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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Scanned by Doc Gonzo
    Knaur®
    Blutbücher sind wir Leiber alle;
    wo man uns aufschlägt; lesbar rot.
    Keine Wonne kommt der des Grauens gleich. Laß, egal wo - im Zugabteil, im Wartezimmer, im Büro - zwei beieinandersitzen: Dem unsichtbaren Lauscher würde offenkundig, daß ihre Unterhaltung letztendlich nur um besagtes wohlig-schauderliche Thema kreist.
    Freilich, dem Anschein nach mag durchaus etwas völlig andres zur Debatte stehen: die Lage der Nation, beiläufiges Blabla über das Sterberisiko auf den Straßen, die steigenden Zahnarztkosten; aber zwischen den Zeilen, hinter verblümter Umschreibung und Andeutung kauert und macht sich breit, was den Diskurs speist und voran-treibt: das Grauen, der Inbegriff unserer Angst. Während wir über das Wesen Gottes und die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode weiter kein Wort verlieren, gehen wir bereitwillig und penibel noch die feinsten Nuancen phobischen Jammers durch. An bestimmte Örtlichkeiten ist das Syndrom nicht gebunden; ob im Hallenbad oder im Seminarsaal, überall wiederholt sich dieses Ritual. So wie die Zunge sich zwangsläufig, immer neu sondierend, zu einem kranken Zahn hintastet, kommen wir wieder und wieder und wieder auf unsere Ängste zurück, sitzen beisammen, um sie mit der gierigen Ungeduld eines Hungrigen vor einem vollen, dampfenden Teller zu bereden.
    Als Stephen Grace noch an der Universität war und Angst vorm Sprechen hatte, brachte man ihm bei, über den Grund seiner Angst zu reden. Genaugenommen: nicht einfach darüber zu reden, sondern jede Verästelung seiner Nerven unter die Lupe zu nehmen, aufzudröseln und dabei nach winzigsten Schreckensherden zu durchforschen.
    Bei dieser Untersuchung hatte er einen Lehrer: Quaid.
    Es war die Zeit der Gurus; sie hatten damals Hochkonjunktur. An allen Universitäten Englands verrenkten sich junge Männer und Frauen den Hals nach Leuten, denen sie wie Lämmer hinterhertrotten konnten; Steve Grace war nur einer von vielen. Sein Pech war, daß ausgerechnet Quaid zu seinem Messias werden sollte.
    Sie hatten sich im Aufenthaltsraum kennengelernt.
    »Heiße Quaid«, sagte der Mann direkt neben Steve an der Theke.
    »Ah.«
    »Und du?«
    »Steve Grace.«
    »Ja. Du bist im Ethik-Seminar, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Hab’ dich aber in sonst keiner philosophischen Übung oder Vorlesung zu Gesicht gekriegt.«
    »Ist mein Zusatzfach dies Jahr. Mein Hauptfach ist Englische Literatur. Aber ein Jahr nur Altnordisch-Kurse hätt’ ich einfach nicht gepackt.«
    »Und da hast du dich Knall und Fall für Ethik entschieden.«
    »Ja.«
    Quaid bestellte einen doppelten Brandy. Besonders gut betucht sah er nicht aus, und ein doppelter Brandy hätte Steves Finanzen für die nächste Woche so ziemlich lahmgelegt. Quaid kippte ihn schnell hinunter und bestellte noch einen.
    »Und für dich?«
    Steve nuckelte bedächtig an einem Viertel lauwarmen Lagerbier herum, fest entschlossen, es nicht vor einer Stunde alle werden zu lassen. »Mir nichts.«
    »Aber ja doch.«
    »Bin wunschlos glücklich.«
    »Noch ‘nen Brandy, und für meinen Freund ‘ne Halbe Lager.«
    Steve ließ Quaids Freigebigkeit über sich ergehen. Ein dreiviertel Liter Lager auf nüchternen Magen war überaus hilfreich, um den öden Stumpfsinn der bevorstehenden Seminarsitzungen über »Charles Dickens als Sozialkritiker« abzumildern. Steve mußte beim bloßen Drandenken gähnen. »Sollte mal jemand ‘ne Diss über Trinken als Sozialverhalten schreiben.«
    Quaid musterte einen Augenblick seinen Brandy und kippte ihn dann hinunter. »Oder als Mittel zum Vergessen.«
    Steve sah den Mann an. Vielleicht fünf Jahre älter als er, etwa fünfundzwanzig. Die Zusammenstellung seiner Kleidung hatte etwas Verwirrendes. Abgewetzte Sprinterschuhe, Kordhose, ein grauweißes Hemd, das bessere Tage gesehen hatte; und darüber eine ausgesprochen teure schwarze Lederjacke, die unvorteilhaft an seiner hochge-schossenen, hageren Gestalt herunterhing. Das längliche Gesicht ohne besondere Merkmale; milchig-blaue Augen, so ausgebleicht, daß ihre Farbe in dem sie umgebenden Weiß zu versickern schien, so daß hinter dicken Brillengläsern nur noch die Nadelstiche seiner Iris sichtbar blieben; aufgeworfene Lippen wie Mick Jagger, aber blutleer, trocken und unsinnlich. Schmutzig-blondes Haar.
    Kann ohne weiteres als holländischer Junkie durchgehen, dieser Quaid, fand Steve.
    Er trug keine Abzeichen, an denen sich sonst die fixen Ideen und manischen Vorlieben eines Studenten

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