuft.
    Miss Amabel Pierce, ein undefinierbareres Wasserfahrzeug, folgte in ihrem Kielwasser und ließ sich auf einem bescheideneren Stuhl etwas hinter ihr nieder.
    «Selbstverständlich, Monsieur Poirot», dröhnte Lady Westholme, «wird es mir ein Vergnügen sein, Sie mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen. Ich habe stets die Meinung vertreten, dass in Angelegenheiten dieser Art jedermann aufgerufen ist, seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen und – »
    Nachdem Lady Westholmes staatsbürgerliche Pflichten mehrere Minuten die Szene beherrscht hatten, gelang es Poirot mit List und Tücke, seine erste Frage zu stellen.
    «Meine Erinnerung an den fraglichen Nachmittag ist lückenlos», erwiderte Lady Westholme. «Miss Pierce und ich werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Sie zu unterstützen.»
    «O ja!», seufzte Miss Pierce geradezu verzückt. «Wirklich zu tragisch, nicht wahr? Tot – einfach so – von jetzt auf nachher!»
    «Wenn Sie mir bitte exakt schildern würden, was an dem bewussten Nachmittag geschah?»
    «Selbstverständlich», sagte Lady Westholme. «Nachdem wir zu Mittag gegessen hatten, beschloss ich, eine kurze Siesta zu halten. Der Ausflug am Vormittag war doch etwas anstrengend gewesen. Nicht, dass ich richtig müde gewesen wäre – das bin ich so gut wie nie. Im Grunde weiß ich gar nicht, was Müdigkeit ist. Wie oft muss man bei öffentlichen Anlässen, egal wie man sich eigentlich fühlt, seine – »
    Wieder gelang es Poirot, eine Bemerkung einzuwerfen.
    «Wie gesagt, ich war für eine Siesta. Miss Pierce stimmte mir zu.»
    «O ja!», seufzte Miss Pierce. «Ich war nämlich schrecklich müde nach diesem Vormittag. Der Aufstieg war ja so gefährlich – sehr interessant zwar, aber sehr strapaziös. Ich habe nun einmal leider keine so kräftige Konstitution wie Lady Westholme.»
    «Müdigkeit», sagte Lady Westholme, «kann man ebenso überwinden wie alles andere auch. Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, meinen körperlichen Bedürfnissen niemals nachzugeben.»
    «Nach dem Mittagessen», sagte Poirot, «begaben Sie, meine Damen, sich also in Ihre Zelte?»
    «Ja.»
    «Und Mrs Boynton saß zu diesem Zeitpunkt vor ihrer Höhle?»
    «Ihre Schwiegertochter machte es ihr dort bequem, bevor sie selbst wegging.»
    «Sie konnten sie beide sehen?»
    «O ja!», sagte Miss Pierce. «Sie war genau gegenüber, wissen Sie – nur ein bisschen weiter weg und ein wenig höher natürlich.»
    Lady Westholme sah sich zu näheren Erläuterungen veranlasst:
    «Die Höhlen gingen auf einen Felsvorsprung. Unterhalb des

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