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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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viel sie wolle, kein Laut würde nach draußen dringen. Abrupt dreht sie sich
zu Oda um: »Wird er im Gefängnis bleiben, wenn ich aussage?«
    Oda zuckt die Schultern. »Das kommt wohl unter anderem auf die
Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage an. Und Sie wissen ja: vor Gericht und auf hoher
See … Sie müssen damit rechnen, dass die Verteidigung Sie als Lügnerin oder als
Verrückte hinstellt und die Staatsanwaltschaft Sie fragen wird, warum Sie erst
jetzt darüber reden.«
    Elise Wenzel nickt. Zwei hektische rote Flecken haben sich auf ihren
Wangen gebildet.
    Â»Aber vielleicht haben wir Glück, und es findet sich da unten noch
brauchbare DNA von …«
    Â»Ich kann es beweisen«, stößt Elise hervor. »Ich habe ihn gebissen.
Hier« – sie deutet auf die innere Seite ihres Oberarms – »Er hat tagelang einen
Verband getragen. Vielleicht hat er eine Narbe.«
    Oda lächelt. Dann startet sie den Wagen.
    Â»Warum klingelst du?«, wundert sich Fernando.
    Â»Weil die Mutter zu Hause sein könnte«, antwortet Jule.
    Â»Sie wohnt mit ihrer Mutter zusammen?«
    Â»Sag ich doch. Scheint keiner da zu sein«, stellt Jule nach dem
zweiten Klingeln fest. »Willst du wieder deine Payback-Karte nehmen?«
    Â»Einen Versuch ist’s wert«, murmelt Fernando, aber dieses Mal
widersteht das Schloss seinen Manipulationsversuchen.
    Â»Und jetzt? Schlüsseldienst?«, fragt Jule.
    Â»Geh mal einen Schritt zur Seite.«
    Fernando nimmt Anlauf, soweit das auf dem Treppenabsatz möglich ist,
dann wirft er sich mit Karacho gegen die Tür. Die bewegt sich zwar, aber sie
springt nicht auf. Fernando reibt sich die Schulter. »Scheiße. Da muss ein
fetter Riegel dahinter sein. Das hat man nun von diesen Kampagnen von wegen
Einbruchssicherung.«
    Eine junge Frau kommt die Treppe herunter.
    Â»Was tun Sie da?«, fragt sie argwöhnisch.
    Jule zeigt ihr rasch ihren Dienstausweis. »Kripo Hannover. Wir
müssen dringend in diese Wohnung. Haben Sie vielleicht einen Schlüssel? Oder
jemand anderer im Haus?«
    Â»Ich? Nein. Die Wenzel ist viel zu misstrauisch, die würde niemandem
einen Schlüssel geben.«
    Â»Dann müssen wir Hilfe holen«, sagt Jule zu Fernando, dem diese Idee
offensichtlich gar nicht behagt, denn er rümpft die Nase.
    Â»Meinen Sie, ich könnte mal Ihren Balkon besichtigen?«, fragt er die
junge Frau.
    Â»Ã„h, ja, meinetwegen.«
    Â»Fernando, wir sind im dritten Stock! Bist du Spiderman?«
    Â»Wieso? Wachsen mir klebrige Fäden aus dem Hintern?«, versetzt
dieser und folgt der hilfsbereiten Nachbarin die Treppe hinauf.
    Auf dem Balkon müssen erst ein paar Oleanderkübel und ein Grill
weggeräumt werden, dann beobachten die Dame des Hauses und ein Junge von etwa
vier Jahren, wie sich Fernando über die seitliche Brüstung schwingt, an den
Stäben des Eisengitters hinunterhangelt und für einen Moment lang ausgestreckt
über der Südstadt baumelt, wie ein Kleidungsstück, das man zum Lüften
aufgehängt hat. Dann holt er Schwung und landet auf dem Balkon der Wenzelschen
Wohnung, wobei ein paar Geranientöpfe zu Bruch gehen.
    Â»Das darfst du aber niemals nachmachen, Robin, versprichst du mir
das?«, tönt von oben die besorgte Mutter.
    Jule, die die Kletteraktion mit angehaltenem Atem von der Straße aus
verfolgt hat, geht wieder ins Haus.
    Oben angekommen, hört sie Fernando die Tür entriegeln, dann öffnet
er mit galanter Geste. »Bitteschön, die Dame.«
    Â»Du bist verrückt, weißt du das?«
    Â»Die Balkontür war ein Klacks«, verkündet er ungefragt.
    Â»Wo fangen wir an?« Jule streift sich die Latexhandschuhe über.
    Fernando ist schon ins Wohnzimmer gegangen. Alles ist blitzsauber,
und dennoch riecht es muffig. Die Nachmittagssonne scheint durch die
gleichmäßig gefältelten Gardinen auf den Perserteppich mit den gekämmten
Fransen.
    Â»Ich würde sagen, hiermit«, Fernando deutet auf eine elektrische
Schreibmaschine, die auf einem kleinen Sekretär steht. »Ich wette, die Typen
entsprechen denen auf dem Umschlag, in dem die Zunge war.«
    Â»Wetten genügt nicht«, sagt Jule. Sie nimmt einen Bogen Papier von
dem Stapel neben der Maschine, spannt das Blatt ein und schreibt: Fernando Rodriguez ist ein leichtsinniger Kletteraffe. Dann
steckt sie das Blatt in die Jackentasche. Leider können sie das

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