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Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Titel: Der Tote vom Silbersee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schmid , Christine Schneider
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kleine Kampfameise dachte gar nicht daran zu gehorchen. Nach der langen Bahnfahrt wollte sie rennen. So flitzte sie nach rechts, schnuffelte hier, rannte nach links, nieste und tänzelte um ihr Frauchen. Mit fliegenden Ohren spurtete sie auf eine Parkbank zu. Ängstlich rief Lena erneut nach der Terriermischung. Diesmal zeigte es Wirkung. Ein paar Meter vor der Parkbank stoppte sie. Trixis Schwänzchen stand senkrecht in die Höhe. Ein Zeichen, dass sie mehr als aufgeregt war. Ein massiger Hund mit Maulkorb stand neben einem jungen Mann, dessen Kopf ein verunglückter, bunter Irokesenschnitt zierte. Er musste seine ganze Kraft aufbringen, um den Hund zu halten.
    Wie konnte sie nur so nachlässig sein und Trixi frei herumlaufen lassen? Sie kannte doch ihre kleine Hündin und wusste, dass diese größenwahnsinnig war und sich für unbesiegbar hielt. Der fremde Hund war ein Staffordshire Terrier; mit denen war nicht zu spaßen! Wenn diese Hunde nicht sozialisiert wurden, waren das richtige Kampfmaschinen, mit einer Beißkraft in den Kiefern, die Menschenknochen wie Zündholz splittern ließen. Lena nahm Trixi an die kurze Leine. Sie näherte sich der Bank und blieb in angemessenem Abstand stehen. Mit einem Blick erkannte sie, dass es dem jungen Mann nicht gut ging. Seine Augen blickten glasig, seine Gesichtsfarbe glich einem abgestorbenen Baum. Er lächelte schief. Keiner sagte ein Wort, selbst die Hunde waren still.
    Langsam machte Lena einen Schritt auf den Mann zu. Der große Hund war mit einer dicken Kette an der Bank festgemacht.
    »He«, sagte Lena vorsichtig.
    Der junge Mann zitterte, seine Lider waren schwer.
    Der steht unter Drogen, mutmaßte sie . Lena war durch ihre Arbeit mit problematischen Jugendlichen sensibilisiert.
    Schon seit zwanzig Jahren arbeitete sie in Luzern in diesem Bereich. Kein leichter Job, der ihr trotz vieler Ärgernisse aber immer wieder Freude machte. Deshalb ließ sie sich laufend fortbilden. Nürnberg veranstaltete viele Seminare auf diesem Gebiet. Sie hatte sich sofort wieder angemeldet, als sie gehört hatte, dass die Erziehungswissenschaftliche Fakultät Nürnberg eine Veranstaltung für ihre Profession ausgeschrieben hatte. Sie mochte die Stadt und die Franken – auch wenn sie ihr manchmal mehr als fremd waren. Lena brachte, nach so vielen Jahren im Erziehungsbereich, ein seltsam aussehender junger Mann auf einer Bank nicht mehr aus der Ruhe.
    Der junge Punk tat ihr leid. Er schlotterte und sprach wirres Zeug. Seine wenigen Haare standen wie Borsten einer Zahnbürste nach oben; der restliche Kopf war kahl rasiert. Eine Sicherheitsnadel stach aus seiner Nase hervor, mehrere Piercings durchlöcherten seine Lippen. Von seinen fleckigen Hosenbeinen war das eine schwarz, das andere rot.
    Lena stand eine ganze Weile vor dem jungen Mann, ohne noch etwas zu sagen.
    Mit einem Nicken verabschiedete sie sich.
    »Komm, Trixi, wir müssen weiter.«
    Als sie zurückblickte, sah sie, wie der Punk seinem Hund liebevoll den Kopf tätschelte.
    »Wollen wir uns ein bisschen um ihn kümmern? Was meinst du, Trixi?«
    Der Hund bellte begeistert. Es lag wahrscheinlich an dem Stöckchen, das Lena weit warf, und nicht an ihrer Äußerung.
    Angetrieben von ihrem pädagogischen Ehrgeiz bat sie Alois am nächsten Tag um eine Thermoskanne Tee, etwas Brot und Wurst und um eine Decke.
    Der Junge saß auf derselben Bank.
    »Hallo, ich heiße Lena, und du?«
    Mit all den Ringen und Nadeln in Nase und Lippen war es dem jungen Mann kaum möglich zu lächeln.
    »Hallo, ich heiße Lena, und du?«, wiederholte sie geduldig.
    Die Antwort glich einem Knurren. So blieb Lena respektvoll zwei Meter entfernt stehen.
    »Andy«, sagte der junge Mann schließlich und mit einem Kopfnicken deutete er zu dem Hund. »Lord.«
    Andy schlang die Kette, an der er den bulligen Hund mit dem ungewöhnlich breiten Kopf führte, um den Sockel der Parkbank.
    »Nun kann er deinen Jackenpinscher nicht verschlucken.« Andy grinste. Er war gut drauf. Er trug eine viel zu große Brille. Bei genauerem Hinsehen war sein Gesicht weich. Als Lena näher an ihn herantrat, roch sie Andys Ausdünstung.
    »Ich habe einen Tee mitgebracht. Möchtest du?«
    Andy nickte.
    »Süß«, sagte er und ein paar Sekunden später setzte er »bitte« hinterher.
    Das einzig Farbige an diesem Jungen war das Rot-Grün-Pink seiner Haare, die vor Gel strotzten. Seine Kleider waren heute schwarz. Selbst ein Tattoo, ein Wolf mit aufgerissenem Rachen, anseinem Hals glänzte

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