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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Zucker
    Was ist Zucker? Ganz einfach: C 12 H 22 O 11 . Das ist die sogenannte Summenformel der Saccharose. Sie bedeutet … nein, stopp, machen wir zuerst ein kleines psychologisches Experiment: Legen Sie bitte einen Finger quer über die oben angegebene Formel. Und jetzt die Frage: Wie lauten die drei tiefer gestellten Zahlen? Nicht nachschauen!
    Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Sie wissen es oder Sie wissen es nicht. Wenn Sie es wissen, können Sie sich die folgende Einführung sparen – warten Sie bitte draußen, dauert nicht lange!
    Wenn Sie es nicht wissen – woran liegt das? Extrem schwaches Kurzzeitgedächtnis? Ist doch erst wenige Sekunden her, dass Sie diese Formel gelesen haben, oder? Ihr Kurzzeitgedächtnis ist ausreichend? Dann bleibt als Lösung nur: Sie haben dieses C-H-O-Zeugs nicht gelesen, und die tief gestellten Zahlen schon gleich gar nicht. Wozu auch? Keiner tut das und keine. Fast.
    Chemie in dieser Form ist eines jener Wissenselemente, die bei den meisten Menschen einem aktiven Vergessensprozess unterliegen, wenn sie jemals gezwungen waren, sie sich anzueignen. Diese Inhalte werden verdrängt wie traumatische Erlebnisse. Als ob ihr Im-Gedächtnis-Behalten einen seelischen Schaden auslösen könnte.
    Vielleicht tut es das sogar, kann ja sein. Merkwürdig ist nur, dass wir uns Telefonnummern und andere Ziffernkombinationen ohne Weiteres merken; aber drei zweistellige Zahlen, die eine tagtäglich verzehrte Substanz charakterisieren, müssen verdrängt werden? Wahrscheinlich schon. Schulstunden und Prüfungen kommen mit diesen Formeln herauf, an die man sich nicht erinnern will, an die Formeln wie an die Stunden. Verschwendete Lebenszeit. Dieses Schulerbe lastet auf der Chemie und allem Chemischen bis ins hohe Alter. Die negative Einstellung zu dieser Wissenschaft durchdringt alle Lebensbereiche, ohne sie hätten die Katastrophen Contergan, Bhopal und Seveso nicht die gesellschaftliche Tiefenwirkung gehabt, die sie hatten.
    Dabei ist die Formelhuberei unnötig. Die tief gestellten Zahlen sind ein Wissensdetail, etwa wie die Buchstaben-Zahlen-Kombinationen auf Autoreifen. Die obige Formel heißt nichts anderes, als dass die kleinste Einheit Zucker, das Molekül, aus zwölf Kohlenstoffatomen, zweiundzwanzig Wasserstoffatomen und elf Sauerstoffatomen besteht. Weiter nichts. Wie diese zwölf Kohlenstoffatome nun mit den anderen zusammenhängen, wird nicht gesagt. Wie bei einer Immobilienanzeige: »3 Schlafzimmer, Küche, Bad, Salon« – wer Näheres wissen will, muss sich einen Plan des Hauses anschauen. Der Plan heißt in der Chemie Strukturformel . Bezeichnenderweise war es auch ein Architekturstudent, der solche Pläne in die Chemie eingeführt hat, Friedrich August Kekulé. 1858 war das, bis dahin galten die inneren Verhältnisse der Moleküle als undurchschaubar, der Chemiker Kolbe verstieg sich sogar zu der Behauptung, wie die Atome im Molekül aneinander gebunden seien, werde dem Menschengeschlecht auf ewig verschlossen bleiben.
    Für die allermeisten Menschen stimmt das sogar.
    In Tat und Wahrheit verabscheuen die meisten Zeitgenossen Strukturformeln noch mehr als Summenformeln. Aber das rührt sicher alles nur von der Schulzeit her und dem grottigen Chemieunterricht dort … Das Betrachten einer chemischen Strukturformel ist wirklich ganz ungefährlich.
    Was sehen wir:

    Die Atomsymbole C, H, O, also Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, außerdem zwei Ringe, der linke mit sechs Ecken, der rechte mit fünf. In der Mitte sind sie über ein Sauerstoffatom zusammengebunden. Die Ecken der Ringe sind übrigens auch Kohlenstoffatome, nur der Übersichtlichkeit halber weggelassen. Ansonsten ist diese Formel recht eintönig: lauter H und OH, die nach oben und unten wegstehen. Wer merkt sich so was? Chemiker, die unmittelbar damit zu tun haben, sonst kein Mensch. Ist es wichtig, ob die OH-Gruppen und so weiter nach oben oder nach unten rausstehen?
    Schon. Dadurch unterscheiden sich die einzelnen Zuckerarten. Dazu ein informativer Kleinversuch: Halten Sie einen Taschenspiegel hochkant rechts neben die obige Formel. Wenn Sie den Spiegel jetzt ein bisschen schief halten, sollten Sie das Spiegelbild der Formel darin sehen (sagen Sie nicht, das geht nicht: Ich hab’s extra probiert!) Der Fünfer-Ring steht jetzt links, der Sechser-Ring rechts, klar, eben spiegelbildlich: Wenn Sie jetzt gedanklich versuchen, das rechte Bild irgendwie zu drehen, damit der Sechser-Ring wieder nach links kommt, dann werden

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